Konjunkturausblick der IHK Region Stuttgart

Sonderauswertung der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr

Die IHK-Bezirkskammer Rems-Murr sieht positive Signale.
In der Herbstumfrage 2022 sahen die Erwartungen der heimischen Wirtschaft für die kommenden Monate deutlich pessimistisch aus. Diese düsteren Prognosen sind zum Jahreswechsel glücklicherweise nicht eingetreten. Die befürchtete Energieknappheit und eine Corona-Winterwelle sind ausgeblieben. Die Energiepreise haben sich in den letzten Wochen auf einem hohen Niveau stabilisiert, die Inflationsrate ist im Rückgang begriffen und die Pandemie scheint überwunden zu sein. 
Darüber hinaus können offensichtlich Industrie- und Dienstleistungsbetriebe die gestiegenen Kosten ein Stück weit an die Kunden weitergeben, ohne größere Umsatzeinbußen oder Auftragsrückgänge zu verzeichnen. Auf Dauer führen allerdings die derzeit hohen Energie- und Rohstoffkosten sowie der Fachkräftemangel zu einem immer größeren Wettbewerbsnachteil. Hier ist nun schnelles Handeln von Politik und Wirtschaft gefordert.
Die Erwartungen für die kommenden 12 Monate sind weiterhin von Skepsis geprägt. Die drei meistgenannten Gründe dafür sind die unsichere Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise, der Fachkräftemangel und eine nachlassende Inlandsnachfrage. Allerdings fällt die Prognose weitaus weniger dramatisch aus als noch im Herbst 2022. Der Abwärtstrend scheint vorerst gestoppt.
Grafik Lage und Erwartungen der Gesamtwirtschaft
Die aktuelle Geschäftslage wird von annähernd jedem zweiten Unternehmen (43,0 Prozent) als gut bewertet und liegt damit genau gleich wie im Frühjahr 2022. 11,4 Prozent berichten von einer schlechten Lage. Der Saldo verbesserte sich von 14 auf plus 31,7 Punkte. Nach dem Tief im Herbst haben sich die Aussichten auf die kommenden Monate zwar um einiges verbessert, dennoch rechnet ein Viertel der befragten Unternehmen mit schlechten Geschäften (25,4 Prozent). Nur 27 Prozent rechnen mit besseren Geschäften. Der Saldo stieg um plus 24,4 auf 1,6 Punkte.
Grafik Lage und Erwartungen der Industrie mit Bau
In der Industrie- und Baubranche melden 34,1 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage und 13,2 Prozent eine schlechte. Mit 52,8 Prozent spricht mehr als die Hälfte der Unternehmen von einer befriedigenden Geschäftslage. Während viele Auftragsbücher in der Industrie derzeit noch voll sind, beklagt die Bauwirtschaft bereits vielfach Stornierungen von Aufträgen. Dies hängt mit den immer noch sehr hohen Rohstoffpreisen, aber auch mit den mittlerweile hohen Kreditkosten zusammen. Für private und öffentliche Bauherren besteht kaum noch Planungssicherheit. Viele bereits geplante Bauvorhaben werden derzeit aus Kosten- oder Finanzierungsgründen zurückgestellt oder gar komplett storniert.
Pessimistisch sehen folglich die Geschäftserwartungen aus. Nachdem im Herbst vergangenen Jahres sogar mit einer Rezession gerechnet wurde, hat sich die Einschätzung für die kommenden 12 Monate im Saldo von minus 30,7 auf minus 1,1 um 29,6 Punkte verbessert. Damit liegt sie aber immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Nur 29,9 Prozent und damit nicht einmal ein Drittel der befragten Unternehmen erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage, während 70,1 Prozent von einer gleichbleibenden Situation oder von einer Verschlechterung der Lage ausgehen. Für diese Einschätzungen spielen die hohen Energie- und Rohstoffpreise eine überdurchschnittlich große Rolle.
Grafik Lage und Erwartungen im Handel
Die aktuelle wirtschaftliche Lage im Handel hat sich seit dem Herbst verbessert. 47,1 Prozent berichten von einer guten Geschäftslage, nur 5,9 Prozent sind mit der aktuellen Situation nicht zufrieden. Der Saldo stieg um 22 Punkte. Vor allem das Weihnachtsgeschäft hatte sich für den Handel besser entwickelt als im Herbst erwartet. Die finanzpolitischen Maßnahmen der EZB scheinen so langsam ihre Wirkung zu entfalten.
Nachdem in den letzten Wochen die Inflationsrate zu sinken begann, hat sich das Konsumverhalten positiv entwickelt. Eine deutliche Mehrheit von 70,6 Prozent erwartet deshalb eine gleichbleibende wirtschaftliche Lage in den nächsten Monaten. Im Vergleich zu anderen Branchen schätzen Händler ihre Geschäftserwartungen für die kommenden 12 Monate aber deutlich schlechter ein.
Grafik Lage und Erwartungen der Dienstleister
Mehr als die Hälfte der Dienstleistungsbetriebe (54,8 Prozent) sind mit ihrer aktuellen Lage zufrieden und erwartet zumindest auch in naher Zukunft gleichbleibende Verhältnisse. Die Erwartungen für die nächsten 12 Monate sind mit 16,8 Punkten wieder deutlich im Plus.
Anders sieht es im Hotel- und Gaststättengewerbe aus, dessen Antworten in der Übersicht mit enthalten sind. Hier drücken vor allem die hohen Energiepreise, Lohnkosten und der Fachkräftemangel auf die aktuelle Stimmung. Ihre Hoffnung setzen die Gastrobetriebe auf die warme Jahreszeit, wo hohe Energiekosten nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Exporterwartungen

Grafik Exporterwartungen nach Branchen
Der Export hat seit der Herbstumfrage wieder angezogen, allerdings bleiben die Erwartungen an das Auslandsgeschäft noch verhalten. Der Ukrainekrieg mit seinem ungewissen Ausgang und den unabsehbaren Folgen bleibt ein Risikofaktor im internationalen Handel. Vor allem die Aufhebung der Null-Covid Strategie Chinas und das wiedererstarkte, enge transatlantische Bündnis gebe Anlass zur Hoffnung in den Betrieben.
Die Exporterwartungen der Industrie spiegeln sich wie folgt wider:
Grafik Exporterwartungen nach Ländern
Die Exporterwartungen der Industrie für die kommenden zwölf Monate verbessern sich im Vergleich zur Herbstumfrage auf breiter Front. Dabei fallen insbesondere die stark verbesserten Aussichten für den Export in die Eurozone sowie in weitere Länder der EU auf.
Aber auch die Exportmärkte Nordamerika, Lateinamerika und Asien werden deutlich verbessert eingeschätzt. Detaillierte Information zur konjunkturellen Einschätzung der Außenwirtschaftsentwicklung für die Region Stuttgart sind im Außenwirtschaftsbarometer enthalten.

Inlandsinvestitionen

Grafik Geplante Investitionen nach Branchen
Die Unternehmen sind angesichts der Konjunkturschwankungen in den vergangenen drei Jahren eher zurückhaltend bei ihren Investitionsplanungen. Im Vergleich zum Jahresbeginn 2022 wird in diesem Jahr mit einem deutlich geringeren Investitionsvolumen geplant.
Am meisten fällt das im Dienstleistungssektor auf. Während zum Jahresbeginn 2022 45,7 Prozent der Dienstleistungsunternehmen eine Steigerung ihrer (Inlands-) Investitionen angeben haben, sind es zum Jahresbeginn 2023 nur noch 24 Prozent.  
Grafik Investitionsmotive
Die Motive zu investieren sind unterschiedlich. Während Industrie, Groß- und Einzelhandel in erster Linie in Ersatzbedarf investieren wollen, geben über 70 Prozent der Dienstleistungsunternehmen an, vorwiegend in die Digitalisierung investieren zu wollen. Mit Blick auf die Gesamtwirtschaft stehen geplante Investitionen in die Digitalisierung mit 62,7 Prozent auf Platz eins, dicht gefolgt von Ersatzinvestitionen mit 57,9 Prozent.
Erst an dritter Stelle stehen mit 42,9 Prozent Investitionen in den Umweltschutz und Energieeffizienz, die an Bedeutung aber ebenfalls nochmals zulegen. Dass viele Unternehmen der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung noch mit Unsicherheit gegenüberstehen macht der Blick auf die geplanten Investitionen in Kapazitätserweiterungen und Expansionen deutlich. Hier warten die Betriebe derzeit häufig die weitere geopolitische Entwicklung ab, der Wert bleibt zur Vorumfrage praktisch unverändert.

Risiken

Grafik Risiken in der Gesamtwirtschaft
Den größten Unsicherheitsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten stellen für die meisten Unternehmen (74,6 Prozent) nach wie vor die aktuellen Energie- und Rohstoffpreise dar. Dieser Wert ist im Vergleich zur letzten Umfrage im Herbst auch kaum gesunken. Das liegt vermutlich daran, dass der Großteil der Unternehmen noch nicht abschätzen kann, wie stark die beschlossenen Strom- und Gaspreisbremsen eine stabilisierende Wirkung entfalten werden.
Auf Rang zwei der größten Risikofaktoren rangiert erneut der Fachkräftemangel bei aktuell 68,1 Prozent der Betriebe. Der Bedarf an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist bei den Firmen seit der Herbstumfrage sogar nochmals gestiegen. Diese Entwicklung führt zunehmend zu Produktivitätseinbußen und Wettbewerbsnachteilen und damit zu einem Standortnachteil, dem man mit allen vorhandenen Kräften entgegenwirken muss.

Beschäftigungszahlen

Grafik Beschäftigungserwartungen nach Branchen
Nachdem branchenübergreifend überall Fachkräfte gesucht werden, ist nicht verwunderlich, dass die Beschäftigungslage weiterhin gut ist. Mit Blick auf die Gesamtwirtschaft planen 55,6 Prozent ihr Personal zu halten, 29,7 Prozent planen sogar mit einer Aufstockung der Belegschaft.
Einziger Ausreißer ist der Handel. Hier zeigt sich, dass die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate sehr verhalten ausfallen. Neben dem Fachkräftemangel hat vor allem der stationäre Einzelhandel, wie auch die Gastronomie, schwer mit der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro zu kämpfen. Die Aufstockung der Beschäftigtenzahlen ist für viele Betriebe derzeit wirtschaftlich nicht darstellbar.
Die Arbeitslosenquote im Januar 2023 lag im Rems-Murr-Kreis bei 3,8 Prozent und ist trotz des üblichen, saisonalen Anstieges zum Jahreswechsel als sehr zufriedenstellend zu bewerten.
Das aktuelle Stimmungsbild basiert auf der Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart, welche in der Zeit vom 2. bis 20. Januar 2023 stattgefunden hat. Aus dem Rems-Murr-Kreis wurden 232 Unternehmen befragt, von denen 114 Unternehmen Rückmeldung gegeben haben. Der Konjunkturbericht der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr erscheint dreimal jährlich und spiegelt die Einschätzung zur Wirtschaftslage zum Zeitpunkt des Abfragezeitraums.