Autofrei und Spaß dabei

Mit dem E-Bike in eine klimafreundlichere Mobilität

Steigende Spritpreise, verstopfte Innenstädte und die immer stärker spürbaren Folgen des Klimawandels rücken das Thema Mobilitätswende zunehmend in den Fokus. Weil der größte Teil der Autofahrten auf Entfernungen unter zehn Kilometern entfällt, sind E-Bikes eine umweltfreundliche Alternative zum Pkw. Wegen des großen Potenzials hat Jürgen Fuchs bereits vor rund zehn Jahren in seinem Fahrradgeschäft in Groß-Gerau auf die batterieunterstützten Zweiräder umgesattelt. Doch das Thema Nachhaltigkeit spielt für Ihn nicht nur beim Angebot eine wichtige Rolle.
Autor: Stephan Köhnlein, 21. August 2023
Die Beziehung zum Fahrrad war bei Jürgen Fuchs keine unkomplizierte Liebe auf den ersten Blick: Vor gut 30 Jahren wollte er zusammen mit einem Freund eigentlich auf frisierten Mopeds nach London fahren. Doch am Tag vor der Abreise beschlagnahmte die Polizei bei einer Verkehrskontrolle die Mopeds. Weil die beiden jungen Männer trotzdem nicht auf die Reise verzichten wollten, stiegen sie auf Fahrräder um. „Wir waren unerfahren, leidenschaftlich und wollten das einfach probieren“, erinnert er sich. Sie kamen tatsächlich in London an. Doch auf dem Rückweg wurden ihnen in der französischen Hafenstadt Calais die Räder gestohlen. Sie mussten mit der Bahn zurückkehren.
Trotzdem hatte Jürgen Fuchs das Fahrrad gepackt. Zunächst kaufte der ausgebildete Schreiner gebrauchte Räder, möbelte diese auf und verkaufte sie mit Gewinn weiter. Auch seine Frau Andrea Groll, ursprünglich Krankenschwester, habe sich mit dem Fahrrad-Virus infiziert. Zunächst hatten sie zusammen einen kleinen Laden, dessen Angebot alles rund um das Fahrrad umfasste. 2005 zogen sie in ein größeres Ladengeschäft im Zentrum von Groß-Gerau. „Das war schon ein riskanter Schritt“, sagt er. „Wir hatten damals zwei kleine Kinder, aber wir haben es einfach gemacht “ Der unternehmerische Mut zahlte sich aus.

E-Bikes punkten mit Bequemlichkeit

Seit rund zehn Jahren verkauft er in seinem Geschäft mit angeschlossener Service-Werkstatt nur noch E-Bikes. Auch mit dieser Entscheidung lag er richtig: Im Jahr 2023 werden laut Jürgen Fuchs voraussichtlich erstmals mehr Elektroräder als klassische Fahrräder – auch „Bio-Bikes“ genannt – verkauft. Der Grund dafür, so glaubt er, hängt damit zusammen, dass das E-Bike die Menschen in ihrer Bequemlichkeit abholt. Während beim Bio-Bike das Fahren immer an die körperliche Kraft gebunden sei – erst recht, wenn man noch mit einem Anhänger oder bei Hitze unterwegs sei – könne man bei E-Fahrrädern solche Beschwerlichkeiten einfach wegschalten.
Unter Umweltgesichtspunkten wäre es noch etwas besser, mit Bio-Bikes zu fahren. Denn die Lithium-Ionen-Akkus der E-Bikes belasten das Klima bei Herstellung und Entsorgung mit 22 bis 30 Kilogramm CO2. „Das entspricht etwa dem Ausstoß von 100 Kilometern Fahrstrecke mit dem Auto. Damit sind die Treibhausgasemissionen des Akkus jedoch schon nach 100 Kilometern mit dem E-Bike beglichen“, wie Jürgen Fuchs mit Verweis auf Zahlen des Umweltbundesamts vorrechnet. 
Zum Auto sind die E-Bikes also in jedem Fall eine umweltfreundliche Alternative – gerade in Städten und für kürzere Entfernungen. Rund 70 Prozent aller zurückgelegten Wege liegen laut Jürgen Fuchs im Entfernungsbereich bis zu zehn Kilometern. Hier gibt es besonders viel Potenzial für die Elektroräder. „Wir werden sicher nicht 45 Millionen Verbrenner auf 45 Millionen E-Autos umstellen“, sagt der Fahrradhändler. „Wir brauchen einfach weniger Autos auf der Straße. Dann haben auch die wieder Platz, die auf das Auto absolut angewiesen sind.“

Geschäftsprozesse im Sinne der Nachhaltigkeit optimieren

Bei seinem Angebot setzt Jürgen Fuchs auf hohe Qualität und Reparierbarkeit. Billigware aus China gebe es bei ihm nicht. „Wir sind ein Premiumanbieter. Die Produkte bestehen auch im Alltag. Wenn die Leute auf den Geschmack kommen, fahren sie auch schon mal 2.000 Kilometer pro Jahr mit dem E-Bike.“. All das hat seinen Preis. Für ein Einstiegsmodell ist man bei ihm ab etwa 4.000 Euro dabei. Ein schnelles Rad, das Geschwindigkeiten von mehr als 40 Stundenkilometer erreicht, kostet um die 5.500 Euro. Diese Anschaffungskosten relativierten sich jedoch im Vergleich zu den laufenden Kosten eines Autos. Da liege man zwischen 350 Euro und 550 Euro monatlich – und das nicht für ein Luxusmodell.
Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt Jürgen Fuchs auch bei der Art, wie er seinen eigenen Laden führt. Dafür hat er sich auch vom Verbund Service und Fahrrad (VSF) zertifizieren lassen. „Wir versuchen, unter diesem Gesichtspunkt, alle Geschäftsprozesse zu optimieren“, sagt er. Das fängt bei der Energie an. Seit vielen Jahren beziehe der Laden nur grünen Strom. Die Schaufensterbeleuchtung habe er reduziert, weil das eigentliche Schaufenster ohnehin das Internet sei. Müll werde vermieden, wo es nur gehe. Aber auch der Umgang mit den Mitarbeitern sei wichtig, umfasse eine Pausenkultur, aber auch Boni wie eine zusätzliche Altersversorgung oder Dienst-E-Bikes. „Wenn wir eine Chance im Einzelhandel haben wollen, müssen wir unsere Mitarbeiter pflegen.“  

Engagement für die Verkehrswende in Groß-Gerau

Neben seiner Frau und ihm arbeiten noch zwei weitere Personen bei ihm. Eine fünfte Stelle würde Jürgen Fuchs gerne besetzen, denn Arbeit ist genug da. Gefragt seien Kommunikationsfähigkeit, Kundenorientierung, Neugierde und eine gewisse Fahrradbegeisterung. Quereinsteiger sind willkommen. „Mitarbeiter können sich bei uns auch entwickeln. Wer noch nicht in diese Branche verliebt ist, den können wir anstecken“, sagt er augenzwinkernd.
Und er geht mit gutem Beispiel voran: Seit mehr als einem Vierteljahrhundert besitzen er und seine Frau kein eigenes Auto mehr. Auf lokaler und kommunaler Ebene engagiert sich Jürgen Fuchs zudem für eine Verkehrswende – beispielsweise mit einer eigenen Website, die Tipps für den Umstieg aufs Cargo-Bike liefert, und mit der Unterstützung der Initiative „Forum Verkehrswende Groß-Gerau“.
Jürgen Fuchs betont, dass es ihm nicht darum gehe, Autos oder ihre Benutzer zu verdammen. In Einzelfällen – wenn es beispielsweise zum Besuch bei der Schwiegermutter geht, die rund 50 Kilometer entfernt lebt – greift die Familie gerne selbst auf ein Elektro-Mietauto zurück. „Doch wenn wir beim Verkehr grundsätzlich so weiter machen, werden wir gegen die Wand fahren“, zeigt er sich überzeugt. „Mit der Wahl seines Verkehrsmittels kann jeder einen Beitrag dazu leisten, dass wir eine Wende hinbekommen.“

Ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit

Das Engagement von Fahrrad Fuchs trägt insbesondere zur Erreichung der folgenden SDGs bei:
Zukunftsmut: Ideen für mehr Nachhaltigkeit
Von der Chancengleichheit am Arbeitsplatz über ressourcenschonende, umweltfreundliche Produktion, neue Geschäftsideen, die Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen präsentieren, bis hin zu Sponsoring von Sportvereinen, Kultureinrichtungen und mehr: Unternehmerische Verantwortung hat viele Facetten. In dieser Artikelserie stellen wir Ihnen Good-Practices in Sachen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit aus der Region Rhein-Main-Neckar und darüber hinaus vor, die beweisen, warum wir auch in Zeiten multipler Krisen mehr Optimismus wagen sollten.

Was macht verantwortungsvolle Teilhabe im Wirtschaftsleben aus?
Im Jahr 2020 haben rund 20 Unternehmerinnen und Unternehmer dazu ein neues Leitbild für verantwortungsbewusste, vertrauenswürdige Geschäftsleute erarbeitet. Dieses Leitbild stellen wir Unternehmen in deutscher und englischer Sprache kostenfrei zum Download bereit.

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Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit