Auftakt

Digitalisierung stagniert – trotz KI-Boom

In einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) bewerten die Betriebe bundesweit ihren eigenen Digitalisierungsgrad im Schnitt mit der Note 2,8 nur als „befriedigend“.
Die Unternehmen der IHK-Region Bodensee Oberschwaben geben sich selbst die Note 2,9, die Betriebe der IHK-Region Ulm die Note 2,8. „Die Unternehmen investieren in die Digitalisierung, aber die Rahmenbedingungen stimmen einfach nicht. Die Note ‚befriedigend‘ kann nicht unser Anspruch als Hightech- und Innovationsstandort sein“, so Sönke Voss, Hauptgeschäftsführer der IHK Bodensee-Oberschwaben. Und Petra Engstler-Karrasch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Ulm, erklärt: „Die Ergebnisse der Erhebung machen deutlich: Die Digitalisierung wird von den Betrieben bislang weniger als Innovationsmotor gesehen, sondern hilft ihnen vielmehr, die alltäglichen Herausforderungen zu meistern.“ Deshalb brauche es dringend einen Abbau von Überregulierung, schnellere Genehmigungsverfahren und einen flächendeckenden Ausbau von Glasfaser und Mobilfunk, um das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen, so die beiden IHK-Chefs

„Klein-klein an widersprüchlichen Regelungen“

Die Umfrage zeigt auch, dass die schleppende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung für Frust bei den Unternehmen sorgt. Gewerbeanmeldungen, Baugenehmigungen und Berichtspflichten sind oft noch immer mit hohem Aufwand verbunden und bremsen die Handlungsfähigkeit der Betriebe aus. Die Unternehmen gaben bei der Umfrage hier daher eine Durchschnittsnote von 4,5. Die IHKs fordern von der Politik einen umfassenden Plan zur Digitalisierung der Verwaltung. Dazu Voss: „Wir brauchen eine Architektur mit einheitlichen Standards, Schnittstellen und Basis-Komponenten wie Nutzerkonten oder Zahlungsoptionen. Es kann nicht sein, dass im achten Jahr nach Beschluss des Onlinezugangsgesetzes immer noch ein Klein-klein an widersprüchlichen Regelungen moderne Verwaltungsprozesse verhindert, während diese in vielen Staaten längst
Alltag sind.“

Innovation braucht Freiraum für Experimente

Die Umfrage belegt, dass sich KI in der Breite der Wirtschaft etabliert. Rund sieben von zehn Unternehmen nutzen bereits KI Anwendungen oder planen das. Die IHKs fordern eine innovationsfreundliche Regulierung, die den Unternehmen Freiraum für Experimente und Innovationen lässt: „Die wachsende Nutzung von KI zeigt, dass unsere Unternehmen bereit sind, neue Technologien zu integrieren und sich weiterzuentwickeln“, sagt Engstler-Karrasch. „Allerdings neigt vor allem die EU dazu, neue Technologien zu regulieren, bevor sich überhaupt Märkte und Geschäftsmodelle entwickeln können.“ Regulierung, faire Marktbedingungen und sichere KI seien wichtig, ist sie sich mit ihrem Kollegen Voss einig – sie müssten aber im Einklang mit Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft stehen.
WAB