Christian Wulff, CDU
Die duale Ausbildung mit der Praxis im Betrieb und der Theorie in den berufsbildenden Schulen ist in Niedersachsen und ganz Deutschland im Berufsbildungsgesetz und für die Ausbildung in einem Handwerksberuf in der Handwerksordnung eindeutig geregelt. Es gibt keinen Grund von dieser weltweit anerkannten und bewährten Form der Berufsausbildung abzuweichen. Alles, was wir seitens des Landes tun, hat deshalb zum Ziel, das duale System zu unterstützen, nicht aber es in irgendeiner Form zu ersetzen. Die betriebliche Ausbildung hat stets Vorrang vor einer vollzeitschulischen Ausbildung.
2. Wie sollte sich das Land auf den Anstieg der Studienanfängerzahlen in den nächsten Jahren vorbereiten?
Die Leistungsfähigkeit der Forschung und die hohe Qualifikation der Beschäftigten werden mit dem Hochschulpakt 2020 nachhaltig gestärkt. Gerade Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sind entscheidend für die Innovationsfähigkeit unseres Landes und für die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit von großer Bedeutung. Niedersachsen wird hier einen deutlichen Schwerpunkt der Wissenschaftspolitik setzen. 60 Prozent der 11.200 Studienanfängerplätze, die durch den Hochschulpakt in Niedersachsen neu geschaffen werden, sind den eben genannten Fächern zuzuordnen.
3. Welche Verkehrsinfrastrukturprojekte halten Sie in Niedersachsen für vordringlich?
Bereits anlässlich unseres Gespräches Mitte November hatten wir uns zu den wichtigsten und vorrangigen niedersächsischen Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen verständigt. Ausdrücklich möchte ich hier noch einmal folgende Projekte nennen: A 22 Küstenautobahn, A 39 Nordverlängerung von Wolfsburg nach Lüneburg, A 1 Ausbau zwischen Hamburg und Bremen, Lückenschluss A 33, Hinterlandanbindung der norddeutschen Häfen, 3. Gleis Stelle-Lüneburg, Y-Trasse, ICE-Eisenbahntrasse Braunschweig-Hildesheim, Bau Mega-Hub-Anlage Lehrte, Dortmund-Ems-Kanal, Elbe-Seiten-Kanal, Ausbau der Stichkanäle zum Mittellandkanal
4. Wo sehen Sie für das Land Möglichkeiten, weiter Bürokratie abzubauen?
Bürokratieabbau ist eine Daueraufgabe, die die Landesregierung seit 2003 kontinuierlich betreibt. Diese soll selbstverständlich fortgeführt werden. Dazu gehören beispielsweise die konsequente rechtstechnische „Pflege” des seit 2003 nahezu halbierten Normenbestands ebenso wie die verstärkte Qualitätssicherung der Verwaltungsvorschriften. Die eingeführten Instrumente der Befristung von Vorschriften sowie des automatischen Außerkrafttretens haben sich bewährt und werden ebenfalls fortgeführt. Den Weg der Stärkung kommunaler Handlungsspielräume mit dem Modellkommunen-Gesetz werden wir fortsetzen.
5. Wie sollte die Effizienz der niedersächsischen Außenwirtschaftsförderung gesteigert werden?
Die Außenwirtschaftsförderung der Niedersächsischen Landesregierung hat in den letzten Jahren ohne Frage zu den Exportsteigerungen der niedersächsischen Betriebe beigetragen. Jüngste Umfragen haben jedoch gezeigt, dass vorhandene Potenziale immer noch brach liegen. Wir werden deshalb verstärkt Unternehmen ansprechen, die mit ihren hochwertigen Produkten bisher noch nicht auf Auslandsmärkten aktiv gewesen sind. Wir beabsichtigen in enger Abstimmung mit den IHKn die Exportförderung und das Ansiedlungsgeschäft zusammenzufassen und das Standortmarketing für Niedersachsen zu stärken.
6. Welchen Beitrag kann das Land leisten, die Belastung der Unternehmen mit Steuern und Abgaben zu begrenzen?
Das sind vorwiegend bundesgesetzliche Materien, das Land wirkt im Bundesrat mit. Ab 2008 werden die Entlastungswirkungen der Unternehmensteuerreform zu greifen beginnen. Die geplante erbschaftssteuerliche Privilegierung der Unternehmensnachfolge wird eine sektorale Entlastung des Mittelstandes bewirken. Der Steuerbonus auf Handwerksleistungen hat sich bewährt und die Beschäftigungssituation im Handwerk gestärkt. Angesichts der Schuldenlast der öffentlichen Haushalte hat im Übrigen unser Sanierungskurs Vorrang vor großflächigen Steuersenkungen.
7. Welche Einsparpotenziale und Privatisierungsmöglichkeiten sehen Sie, um den Landeshaushalt weiter zu entlasten?
Haushalte werden auf der Ausgabeseite konsolidiert! Dies trifft alle Bereiche. Wichtig sind strukturelle Einsparungen. Insbesondere die Senkung der Einkommen bei Beamten, Arbeitern und Angestellten des Landesdienstes trägt neben einem fortgesetzten Stellenabbau zur Konsolidierung bei. Im Ergebnis haben wir in den letzten 4 abgeschlossenen Haushaltsjahren die Ausgaben vermindert oder nicht erhöht. Die Kreditfinanzierungsquote betrug 2002 noch 13,3 %, 2008 werden wir diese auf 2,3 % gesenkt haben. Besser waren wir letztmals 1973. Ab 2010 wollen wir ohne neue Schulden auskommen.
8. Was sollte das Land tun, um eine ausreichende Versorgung der Unternehmen mit Fachkräften sicherzustellen?
Um die Versorgung mit Fachkräften sicherzustellen müssen Offenheit und Durchlässigkeit der verschiedenen Zweige unseres Bildungssystems gesteigert werden. Die Öffnung der Hochschulen für Berufsqualifizierte unter Wahrung des Hochschulniveaus ist mit Nachdruck zu unterstützen. Die „Offene Hochschule” dient dem Anliegen der Wirtschaft, anspruchsvolle Arbeitsplätze mit qualifiziertem Personal besetzen zu können. Dazu zählen zielgruppenspezifische Studienangebote, die Erleichterung von Übergängen zwischen beruflicher und Hochschulbildung sowie die Anrechnung von Kompetenzen.
9. Wie kann das Land sicherstellen, dass kleine und mittlere Unternehmen stärker von der Innovationsförderung profitieren?
Der Mittelstand ist Struktur bestimmend in Niedersachsen. Daher ist Innovationsförderung in Niedersachsen auch immer Mittelstandspolitik. Das Land unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gezielt bei der Umsetzung neuer Ideen, Technologien und innovativer Produkte. Die Beratungsleistungen des Innovationszentrums sind speziell auf KMU zugeschnitten. Darüber hinaus fördern wir innovative Entwicklungen durch Landesinitiativen; deren Geschäftsstellen gehen aktiv auf KMU zu, um diese für Projekte zu gewinnen. Auch das Innovationsnetzwerk leistet gezielte Unterstützung für KMU.
10. Wie sehen Sie die künftige Energieversorgung in Niedersachsen gesichert?
Niedersachsen wird sich in den nächsten Jahren immer stärker zur Energiedrehscheibe des Nordens entwickeln. Schon heute stehen hier Windkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 6000 MW. Hinzu kommen in den nächsten Jahren etwa 3000 MW im Offshorebereich. Auch bei der Energie aus Biomasse ist Niedersachsen Spitze. Zusätzlich werden in Niedersachsen aufgrund des hervorragenden Zugangs zu den Weltmeeren neue fossile Kraftwerke gebaut. Wegen des Emissionshandels ist das kein Klimaschutzproblem. Damit das alles möglich wird, müssen die Hochspannungsnetze ausgebaut werden.