Handelsmonitor Osnabrück: Hohe Zentralität, aber Umsatzrückgänge und fehlende Dynamik - benachbarte Oberzentren holen auf

Der inzwischen 7. Handelsmonitor (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 2985 KB) Osnabrück zeigt, dass für die Stadt aktuell erstmalig seit 2014 ein Umsatzrückgang von vier Prozent (66 Millionen Euro) prognostiziert ist. Insgesamt beläuft sich die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Osnabrück auf 1,1 Milliarden Euro. Der Umsatz im stationären Einzelhandel beträgt rund 1,4 Milliarden Euro, von denen mehr als ein Drittel im Postleitzahlgebiet 49074 (erweiterte Innenstadt) erzielt wird. Die Handelszentralität, also das Verhältnis aus Einzelhandelsumsatz zur vor Ort vorhandenen einzelhandelsrelevanten Kaufkraft, liegt damit – wie im Vorjahr –bei 143. Im Vergleich zu Wettbewerbsstädten weist Osnabrück allerdings insgesamt weniger Dynamik auf. Die Umsatzzuwächse des Einzelhandels in benachbarten Oberzentren sind größer.
In den Haupteinkaufslagen verfügt der Handel weiterhin über sehr hohe Flächenanteile. Für das Shopping-Erlebnis sind allerdings auch gastronomische Angebote und innenstadtrelevante Dienstleistungen wichtig. Darum sollten Gewerbetreibende, Immobilienbesitzer und die weiteren Innenstadtakteure auf eine gute Durchmischung achten, um so Multifunktionalität und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt weiter zu verbessern.
Ira Klusmann, Vorsitzende des Osnabrücker Citymarketing e.V., beschwor in ihrer Begrüßung am Beispiel des VfL Osnabrück den Gemeinschaftssinn, der auch für den Handel und die anderen Akteure in der Innenstadt gelten müsse. Sie forderte den Mut, Ideen zu entwickeln, auch wenn diese von anderen zunächst belächelt würden. Sie bat die Händler, sich zu engagieren, mitzumachen und neue Wege zu beschreiten.
Die aktuellen Handelskennzahlen bewertete Anke Schweda, IHK-Geschäftsbereichsleiterin für die Bereiche Standortentwicklung, Innovation und Umwelt mit Sorge: „Osnabrück ist weiterhin ein attraktiver Handelsstandort. Der erstmalig prognostizierte Umsatzrückgang von 66 Millionen Euro ist aber ein Alarmzeichen. Im Vergleich entwickeln sich die Umsätze in den benachbarten Oberzentren Münster, Bielefeld und Oldenburg besser. Stadt, Handel, Gastronomie und innenstadtrelevante Dienstleister in Osnabrück sind gefordert, auf diese Entwicklung zu reagieren. Dazu gehört auch, die Erreichbarkeit der Innenstadt zu gewährleisten.“ So stelle die gute Erreichbarkeit für den Standort Innenstadt nach wie vor ein wesentliches Attraktivitätskriterium dar. Als stark von der Kaufkraft des Umlandes abhängiger Standort bleibe für Osnabrück der Pkw auch auf längere Sicht noch das maßgebliche Transportmittel.
Quartiersentwicklung
Mit einem Anteil von 43 % stellt der Handel die wichtigste Nutzungsform innerstädtischer und innenstadtnaher Quartiere dar. Etwa jede sechste Immobilie in diesem Bereich wird gastronomisch genutzt. Die Leerstandsquote liegt bei acht Prozent. Erfreulich ist beispielsweise die Entwicklung in verschiedenen kleineren Quartieren wie der Redlingerstraße. Diese verfügen über eine gute Mischung von Handel, Gastronomie und Dienstleistungen und haben dank einer niedrigen Filialisierungsquote einen individuellen Charakter. In der Großen Straße spielen hingegen Gastronomie und Dienstleistungen nur eine untergeordnete Rolle. Der Filialisierungsgrad hier ist besonders hoch. Dies ist unter anderem im hohen Mietpreisniveau dieser 1a-Lage begründet.
Stabilisierung der Passantenfrequenzen
Nach dem Rückgang der Passantenfrequenzen im Jahr 2017 haben sich die Zahlen in 2018 auf dem Niveau des Vorjahres behauptet. Unter Berücksichtigung der baustellenbelasteten Johannisstraße ist allerdings ein Rückgang zu verzeichnen. Die Messpunkte Krahnstraße und Nikolaiort/Herrenteichstraße weisen hingegen Zuwächse aus. Hier macht sich der neue Eingang zum L&T-Sporthaus positiv bemerkbar. Dazu Petra Rosenbach, Geschäftsführerin der Osnabrück-Marketing und Tourismus GmbH (OMT): „Es ist gut, dass sich der Abwärtstrend nicht fortgesetzt hat. Allerdings fehlt uns die Frequenz der verkaufsoffenen Sonntage. Wir setzen aber alles daran, über Veranstaltungen und gutes Marketing im Umland, viele Menschen in die Innenstadt und zum Einkauf zu bewegen.“ Die neue Rechtslage zu den verkaufsoffenen Sonntagen werde geprüft mit dem Ziel, in 2020 hoffentlich wieder verkaufsoffene Sonntage durchführen zu können.
Märkte- und Zentrenkonzept
Martin Kremming von der CIMA Beratung + Management GmbH aus Hannover stellte in einem Werkstattbericht Kernergebnisse des in Bearbeitung befindlichen Märkte- und Zentrenkonzeptes für Osnabrück vor. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl das Mobilitätsverhalten als auch die Beurteilung der Osnabrücker Innenstadt zwischen Passanten und Online-Befragten erheblich voneinander abweichen. Übereinstimmend wünschten sich allerdings beide Gruppen ein noch größeres Bekleidungsangebot in der Stadt. Das neue Märkte- und Zentrenkonzept soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. Kremming resümierte, insgesamt sei der Handelsstandort Osnabrück gut aufgestellt und es bestehe kein Grund zur Panik. Gleichwohl müsse sich der Handel durch die digitale Transformation und das Wachstum des Online-Handels großen strukturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen stellen.
Zum Hintergrund
Der Handelsmonitor ist ein Gemeinschaftsprojekt der Industrie- und Handelskammer Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim, der Osnabrück-Marketing und Tourismus GmbH und dem Osnabrücker City Marketing e. V. Er wird seit 2013 jährlich veröffentlicht und aktualisiert. Ziel ist es, kontinuierlich die aktuelle Situation im Einzelhandel, der Betriebe vor Ort und die Entwicklung in den Quartieren auszuwerten. Die Erkenntnisse bilden eine Basis für die strategische Weiterentwicklung des Handelsstandortes. Dabei werden Handel, Gastgewerbe und Dienstleister als Netzwerkpartner gezielt einbezogen. Die Veröffentlichung ist zukünftig alle zwei Jahre geplant.