Erdbeben in der Türkei und in Syrien - Hinweise für Unternehmen

Die Auswirkungen der Erdbeben in der Türkei und in Syrien vom 6. Februar sind verheerend und das ganze Ausmaß noch nicht abzusehen. Die Überlebenden und Helfer arbeiten unter erschwerten Bedingungen und sind auf Hilfe angewiesen. Auch viele deutsche Unternehmen wollen helfen. Die wichtigsten Informationen haben wir hier für Sie zusammengestellt.

AHK Türkei Hilfsbrücke

Die Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) informiert auf ihrer Website umfassend über Spendenmöglichkeiten und hat dazu die Matching-Plattform „AHK Hilfsbrücke“ für Bedarfe und Angebote von Unternehmen eingerichtet. Die Plattform enthält neben Listen benötigter Güter auch die Kontakte relevanter Stellen und Ansprechpartner:

Koordination durch das türkische Generalkonsulat

Grundsätzlich sind Geldspenden bei humanitären Katastrophen am sinnvollsten, da die vor Ort tätigen Hilfsorganisationen am besten abschätzen können, was in welcher Menge benötigt wird. Informationen darüber, welche materielle Hilfe gebraucht wird und wie Unternehmen gezielt helfen können, erteilen das türkische Generalkonsulat und die türkische Botschaft in Berlin. Beide Institutionen bitten um schriftliche Anfragen an konsulat.berlin@mfa.gov.tr bzw. botschaft.berlin@mfa.gov.tr.
Unternehmen, die planen, Hilfstransporte in die vom Erdbeben betroffene Region in der Türkei zu organisieren oder durchzuführen, sollten hierbei folgende Hinweise berücksichtigen:

Hilfstransporte auf eigene Rechnung

Mit Unterstützung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik ein umfangreiches Informationspaket für Unternehmen ausgearbeitet, die planen, Hilfstransporte in die vom Erdbeben betroffene Region in der Türkei zu organisieren oder durchzuführen. Die nachfolgenden Informationen bauen in Teilen auf der  Meldung des deutschen Zolls vom 9. Februar 2023 auf, wurden jedoch an vielen Stellen um weitere praktische Tipps ergänzt.

Internationaler Straßengüterverkehr: CEMT-Genehmigungen

Unternehmen, die auf eigene Rechnung einen Hilfstransport in die Krisenregion organisieren wollen, müssen – auch wenn es sich um Hilfsgüter handelt – das CEMT-Genehmigungsverfahren beachten.
Das Kapitel zur Türkei aus dem Handbuch des internationalen Güterkraftverkehrs des DSLV finden Sie hier (PDF-Datei · 246 KB).
CEMT - Genehmigungen für Hilfstransporte in die Türkei sind nach § 2 Abs. 1 GüKKostV kostenfrei.

Anträge werden gestellt an:

Regierung der Oberpfalz  
Transportausgabestelle  
Sachgebiet 23.1  
93039 Regensburg 
Telefon: +49 94 156801325     
Telefax: +49 94 156801388   
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Regierung der Oberpfalz.

Versicherung

Es wird empfohlen, mit dem Versicherer oder Versicherungsmakler zu klären,  ob für die jeweilige Situation ein ausreichender Versicherungsschutz besteht. 

Zollrechtliche Formalitäten

Bei der Beförderung von Hilfsgütern in die Türkei sind sowohl für die Ausfuhr aus der EU als auch für die Einfuhr in die Türkei Zollformalitäten zu beachten:

Einfuhr von Hilfsgütern in die Türkei

Das türkische Zoll‐ und Handelsministerium hat am 7. Februar 2023 Hinweise zum Import von Hilfsgütern in die Türkei veröffentlicht. Güter des täglichen Bedarfs und andere Güter, die in die Türkei eingeführt werden, um kostenlos an die durch das Erdbeben geschädigten Personen verteilt zu werden, unterliegen keinen Zöllen und formalen Anmeldungen, wenn die Empfänger öffentliche gemeinnützige Einrichtungen und Organisationen sind. Hierunter fallen unter anderem:
  • AFAD
  • Ankara Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Şanlıurfa Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Kahramanmaraş Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Adıyaman Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Adana Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Hatay Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Diyarbakır Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
Den türkischen Zollstellen sind die Transportdokumente (falls vorhanden) vorzulegen sowie eine Warenaufstellung mit diesen Angaben:
INFORMATIONEN ZUM VERKEHRSMITTEL/BEFÖRDERUNG 
Landverkehr: Herkunftsland des LKW,  Nummernschild; 
Seeverkehr: Name des Schiffs und der  Reederei 
Luftverkehr: Flugnummer
INFORMATIONEN ÜBER EINGEHENDE LADUNG
Informationen zur Ware, Warenbezeichnung, Menge, Gewicht.

Einfuhr von Hilfsgütern nach Syrien

Auch bei Spenden in Notlagen wie zum Beispiel nichtkommerziellen Hilfslieferungen sind grundsätzlich die allgemein gültigen Zollvorschriften zu beachten.
Dabei sind auch die außenwirtschaftsrechtlichen Verbote und Beschränkungen zu berücksichtigen. Insbesondere wird auf die Beschränkungen für Lieferungen nach Syrien verwiesen: Länderembargo Syrien

Ausfuhr von Hilfsgütern aus der EU

Vor der Durchführung von Hilfslieferungen mit Unionswaren in Drittländer ist zu prüfen, ob es sich bei den Hilfsgütern um ausfuhrgenehmigungspflichtige oder genehmigungsfreie Waren handelt.

Genehmigungsfreie Waren

Sind die Waren nicht genehmigungspflichtig, gelten folgende Regelungen:

Sendungen mit Bestimmungsland Türkei

Nichtkommerzielle Hilfslieferungen und auch Sendungen von kommerziellen Gütern einschließlich solcher mit hoher humanitärer Priorität (beispielsweise zum Verkauf bestimmte Medikamente) bis 1.000 Euro bzw. bis 1.000 Kilo können grundsätzlich auch im einstufigen Ausfuhrverfahren direkt an der Ausgangszollstelle mündlich zur Ausfuhr angemeldet und gestellt werden.
Damit die mündliche Ausfuhranmeldung an den Ausgangszollstellen der EU-Grenzen möglichst reibungslos abgewickelt werden kann, ist eine Aufstellung der in der Hilfslieferungen enthaltenen Waren vorzulegen. Dabei ist zu beachten, dass Güter, die Verboten und Beschränkungen unterliegen, von der mündlichen Zollanmeldung ausgenommen sind.
Sachspenden und Hilfslieferungen, die als Nichtunionswaren durch die EU mit Ziel Türkei befördert werden, können im Zeitpunkt des Verbringens in die EU mündlich zur vorübergehenden Verwendung angemeldet werden. In diesem Fall ist nur die Unterlage für mündlich zur vorübergehenden Verwendung angemeldete Waren auszufüllen.
Die Waren sind im unveränderten Zustand in die Türkei wiederauszuführen. Hierfür ist auch eine mündliche Anmeldung zulässig.
Daneben kann die Beförderung grundsätzlich auch im Rahmen des gemeinsamen Versandverfahrens erfolgen. Hier ist die Erleichterung der mündlichen Zollanmeldung, so wie bei der Ausfuhr oder der vorübergehenden Verwendung, jedoch nicht vorgesehen. Auch ist bei der Inanspruchnahme des Versandverfahrens, mit wenigen Ausnahmen, die Leistung einer Sicherheit verpflichtend.

Sendungen mit Bestimmungsland Syrien

Bei unmittelbaren Ausfuhren aus Deutschland (z.B. im Luftverkehr) können nicht genehmigungspflichtige Hilfslieferungen bzw. Sachspenden unabhängig vom Wert mündlich bei der deutschen Ausgangszollstelle (z.B. Flughafenzollstelle im Luftverkehr) angemeldet werden. Eine elektronische Ausfuhranmeldung ist nicht erforderlich. Eine Ausnahme bilden Postsendungen, die von der Deutschen Post AG sowie von Express- und Kurierdiensten und Ähnliches nach Syrien befördert werden. Hier ist grundsätzlich das zweistufige Ausfuhrverfahren zu nutzen (siehe weiter unten unter “Genehmigungspflichtige Waren”).

Vereinfachung durch Sammelnummern

Zudem gilt: Hilfslieferungen umfassen in der Regel unterschiedlichste Warenarten, für die normalerweise die jeweiligen Zolltarifnummern in die Zollanmeldungen einzutragen sind.
Um diesen Prozess zu vereinfachen, können Unternehmen in der Zollanmeldung verschiedene Güter (etwa Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Medikamente) unter der gemeinsamen Zolltarif-Sammelnummer 9919 0000 als " für Organisationen der Wohlfahrtspflege bestimmte Waren und für Katastrophenopfer bestimmte Waren" zusammenfassen. Güter, die Verboten und Beschränkungen unterliegen, sind hiervon natürlich ausgenommen.

Genehmigungspflichtige Waren

Soweit die Waren oder Teile der Sendung genehmigungspflichtig sind, ist zwingend das zweistufige Ausfuhrverfahren in Deutschland zu nutzen.
Es bedarf daher stets einer elektronischen Ausfuhranmeldung und der Beteiligung einer im Binnenland gelegenen Ausfuhr- und einer an der EU-Außengrenze gelegenen Ausgangszollstelle.
Nach Überführung in das zollrechtliche Ausfuhrverfahren bei der örtlich zuständigen Ausfuhrzollstelle in Deutschland (erste Stufe) ist die Sendung an der Ausgangszollstelle erneut zu stellen und die Ausfuhrdokumente (z.B. das Ausfuhrbegleitdokument) bzw. die Registriernummer (MRN = Movement Reference Number) sind vorzulegen (zweite Stufe).
Bei Abgabe einer elektronischen Zollanmeldung ist grundsätzlich eine EORI-Nummer erforderlich. Diese dient der Registrierung und Identifizierung von Wirtschaftsbeteiligten. Eine EORI-Nummer ist bei genehmigungspflichtigen Ausfuhren stets erforderlich, sofern eine Ausfuhrgenehmigung beim BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) beantragt bzw. in Anspruch genommen wird. Bereits ab Antragstellung auf Erteilung einer EORI-Nummer ist die Abfertigung möglich.
Detaillierte Informationen für die Abgabe einer elektronischen Ausfuhranmeldung: ATLAS-Ausfuhr
Hilfestellung leisten die örtlich zuständigen Ausfuhrzollstellen, in deren Bezirk der Transport beginnt.
Sofern Unternehmen nicht selbst über die Möglichkeit verfügen, eine elektronische Anmeldung in ATLAS abzugeben, können sie damit zum Beispiel auch eine im Außenhandel tätige Person (z.B. Spediteur, Zolldeklarant) beauftragen. Diese kennen die Verfahrensregelungen zum zollrechtlichen Ausfuhrverfahren und die technischen Voraussetzungen für das Senden und Empfangen von Nachrichten im IT-System ATLAS-Ausfuhr.
Alternativ kann die Ausfuhranmeldung auch über die Internetanwendung IAA-Plus abgegeben werden. Mit IAA-Plus besteht in Deutschland die Möglichkeit, Ausfuhranmeldungen online im Internet auszufüllen und mit einem elektronischen Zertifikat abzugeben. Mit IAA-Plus müssen dieselben Datenelemente übermittelt werden wie mit der elektronischen Ausfuhranmeldung mittels zertifizierter Software.

Informationen der deutschen Zollverwaltung

Die deutsche Zollverwaltung hat umfangreiche Informationen zur Zollabfertigung von Hilfslieferungen und Sachspenden in die Türkei und nach Syrien auf ihrer Website zusammengestellt.
Weitere Hinweise zu humanitären Hilfslieferungen in die Türkei finden Sie zudem auf der Internetseite der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).