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Kündigung

Berufsausbildungsverhältnisse sind hinsichtlich ihrer Kündigung nur bedingt mit Arbeitsverhältnissen zu vergleichen. Aufgrund der besonderen Zielrichtung und der Zweckbestimmung des Berufsausbildungsverhältnisses ist eine Kündigung des Auszubildenden nur eingeschränkt möglich. Dementsprechend kann die Kündigung eines Ausbildungsvertrages grundsätzlich nur in der Probezeit und nach deren Ende aus wichtigem Grund gekündigt werden. Bei beiden Kündigungen muss bei Vorhandensein eines Betriebsrates/Personalrates dieser gemäß § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bzw. § 79 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) angehört werden.
Probezeitkündigung
In der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist gemäß § 22 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) gekündigt werden, da die Parteien die Möglichkeit haben müssen, zu prüfen, ob sich die geplanten Ausbildungsziele verwirklichen lassen und eine Eignung für den Beruf vorliegt.
Bei der Probezeitkündigung handelt es sich - auch wenn die Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht notwendig ist - um eine ordentliche Kündigung. Eine solche ist nach § 22 Abs. 3 BBiG nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt. Der Angabe eines Kündigungsgrundes bedarf es bei der Kündigung während der Probezeit jedoch nicht.
Kündigung nach Ablauf der Probezeit
Nach dem Ablauf der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis - abgesehen von der dem Auszubildenden zur Verfügung stehenden Berufsaufgabekündigung und besonderen Fallkonstellationen, wie z. B. Insolvenz - durch beide Parteien nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Wichtiger Grund
Ein wichtiger Grund i.S.d. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ist in Anlehnung an arbeitsrechtliche Grundsätze immer dann gegeben, wenn Gründe vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles unzumutbar machen, das Ausbildungsverhältnis fortzusetzen.
Grundsätzlich ist dies dann der Fall, wenn das Ausbildungsziel erheblich gefährdet ist.
Bei einer Kündigung durch den Ausbildenden ist jedoch zu beachten, dass die charakterliche Entwicklung des Auszubildenden noch nicht abgeschlossen ist, vielmehr der Ausbilder auch die Aufgabe hat, erzieherisch einzugreifen.
Nicht zuletzt die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordert es demnach, dass vor der Kündigung eine Ermahnung bzw. Abmahnung ausgesprochen wird, die den Auszubildenden an seine Vertragspflichten erinnert.
Mit fortschreitender Ausbildungszeit ist eine wirksame Kündigung an immer höhere Anforderungen geknüpft, da die Zielstellung - nämlich das Erreichen eines Berufsabschlusses - unmittelbar bevorsteht.
Demnach ist eine Kündigung im letzten Ausbildungsabschnitt nur noch bei besonders groben Pflichtverstößen zulässig.
Wichtige Kündigungsgründe (nach erfolgter Abmahnung) können z. B. sein:
  • mehrmaliges unentschuldigtes Fehlen
  • mehrmaliges Fernbleiben vom Berufsschulunterricht
  • wiederholte beharrliche Arbeitsverweigerung, wenn dadurch die Ausbildung nicht mehr möglich ist
  • wiederholte Störung des Betriebsfriedens
  • mehrmaliges Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Genehmigung
  • nicht genehmigte Nebentätigkeiten
  • eigenmächtiger Urlaubsantritt
Ohne Abmahnung kann eine Kündigung z. B. erfolgen bei:
  • endgültiger Störung des Vertrauensbereiches (z. B. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug)
  • besonders schwerem Fehlverhalten
  • groben Ehrverletzungen (z. B. Beleidigung) oder tätlichem Angriff
Form/Frist
Die Kündigung muss gemäß § 22 Abs. 3 BBiG schriftlich unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. Voraussetzung für eine Kündigung ist nach § 22 Abs. 4 BBiG weiterhin, dass die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des wichtigen Grundes zugegangen ist. Wird diese Frist versäumt, ist die Kündigung unwirksam!
Adressat
Adressat der Kündigung durch den Ausbildenden ist grundsätzlich der Auszubildende. Zu beachten ist jedoch, dass eine Kündigung gegenüber einem Minderjährigen (Azubi unter 18 Jahren) den Erziehungsberechtigten zugehen muss. Auch hier hat eine schriftliche Begründung der Kündigung zu erfolgen.
Zugang
Als empfangsbedürftige Willenserklärung wird jede Kündigung erst mit Zugang beim Empfänger wirksam. Da die Kündigung schriftlich erklärt werden muss, kann die Kündigung dem Empfänger oder seinem Vertreter entweder persönlich übergeben oder auf dem Postweg versendet werden. Der Erklärende trägt stets das Risiko des Zugangs der Kündigungserklärung und dabei das Beweisrisiko. Bei persönlicher Übergabe der Kündigungserklärung sollte der Empfang der Kündigung deshalb quittiert werden. Die Kündigung auf dem Postweg ist mittels eines eingeschriebenen Briefes bzw. Einwurfeinschreiben möglich. Der Zugangsnachweis wird jedoch dann am sichersten geführt, wenn die Zustellung durch einen Boten erfolgt.
Voraussetzung für eine wirksame Kündigung ist:
  • eine präzise, detaillierte und umfassende Darstellung der vertraglichen Pflichtverletzung (wann, wo, was), d. h. pauschale Behauptungen wie z. B. "mangelndes Benehmen" genügen nicht - das Fehlverhalten muss eindeutig bestimmt sein
  • der Kündigungsgrund muss mit dem Grund der Abmahnung übereinstimmen/gleichartig sein (z. B. mehrmaliges Fehlen in der Berufsschule)
  • Unterschrift des Kündigenden (Vertretung/Vollmachten beachten)
  • bei Vorliegen einer Interessenvertretung: Anhörung des Betriebs- bzw. Personalrats vor Ausspruch der Kündigung, § 102 BetrVG bzw. § 85 PersVG (Anhörungsfrist für ordentliche (Probezeit) bzw. außerordentliche Kündigung beachten)
Besonderer Kündigungsschutz
Auch im Ausbildungsverhältnis hat der Ausbildende wie im Arbeitsrecht folgende besondere Kündigungsschutzvorschriften zu beachten:
  • die Kündigung gegenüber einer schwangeren Auszubildenden (ohne Zustimmung der zuständigen Behörde) ist gemäß § 9 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) unwirksam (dies gilt auch für die Probezeit)
  • für die Kündigung eines schwerstbehinderten Auszubildenden ist die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle einzuholen, § 85 des 10. Sozialgesetzbuches (SGB X)
  • unterliegt der Auszubildende der Wehrpflicht, kann ihm von der Zustellung des Einberufungsbefehles bis zur Beendigung des Grundwehrdienstes nicht wirksam gekündigt werden
  • Kündigungsschutzbeschränkung für Auszubildende in der Jugend- bzw. Auszubildendenvertretung (§ 15 KSchG)