Studie: "Erschreckende Defizite bei der Medienkompetenz"

(7.9.2020/bö) Lehrer an deutschen Schulen legen großen Wert auf die Vermittlung von Nachrichtenkompetenz. Das dokumentiert eine im Frühjahr 2020 erhobene Studie, die das IfD Allensbach Im Auftrag der Stiftervereinigung der Presse mit mehr als 500 Lehrkräften durchgeführt hat. Zugleich zeigt das Lehrpersonal selbst deutliche Defizite in der Medienkunde.
Dabei tun sich erkennbare Unterschiede zwischen West-und Ostdeutschland auf. „Das ist ein Besorgnis erregender Befund“, sagt Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), zugleich Mitglied der Stiftervereinigung der Presse. „Angesichts der alarmierenden Verbreitung von so genannten Fake News und Verschwörungstheorien wird es immer wichtiger, Kinder und Jugendliche so fit zu machen, dass sie kompetent mit Nachrichten und ihren Quellen umgehen können.“ Gerade in Zeiten von Corona werde gut ausgebildetes Lehrpersonal benötigt, das flexibel auf Informationsbedürfnisse reagiere. „Nachrichtenkompetenz“ werde bei Lehrenden und Lernenden damit immer stärker zu einer Schlüsselkompetenz in der demokratisch verfassten Gesellschaft. Einige zentralen Befunde:
- Die Vermittlung von Nachrichtenkompetenz in der Schule halten 55 % der Lehrkräfte für „besonders wichtig“ (West: 60 %, Ost: 39 %). 40 % halten die Vermittlung für „auch noch wichtig“ und 5 % für „weniger wichtig“.
- Die gedruckte Zeitung ist das mit Abstand am häufigsten genutzte Anschauungsmaterial. Pädagogische Projekte wie "Zeitung in der Schule" werden von den Teilnehmern als hilfreiches Angebot geschätzt.
- Unsicherheiten treten beim eigenen Wissen über das Mediensystem in Deutschland auf: 40 % der Lehrkräfte meinen, Medien hätten die Aufgabe, die Bevölkerung für bestimmte Anliegen zu mobilisieren.
- Im Osten haben 50 % der Lehrkräfte kein großes Vertrauen in die Medien, im Westen sind es 22 %. 19 % der Lehrkräfte insgesamt glauben, dass viele Nachrichten, die eigentlich wichtig sind, verschwiegen werden und nur in sozialen Netzwerken zu finden sind.
- Nur noch rund ein Viertel der Lehrkräfte unter 40 Jahren hat feste zeitliche Gewohnheiten bei der Information über das aktuelle Geschehen.
An der Studie (hier als Volltext und hier als Zusammenfassung) haben gut 500 Lehrkräfte an Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien teilgenommen, die in den Klassenstufen 7 bis 10 ein sozialwissenschaftliches Fach oder Deutsch unterrichten. Anlass waren wissenschaftliche Untersuchungen, die eine Vernachlässigung von Nachrichtenkompetenz in Lehrplänen, Schulbüchern und Studien-und Prüfungsordnungen von Lehramtsstudiengängen zeigen.