BBiG: Änderungen für Auszubildende


Das neue Berufsbildungsgesetz (BBiG) wurde erst im Dezember 2019 erlassen, gilt seit dem 01. Januar 2020 und zeigt: Eine Ausbildung ist auf Augenhöhe mit einem Studium! Die Regierung in Berlin hat mit dem neuen Gesetz zahlreiche Rechte und Möglichkeiten für die Auszubildenden verändert oder neu eingeführt.  Die für die Auszubildenden wichtigsten Änderungen stellen wir auf dieser Seite vor.
Die FAQ finden Sie am Ende dieses Artikels oder hier.

Neue Abschlussbezeichnungen in der Fortbildung

Aus- und Fortbildung ist attraktiv! Ein Spezialist muss nicht an die Universität, er kann auch vom ersten Tag an im Betrieb arbeiten. Diese Aussagen werden mit den neuen Abschlussbezeichnungen für Weiterbildungen verdeutlicht.
Bachelor und Masterabschlüsse gibt es bereits für Studierende der Hochschulen und Universitäten. Nun kann ein Spezialist nach der Ausbildung mit einer Weiterbildung zum Meister, Fach- oder Betriebswirt die Abschlüsse „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ erlangen.
Künftig werden sowohl die alte als auch die neue Bezeichnung geführt. 
Hinweis: Damit die neuen Abschlussbezeichnungen zukünftig auf den Prüfungszeugnissen der IHK ausgegeben werden dürfen, muss der Verordnungsgeber (insbesondere Bundesministerien) zunächst die Fortbildungsordnungen anpassen.
Die Bundesländer arbeiten aktuell mit Hochdruck daran. Ob die neuen Bezeichnungen eventuell rückwirkend vergeben werden können, ist noch offen. Klar ist, dass für Abschlüsse vor 2020 die Bezeichnungen nicht nachträglich vergeben werden können.

Mindestausbildungs­vergütung

Seit dem Jahr 2020 gibt es eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung, die Auszubildende mindestens monatlich erhalten müssen. Die  meisten Mitgliedsunternehmen der Handelskammer Bremen zahlen allerdings höhere Ausbildungsvergütungen – sei es aufgrund unternehmerischer Entscheidungen oder aufgrund von Tarifverträgen. Die Höhe der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung jährlich angepasst und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Wichtig: Die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt (Ausbildungsbeginn vom 01.01. bis 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres).
Folgende Mindestausbildungsvergütungen gelten:
Ausbildungs­beginn
2021
2022
2023
2024
1. Ausbildungs­jahr
550 €
585 €
620 €
649 €
2. Ausbildungs­jahr
649 €
690,30 €
731,60 €
766 €
3. Ausbildungs­jahr
742,50 €
789,75 €
837 €
876 €
4. Ausbildungs­jahr
770 €
819 €
868 €
909 €
Wichtig: Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung. Tarifverträge haben Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung. Besteht keine Tarifgebundenheit, darf der Arbeitgeber den branchenüblichen Tarif um höchstens 20 Prozent unterschreiten, jedoch nicht unter die Mindestausbildungsvergütung.

Freistellung

Minderjährige und volljährige Auszubildende müssen jetzt für Prüfungen und für die Berufsschule freigestellt werden. Hierzu ist der Ausbildungsbetrieb verpflichtet.
Der Ausbildungsbetrieb muss seine Auszubildenden freistellen, für:
  • die Teilnahme an der Berufsschule;
  • einen Berufsschultag, an dem mehr als fünf Stunden unterrichtet wird und die Unterrichtsstunden mindestens jeweils 45 Minuten lang sind; bei mehreren Tagen in der Woche wird nur an einem Tag freigestellt;
  • eine Berufsschulwoche, in der an mindestens fünf Tagen unterrichtet wird und die Unterrichtszeit insgesamt mindestens 25 Stunden beträgt (Blockunterricht);
  • die Teilnahme an den Prüfungen und anderen verpflichtenden Ausbildungsmaßnahmen
  • einen Arbeitstag im Betrieb, der unmittelbar vor dem Tag der schriftlichen Abschlussprüfung liegt.
    • Wenn sich die Abschlussprüfung nach der Ausbildungsordnung in zwei zeitlich auseinander fallende Teile gliedert, können Auszubildende einen Anspruch auf insgesamt zwei freie Tage haben. Jeweils vor der schriftlichen Prüfung im ersten Teil der Abschlussprüfung und vor der schriftlichen Prüfung im zweiten Teil.
    • Voraussetzung ist jedoch, dass der jeweilige Prüfungsteil eine eigenständige schriftliche Prüfung enthält.
    • Wenn der jeweiligen schriftlichen Prüfung kein Arbeitstag unmittelbar vorangeht (z. B. bei Prüfungsbeginn an einem Montag, Feiertag oder Berufsschule), besteht kein Freistellungsanspruch.
In Wochen mit Blockschulunterricht darf der Arbeitgeber die Auszubildenden zusätzlich in den Betrieb holen. Das geht aber nur bei zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsveranstaltungen bis zu insgesamt zwei Stunden wöchentlich.

Anrechnungs­zeiten bei Freistellung

Die Freistellungszeiten werden nicht immer exakt auf die Ausbildungszeit angerechnet.
Angerechnet wird wie folgt:
  • bei der Teilnahme an der Berufsschule die Unterrichtszeit inkl. Pausen;
  • bei Berufsschultagen mit mehr als fünf Stunden zu je mindestens 45 Minuten, wenn freigestellt wird, die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit;
  • bei Blockunterrichtschulwochen die durchschnittliche wöchentliche Ausbildungszeit;
  • bei Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen die Zeit der Teilnahme inkl. Pausen;
  • bei Arbeitstagen unmittelbar vor dem Tag der Abschlussprüfung die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit.
Wegezeiten von der Berufsschule zum Betrieb oder andersrum werden nicht mehr angerechnet. 

Durchlässigkeit innerhalb der Ausbildung

Was passiert, wenn man am Ende durch die Abschlussprüfung fällt? Damit Auszubildende „etwas in der Hand haben“, ist die Anrechenbarkeit der Ausbildungsdauer auf eine neue Ausbildung bei „gestuften“ Ausbildungen vereinfacht worden.
Zur Verbesserung der Durchlässigkeit bei aufeinander aufbauenden Ausbildungsberufen kann eine Ausbildungsordnung künftig zusätzlich regeln, dass
  • Auszubildende bei erfolgreichem Abschluss eines zweijährigen Ausbildungsberufes vom ersten Teil der Abschlussprüfung oder einer Zwischenprüfung eines darauf aufbauenden drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes ohne Antrag befreit sind und
  • Auszubildende bei nicht bestandener Abschlussprüfung in einem drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf, der auf einem zweijährigen Ausbildungsberuf aufbaut, auf Antrag bei mindestens ausreichenden Leistungen im ersten Teil der Abschlussprüfung gleichzeitig den Abschluss des zweijährigen Ausbildungsberufes erwerben. Durch den Erwerb des zweijährigen Abschlusses geht die Option, weitere Wiederholungsversuche in der Abschlussprüfung des drei- bzw. dreieinhalbjährigen Berufes zu unternehmen, nicht verloren.
Beispiele:     
  • Fachlagerist/-in für Logistik → Lagerist/-in
  • Kaufmann/-frau im Einzelhandel → Verkäufer/-in

Teilzeit­berufs­ausbildung

Bisher war eine Teilzeitberufsausbildung auf Ausnahmefälle begrenzt. Diese Einschränkung entfällt. Voraussetzung ist, dass Ausbildende und Auszubildende sich einig sind. Einen Anspruch der Auszubildenden gibt es nicht. Die Vereinbarung über Teilzeitberufsausbildung muss vertraglich festgehalten werden. Die tägliche Ausbildungszeit kann bis zur Hälfte reduziert werden. Im Ausgleich kann die Ausbildungsdauer auf maximal das Eineinhalbfache verlängert werden. Die Ausbildungsvergütung kann im gleichen Verhältnis abgesenkt werden wie die Ausbildungszeit. Möglich ist auch, mehrere Zeiträume der Ausbildungszeit in Teilzeit zu leisten.
Die Modelle in der Abbildung zeigen, wie Teilzeit aussehen kann.

Quelle: DIHK, Flyer Teilzeitberufsausbildung Dezember 2019

Kostentragung der Ausbildungs­materialien

Soweit zur Ausbildung und Prüfung notwendig muss der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden Werkzeuge, Werkmaterialien und – das ist neu – Fachliteratur kostenlos zur Verfügung stellen. Damit sollen die Auszubildenden finanziell weiter entlastet werden.
Weitere Informationen zum novellierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) finden Sie beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dort sind auch die wichtigsten Fragen und Antworten zur Gesetzesnovelle zusammengefasst.

FAQ