Grüne Pioniere

In Zeiten schwankender Energiepreise ist es für viele Betriebe sinnvoll, auf eine eigene, nachhaltige Energieerzeugung umzusteigen, um sich selbst mit grünem Strom zu versorgen. Drei Unternehmen aus dem Norden zeigen, was möglich ist.
Thilo und Jasper Metzger-Petersen denken die Abläufe auf dem Backensholzer Hof in Oster-Ohrstedt ganzheitlich. Mais, Mist und Gülle werden als Biomasse in die Biogasanlage eingespeist, die daraus Strom und Wärme erzeugt. Die übriggebliebenen Gärreste werden als Dünger auf dem Feld ausgebracht, wo Futter- und Energiepflanzen für die Milchkühe und die Biogasanlage wachsen. Die Milch wird in der Backensholzer Käserei verarbeitet. Der Strom von Solar- und Biogasanlagen bringt warmes Wasser für die Herstellung des Käses und kühlt ihn während des Reife- und Lagerprozesses.
Thilo und Jasper Metzger- Petersen vor ihrer Biogasanlage.
Thilo und Jasper Metzger-Petersen vor ihrer Biogasanlage auf dem Backensholzer Hof. © IHK/Dewanger
„Die Biogasanlage ist unser energetisches Rückgrat. Wir sind dank ihr und den Solaranlagen komplett autark“, so Jasper Metzger-Petersen. Ein Drittel der produzierten Strommenge bleibt auf dem Bioland-Betrieb, der nicht nur Landwirtschaft und Käserei umfasst, sondern auch einen Hofladen, ein Bistro und einen hofeigenen Kindergarten.
Die Biogasanlage ist unser energetisches Rückgrat. Wir sind dank ihr und den Solaranlagen komplett autark.

Jasper Metzger-Petersen

Den Brüdern wurde das Umweltbewusstsein schon in die Wiege gelegt. Ihre Eltern stellten als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl schon im Jahr 1989 die Produktion nach Bioland-Richtlinien um. 2002 bauten sie bereits eine Biogasanlage – damals die zweite ihrer Art in ganz Nordfriesland.
Thilo und Jasper Metzger- Petersen professionalisierten den Backensholzer Hof seit ihrer Übernahme und bauten ihn weiter aus. So wuchs der Betrieb von 50 auf 110 Mitarbeitende und die Käserei konnte ihren Absatz in den letzten sechs Jahren verdoppeln. Zudem machten die beiden aus einem landwirtschaftlichen Betrieb ein mittelständisches Unternehmen mit entsprechenden Strukturen wie einer mittleren Management-Ebene, professionellen Kommunikationstools und einer New-Work-Arbeitsgruppe. Langjährigen Mitarbeitenden stellen sie sogar ein E-Auto und Ladestationen auf dem Hof zur Verfügung.
Die beiden Unternehmer sind immer in Bewegung, um ihr nachhaltiges Geschäftsmodell auszubauen. Als nächstes investieren sie in einen größeren Motor für ihre Biogasanlage. Denn diese wird ab nächstem Jahr nicht mehr dauerhaft laufen, sondern netzschonender zu bestimmten Zeiten am Tag, aber mit einer größeren Leistung – genau dann, wenn der Strom im Netz gebraucht wird. Zudem planen sie einen Batteriespeicher, um die Solarenergie auch nachts für den Bauernhof verfügbar zu machen. Ihren Verbrauch kennen die Brüder genau: Sie überwachen Energieverbrauch und -produktion von jeder Technik auf dem Hof, um ihren Bedarf zukünftig optimal steuern zu können.
Auch die F. A. Kruse jun. Internationale Spedition e. K. in Brunsbüttel setzt auf grünen Strom aus einer eigenen Photovoltaikanlage. Mit diesem deckt sie 35 bis 40 Prozent des eigenen Strombedarfs und betankt fünf E-Lkws. Diese fahren viermal täglich die Kurzstrecke von Brunsbüttel nach Hamburg oder Norderstedt – fünf Tage die Woche. „Nur so ist es wirtschaftlich“, sagt Projektleiter Bernd Heesch, der von einem hohen Preisdruck in der Speditionsbranche spricht. Die Lkws funktionieren seit ihrem Start im Jahr 2024 technisch einwandfrei. Auch die Fahrer schwärmen von der leisen Geräuschkulisse und dem Komfort.
Der Weg bis zur eigenen PV-Anlage, Ladeinfrastruktur und den E-Lkws forderte einen langen Atem, Geduld und Durchhaltevermögen.

Bernd Heesch

„Der Weg bis dahin forderte allerdings einen langen Atem, Geduld und Durchhaltevermögen“, so das Fazit von Heesch. 2022 entschied die Spedition, beim Bundesamt für Logistik und Mobilität eine Förderung für drei E-Lkws und die entsprechende Ladeinfrastruktur zu beantragen. Der lange Genehmigungsprozess stellte sich als Herausforderung dar, weil die geforderten Fristen für die E-Lkws und die Ladeinfrastruktur nicht zusammenpassten. Die Lkws sollten innerhalb von einem Jahr beschafft werden, für die Ladeinfrastruktur war zwei Jahre Zeit. Währenddessen hätten die Lkws an öffentlichen Ladestationen geladen werden müssen. Diese seien aber für Lastkraftwagen nicht ausgelegt, so Heesch. Nach langem Hin und Her konnte die Spedition bei der Behörde eine einheitliche Frist von zwei Jahren erwirken.
Zusätzlich waren hohe Investitionskosten für die Infrastruktur rund um die Solaranlage zu stemmen, für die ein eigenes Mittelspannungsnetz und zwei Transformatoren errichtet werden mussten. Zurzeit kämpft der Betrieb damit, dass er den überschüssigen Strom an vielen Tagen nicht einspeisen kann, weil die Preise an der Strombörse negativ sind. „Dann erhalten wir statt neun Cent pro Kilowattstunde nur noch zwei Cent, das ist nicht wirtschaftlich“, sagt der Projektleiter, der sich nicht auf seinem Erfolg ausruht. Die Spedition plant bereits ein Lastmanagementsystem, um die Lkws je nach verfügbarer eigener Energie optimal zu laden, und sie prüft, ob ein Batteriespeicher sinnvoll ist, um mehr eigenen Strom nutzen zu können.
Neben Solar- und Biogasanlagen bietet ein Betrieb in Nordfriesland noch eine weitere Möglichkeit, grünen Strom für den Eigenbedarf zu produzieren: Die Wind Technik Nord GmbH in Enge-Sande errichtet einzelne Windkraftanlagen für den Eigenverbrauch in der Größenordnung von 250 Kilowatt und 30 oder 35 Meter Nabenhöhe – in dieser Größenordnung sind sie der einzige deutsche Hersteller. „So eine Anlage lohnt sich für Betriebe, die mindestens 50 Prozent des Stroms selbst brauchen. Den Rest können sie einspeisen“, erklärt Geschäftsführer Tobias Wippich.
Die Kunden von Wind Technik Nord reichen von verarbeitenden Betrieben, Industrieunternehmen über kommunale Betriebe wie Kläranlagen bis hin zu Gärtnereien. Ein Vorteil: Im Gegensatz zu Windparks, deren Genehmigung sich oft fünf bis sieben Jahre hinzieht, benötigt die kleinere Anlage nur eine klassische Baugenehmigung, die innerhalb von einem Jahr abgeschlossen sein kann. „Natürlich müssen auch wir Beeinträchtigungen durch die Windkraftanlage wie Schall und Schattenwurf prüfen“, so Dirk Ingwersen, der für Einkauf und Logistik zuständig ist.
Unsere Anlage können wir kostengünstig in einem Container verschicken. Wir benötigen keine Schwerlasttransporte oder riesigen Kräne.

Dirk Ingwersen

Eine weitere Besonderheit ist der einfache Transport und Aufbau der Anlage. Die Wind Technik Nord hat schon Anlagen in die Türkei, nach Südkorea oder England geliefert. „Unsere Anlage können wir kostengünstig in einem Container verschicken. Wir benötigen keine Schwerlasttransporte oder riesigen Kräne“, so Ingwersen. Deshalb seien ihre Windkraftanlagen auch besonders für entlegene Gebiete und Inseln interessant. Um die 750.000 Euro kostet eine komplette Anlage. „Eine Investition, die man für die nächsten zwanzig Jahre kalkulieren muss“, so Wippich.
„Unsere Windkraftanlagen sind ein Nischenprodukt, die es möglich machen, den Strom an Ort und Stelle der Erzeugung über den eigenen Stromanschluss zu nutzen. So werden letztendlich auch die Stromnetze entlastet.“