Handel(n) in digitalen Zeiten

Wie eCommerce unsere Kommunen verändert - IHK veröffentlicht Dokumentation zur 32. IHK-Regionalkonferenz
„Die Dynamik und die technischen Möglichkeiten des Online-Handels sind noch lange nicht ausgereizt. Es kommt jetzt darauf an, die politischen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Händler vor Ort die gleichen Chancen im Wettbewerb haben wie die Online-Händler.“ Dies erklärte Martin Schlichter, Präsident der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim auf der 32. IHK-Regionalkonferenz mit dem Thema: „Handeln in digitalen Zeiten - Wie E-Commerce unsere Kommunen verändert“.

Die Umsatzsteigerungen im Online-Handel würden begleitet von kräftigen Investitionen im stationären Einzelhandel, die von Ort zu Ort aber sehr unterschiedlich ausfielen. „Vor allem in den Städten mit einem schon heute starken Einzelhandel werden zusätzliche Flächen geschaffen und neue Konzepte etabliert. Auf der Strecke bleiben die schwächeren Handelsstandorte in den oft eher ländlichen Gemeinden. Sie geraten von zwei Seiten unter Druck, nämlich online und offline“, sagte Schlichter.
Zu Gast auf der Regionalkonferenz waren Prof. Dr. Gerrit Heinemann, Handelsexperte der Hochschule Niederrhein, sowie Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. „Online ist ‚mobile‘ und der stationäre Handel muss ‚mobile‘ werden, denn der Kunde kommt mit dem Handy. Das bedeutet: Die digitale Präsenz der Betriebe muss sich verbessern“, so Prof. Heinemann. Franz-Reinhard Habbel erklärte: „Neben einer Allianz für Innenstädte benötigen wir aber auch eine größere Digitalisierungskompetenz. Der Handel braucht Mut zur Veränderung.“
An die Politik richtete IHK-Präsident Schlichter den Appell, das vielfältige freiwillige Engagement der Innenstadtunternehmen nicht durch gesetzliche Fehlsteuerungen zu konterkarieren. Zur notwendigen Chancengerechtigkeit zwischen den Shopping-Kanälen gehöre u. a. auch eine gleiche ertragsteuerliche Belastung. Steuerprivilegien für große Online-Anbieter mit formalen Firmensitzen in anderen EU-Standorten würden diesem Anspruch entgegenstehen. Diese Forderung war bereits in einer IHK-Umfrage unter rund 700 Einzelhändlern erhoben worden.
Wichtig aus Sicht von Schlichter ist zudem, die Funktion der Innenstädte als Orte des Austausches zu stärken. Dabei sind interkommunale Abstimmungen bei Ansiedlungen und Erweiterungen sowie gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich.
Über ihren Umgang mit dem wachsenden Online-Handel berichteten Einzelhändler und Projektentwickler aus der Region: Mechthild Möllenkamp, Geschäftsführende Gesellschafterin der Mechthild Möllenkamp Supermärkte GmbH in Osnabrück und Präsidentin des Handelsverbandes Niedersachsen-Bremen, Viola Taube, Inhaberin der Buchhandlung Viola Taube in Nordhorn, Werner Heckmann, Geschäftsführer der Schröder Mode KG mit Sitz in Haselünne, und Hermann Klaas, Geschäftsführer der Hermann Klaas Projektentwicklung GmbH aus Lingen.
In einer Podiumsdiskussion nahmen Vertreter der Politik zum Handlungsbedarf Stellung. Darin äußerten sich Reinhold Hilbers (MdL, CDU), Frank Henning (MdL, SPD), Volker Bajus (MdL, Bündnis 90/Die Grünen) und Moritz Gallenkamp (Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Osnabrück) wie folgt:
Reinhold Hilbers: „Wenn Einzelhändler im Online-Handel gleiche Chance haben sollen, wären tariflich gleiche Bedingungen zum reinen Internethandel wünschenswert. Auch der Infrastrukturausbau muss ein Baustein werden. Gegenüber Bayern hinkt Niedersachsen bei der Förderung des Breitbandausbaus deutlich hinterher.“
Frank Henning: „Vor Ort müssen die Kommunen den Handel unterstützen. Das bedeutet, dass Investitionen wie in Osnabrück mit rund 130 Millionen Euro am Standort Neumarkt keine Steine in den Weg gelegt werden. Beratungsqualität und Erlebniseinkauf bleiben für mich Alleinstellungsmerkmale des Einzelhandels.“
Volker Bajus: „Digitale Allergie ist das Stichwort. Wir brauchen keine Denkverbote sondern mehr Kooperation – in der Wirtschaft untereinander, aber auch mit der Politik. Zudem müssen wir schneller auf Technikentwicklungen reagieren. Mit den Hochschulen in der Region und den vielen interessanten Start-up-Unternehmen können wir das Know-how auch in der Region entwickeln.“
Moritz Gallenkamp: „Die Kommunen müssen dafür sorgen, dass der Handel für die Kunden erreichbar ist. Dafür brauchen wir auch intelligente Verkehrskonzepte. Außerdem ist gerade für kleinere Betriebe Bürokratieabbau wichtig. Für diese stellen etwa rechtliche Fallen im E-Commerce eine Herausforderung dar.“