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Nr. 5151004

Webinarreihe: Fit für den Green Deal

Was bedeutet der Green Deal für Sie und Ihr Unternehmen? Unsere Online-Reihe „Fit für den Green Deal“ klärt auf.
Klimaneutralität der EU bis 2050 – Das ist das plakative Ziel des Green Deals. Aber dahinter steckt weit mehr: Die „grüne“ Transformation der Wirtschaft wird viele Unternehmen in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen.
Die kostenfreien Webinare finden in der Regel am letzten Mittwoch eines Monats statt – und beleuchten einen Aspekt des Green Deals. Referent*innen beschäftigen sich zum Beispiel mit dem betrieblichen CO 2-Fußabdruck, CO 2-Kompensationsprojekten, mit CO 2-Reportingtools und nachhaltiger Mobilität.
Hintergrund: Der Green Deal wurde von der EU-Kommission im Dezember 2019 als „neue Wachs­tumsstrategie“ für den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbe­werbsfähigen Wirtschaft verkündet. Zahlreiche inzwischen vorgelegte Vorschläge für legisla­tive und nicht legislative Initiativen konkretisieren, worauf sich die Wirtschaft einstellen muss.
CO 2-Bepreisung, Effizienzanforderungen, nachhaltiges Produktdesign, neue Berichtspflich­ten und ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Finanzwesen sind nur einige der Themen, die schon bald auf alle Unternehmen zukommen werden. Wichtig ist, sich schon jetzt umfassend zu informieren. Nur so kann die Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells beurteilt und rechtzeitig auf Chancen und Risiken, die sich aus dem Green Deal ergeben, reagiert werden.

Alarmstufe beim Notfallplan Gas spitzt kritische Lage der Industrie weiter zu - IHK-Industriegespräch mit EU-Energiepolitiker Markus Pieper in Osnabrück

Mit der Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas durch das Bundeswirtschaftsministerium spitzt sich die Lage bei der Energieversorgung weiter zu. Regionale Betriebe geraten dadurch erheblich unter Druck. Beispielrechnungen von mittelständischen Unternehmen aus der Region zeigen, wie dramatisch die Situation schon jetzt ist. Dies wurde beim IHK-Industriegespräch mit dem Europaabgeordneten und Energieexperten Markus Pieper in Osnabrück deutlich. So hat sich der Erdgaspreis in den Beispielfällen schon jetzt binnen weniger Monate mehr als verdoppelt. Ein Unternehmen, das bisher eine knappe halbe Million Euro für Erdgas bezahlte, steht nun mit einer Million Euro in der Pflicht. Einzelne Unternehmen rutschen hierdurch in die Verlustzone. Mittelfristig ist nicht nur mit weiteren gravierenden Preisschüben zu rechnen, sondern mit erheblichen Versorgungsengpässen bei der Gasversorgung. Dies hätte Produktionsstillegungen bei den Betrieben zur Folge.
„Für den Wirtschafts- und Industriestandort unserer Region ist daher eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen von elementarer Bedeutung“, erklärte Dr. Peter Brinkmann, Geschäftsführer der TKT-Kunststoff-Technik GmbH, einem mittelständischen familiengeführten Hersteller von Kunststoffbaugruppen. Denn Gas sei für die Industrie derzeit die wichtigste Energiequelle für die Bereitstellung der Prozesswärme in industriellen Produktionsprozessen wie Brennen, Schmelzen oder Verformen, weil nur Erdgas bei der Verbrennung die benötigten Temperaturen für die Thermoprozesstechnik erreicht.
Dass die Europäische Union die Problematik erkannt hat und an Lösungen arbeitet, erläuterte Dr. Pieper. „Vor allem muss Europa schnell neue Energiepartnerschaften mit anderen Ländern in Asien, Afrika, Australien und auf dem amerikanischen Kontinent schließen. Nur so werden wir unsere Energieversorgung sichern und industrielle Wertschöpfung gewährleisten können. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der europäische Green-Deal mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 positive Effekte erzielen kann.“ Pieper, der im EU-Parlament auch Berichterstatter für die Überarbeitung der europäischen Erneuerbaren-Energien-Richtlinie ist, zeigte sich optimistisch, dass bereits 2035 der überwiegende Anteil des Wasserstoffs als Ersatz für Gas aus grünen Quellen stammen wird. Voraussetzung hierfür seien globale, technologieoffene und wettbewerbliche Ansätze.
„Auch den Entscheidungsträgern der EU in Brüssel muss klar sein, dass wir uns in einer Zeitenwende befinden. Ein energie- und klimapolitisches „Weiter so“ hilft niemandem. Wichtig ist eine Neujustierung des energiewirtschaftlichen Zieldreiecks: Es gilt, wieder mehr auf wettbewerbsfähige Energiepreise und die sichere Versorgung zu achten. Beides ist für den Fortbestand der vielen kleinen und mittelgroßen Unternehmen in unserer Region existenziell“, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf. Er forderte die europäische und nationale Politik auf, ihre bisherigen Prioritäten zu hinterfragen und ihre Maßnahmen anzupassen. „Um ein Moratorium für Regelungen, die die Wirtschaft noch zusätzlich belasten, kommt die Politik nicht mehr herum“, so Graf

Hohe Energiepreise und Abhängigkeiten: Europäische Kommission legt Mitteilung zu Abhilfemaßnahmen vor.

Die Europäische Kommission hat Anfang März 2022 eine Mitteilung zum Umgang mit den explodierenden Energiepreisen und Europas Abhängigkeit von Gasimporten aus Russland vorgelegt. Letztere könnten nach Angaben der Brüsseler Behörde bis Ende des Jahres um zwei Drittel reduziert werden. Europäische Unternehmen sollen bei der Bewältigung der Energiepreiskrise unterstützt werden.
Eine Mitteilung ist ein rechtlich unverbindliches Dokument, das die Position der Europäischen Kommission darlegt.
Die zentralen Maßnahmen*
(*Die Mitteilung enthält unzählige Verweise auf laufende Gesetzgebungsverfahren und existierende Initiativen. Da es sich hierbei nicht um neue Maßnahmen handelt, stehen sie nicht im Zentrum dieses Rundschreibens.)

ENERGIEPREIS- UND VERSORGUNGSSICHERHEITSKRISE
  • Gasversorgungssicherheit stärken
Die Kommission wird bis April einen Gesetzgebungsvorschlag zu Speicherfüllständen vorlegen. Die Gasspeicher in der EU sollen bis zum 1. Oktober eines jeden Jahres im Durchschnitt einen Füllstand von 90 Prozent erreichen. Um die Speichernutzung attraktiver zu machen, sollen keine Netzentgelte mehr anfallen. Zudem kündigt die Kommission an, Vorschläge für eine gerechte Kostenverteilung für die Gasversorgungssicherheit innerhalb der EU vorzulegen.
Gasspeicher sollen durch die Gesetzgebung als kritische Infrastruktur eingestuft werden. Zudem sollen Regelungen eingeführt werden, um die mit dem Besitz der Speicher verbundenen Risiken zu adressieren. Die Anpassungen hätten zur Folge, dass zertifiziert werden müsste, dass die Besitzverhältnisse keine Bedrohung für die Versorgungssicherheit darstellen.
Die Kommission unterstreicht in ihrer Mitteilung, dass die Mitgliedstaaten für den nächsten Winter staatliche Beihilfen gewähren können, um ausreichende Füllstände zu erreichen (bspw. durch Differenzkontrakte).
Zudem bietet sie an, die Befüllung der Gasspeicher zu koordinieren, bspw. durch gemeinsame Einkäufe, die über eine europäische Plattform abgewickelt werden könnten.
Untersuchungen der Kommission zu möglichen Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln sollen fortgeführt werden. Die Mitteilung nennt in diesem Zusammenhang die auffällig niedrigen Füllstände der Gasspeicher in Besitz von Gazprom.
  • Unterstützung für besonders stark betroffene Unternehmen
Die Kommission kündigt an, in Kürze eine Konsultation der Mitgliedstaaten über die Schaffung eines temporären Beihilferahmens für die aktuelle geopolitische Krise zu starten. Dadurch könnten allen Unternehmen und insbesondere energieintensiven Betrieben, die unmittelbar oder mittelbar von der Krise betroffen sind, Liquiditätshilfen gewährt werden, u.a. um steigende Energiekosten zu kompensieren.
Darüber hinaus hat die Kommission die Mitgliedstaaten hinsichtlich einer Anpassung der Leitlinien für Beihilfen im Rahmen des Europäischen Emissionshandel konsultiert. Ziel der Anpassung ist es, die Strompreiskompensation auf zusätzliche Sektoren auszuweiten.
Schließlich verweist die Kommission auf die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten, Unternehmen heute schon kurzfristig Liquiditätshilfen zu gewähren. Die Regeln hierfür sind in Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten festgelegt.

REDUKTION DER ABHÄNGIGKEIT VON FOSSILEN ENERGIETRÄGERN AUS RUSSLAND
  • Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen
Hierzu sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Im Mai wird die Kommission hierzu Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten vorlegen.
In ihrer Mitteilung fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, den Ausbau erneuerbarer Energien als im öffentlichen Interesse zu definieren. Verweise auf mögliche rechtliche Anpassungen wurden jedoch aus der Mitteilung gestrichen. Gleiches gilt für die Bezüge zur FFH- und Wasserrahmen-Richtlinie, die in Entwürfen noch enthalten waren.
Im Juni soll eine Mitteilung zur Solarenergie vorgelegt werden, die Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Solarindustrie und eine Initiative für die Dachflächen-PV enthalten soll. Auch die Installation von Wärmepumpen soll beschleunigt werden, ohne dass die Mitteilung konkrete Maßnahmen aufführt.
Die Kommission empfiehlt die Biogasproduktion in der EU bis zum Jahr 2030 auf 35 Milliarden Kubikmeter zu steigern. Die Mitgliedstaaten sollen Finanzmittel der Gemeinsamen Agrarpolitik zur Förderung der Biogasproduktion einsetzen.
  • Wasserstoff-Produktion und Anwendung beschleunigen
Die Kommission kündigt an, die Genehmigung von Beihilfen prioritär zu behandeln. So soll die Bewertung der ersten IPCEI-Anträge spätestens sechs Wochen nach der Notifizierung bei der Kommission veröffentlicht werden, so dass die Genehmigungen bis zum Sommer erfolgen könnten.
Für die EU gibt die Kommission das Ziel aus, im Jahr 2030 10 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu importieren. Hierfür soll eine „Global European Hydrogen Facility“ geschaffen werden und Partnerschaften mit Drittländern (Green Hydrogen Partnerships) geschlossen werden, die große Mengen erneuerbaren Wasserstoff produzieren können. Die heimische Wasserstoffproduktion bis 2030 soll um 5 Millionen Tonnen erhöht werden. Bislang werden 5,6 Millionen Tonnen angestrebt. Durch die zusätzlichen 15 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff können laut Europäischer Kommission 25-50 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas ersetzt werden.
  • Dekarbonisierung der Industrie
Ein EU-weiter Mechanismus für Carbon Contracts for Difference, durch den Innovationfonds finanziert, soll die Elektrifizierung und den Wasserstoff-Einsatz auf Grundlage innovativer Technologien voranbringen.
Zur Finanzierung dieser Notfallmaßnahmen kann laut Mitteilung die steuerliche Abschöpfung von „Windfall profits“ der Stromerzeuger beitragen. In einem Anhang werden die Bedingungen für die Gestaltung eines solchen Instruments dargelegt. Auch die gestiegenen Erlöse aus dem EU-Emissionshandel werden als Finanzierungsquelle genannt.
  • Funktionsweise der Energiemärkte
Die Europäische Kommission kündigt an, Möglichkeiten zur Optimierung des Strommarktdesigns zu untersuchen.
Bezüglich des Gasmarkts verspricht die Kommission, ihre Untersuchungen zu möglichen Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln fortzuführen und erwähnt in diesem Zug die auffällig niedrigen Füllstände der Gasspeicher in Besitz von Gazprom.
Die Pressemitteilung der Europäischen Kommission sowie weitere Information finden Sie hier.

(Quelle: DIHK)

Vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage

Der Koalitionsausschuss hat am 23. Februar den Weg für eine vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 freigemacht. Damit werden Unternehmen und private Haushalte um rund 6,5 Mrd. Euro entlastet. Auf die Wirtschaft entfällt ungefähr die Hälfte des Entlastungsbetrags.
Eine Verpflichtung der Stromlieferanten, die Entlastung an Kunden weiterzugeben, soll es nicht geben. Die Bundesregierung hat aber die Erwartung formuliert, dass die "Entlastung in Höhe von 3,723 ct/kWh in vollem Umfang weitergegeben" wird. Gleichzeitig kündigt die Koalition an, dass Ausnahmen, die an die EEG-Umlage gekoppelt sind genauso wie Ausnahmen von den Energiesteuern sowie Kompensationsregelungen, "mit Wirkung zum 1. Januar 2023 überprüft und angepasst" werden.
Die betrifft zunächst die Neufassung der Entlastung bei der KWK- und Offshorenetzumlage. Unternehmen, die für 2023 eine entsprechende Entlastung bekommen möchten, müssen das derzeit noch gültige Antragsverfahren beim Bafa durchlaufen, auch wenn keine Besondere Ausgleichsregelung für die EEG-Umlage beantragt werden muss. Erst im Jahr 2023 greift dann für das Jahr 2024 eine Neuregelung. Diese soll mit dem Osterpaket verabschiedet werden.
(Quelle: DIHK)

Die EU-Taxonomie-Verordnung und ihre Auswirkungen

Interview – Mit dem Green Deal will die Europäische Union bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Ein Bestandteil des “Green Deals” ist die EU-Taxonomie-Verordnung. Diese sieht einen einheitlichen Klassifizierungsrahmen vor, um nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten bewerten zu können – und so den Weg zur klimaneutralen Wirtschaft zu ebnen. Welche Auswirkungen diese Verordnung für Unternehmen mit sich bringt, hat das Magazin “Wirtschaft in Mainfranken” (WiM) mit Julian Schorpp, Referatsleiter Europäische Energie- und Klimapolitik beim DIHK, besprochen. Er sagt: “Die Taxonomie wird viel weitreichendere Folgen haben als von der Politik oft suggeriert, auch für kleinere und mittlere Unternehmen”.

WiM: Herr Schorpp, ganz allgemein: Was ist die Taxonomie-Verordnung?
Schorpp: Die Taxonomie-Verordnung ist ein EU-Gesetz, das im Juli 2020 in Kraft getreten ist. Es schafft einen Rahmen für die Einstufung der Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten. Konkret geht es um sehr präzise und anspruchsvolle Kriterien, anhand derer bewertet werden soll, ob ein Unternehmen mit seinen Produkten zum Klima- und Umweltschutz beiträgt oder eben nicht. Die Kriterien für den Beitrag zum Klimaschutz wurden in großen Teilen bereits verabschiedet, für die Umweltschutzziele sind sie noch in Arbeit.
WiM: Ab wann gilt die Verordnung? Und welche Unternehmen sind betroffen?
Schorpp: Erste Anwendungspflichten greifen bereits ab dem nächsten Jahr und betreffen sowohl die Finanz- als auch die Realwirtschaft. Man muss wissen: Die Grundidee der Taxonomie ist, Finanzmarktakteuren eine Richtschnur für die Nachhaltigkeitsbewertung an die Hand zu geben. Zukünftig sollen Anbieter „grüner“ Finanzprodukte angeben, inwiefern die investierten Finanzmittel in Unternehmen fließen, deren Wirtschaftstätigkeiten die Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie erfüllen. Heutzutage sind die Maßstäbe noch unterschiedlich, die beispielsweise bei der Auflage eines „grünen“ Investmentfonds angewandt werden.
WiM: In einem ersten Schritt sind also zunächst Banken und andere Finanzmarktakteure betroffen. Was ist mit der Realwirtschaft? Reichen Finanzunternehmen die Berichtspflichten letztlich einfach weiter?
Schorpp: Finanzmarktakteure wie Banken und Investoren werden offenlegen müssen, wie hoch der Anteil ihres Finanzierungsportfolios bzw. ihrer Investitionen ist, der solche in wirtschaftlich Tätigkeiten fließt, die den Kriterien der Taxonomie entsprechen. Die Bank gibt also jedes Jahr an, wieviel Prozent der eigenen Finanzierungen „konform“ sind mit den Nachhaltigkeitsanforderungen der Taxonomie. Um diese Kennzahlen überhaupt berechnen zu können, bedarf es jedoch der entsprechenden Angaben der Bankkunden. In vielen Fällen werden diese daher entsprechende Daten über ihre eigene Taxonomie-Konformität liefern müssen. Das ist ein hoch komplexes Unterfangen – und hat natürlich perspektivisch Auswirkungen auf die Kreditvergabe.
WiM: Ab 2022 sind zunächst große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern betroffen; was ist mit dem Mittelstand? Welche Auswirkungen kommen für kleine und mittelgroße Unternehmen?
Schorpp: Die explizite Offenlegungspflicht laut Taxonomie-Verordnung betrifft Unternehmen, die laut EU-Recht über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten müssen. Dies sind laut aktueller Rechtslage in der Tat vor allem größere, kapitalmarktnahe Unternehmen. Die Europäische Kommission hat jedoch im Frühjahr vorgeschlagen, die Berichtspflichten auszuweiten. Dadurch würden viel mehr Unternehmen über ihre Nachhaltigkeit und damit auch ihre Taxonomie-Konformität berichten müssen. Darunter befänden sich vermehrt kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Praktisch kommt aber hinzu: Die aktuell bereits berichtspflichtigen Unternehmen reichen die an sie gestellten Anforderungen auch an ihre Zulieferer weiter. Denn um die eigene Taxonomie-Konformität umfassend beurteilen zu können, brauchen sie natürlich diese Daten.
Dazu kommen noch die konkreten Auswirkungen der Berichtspflicht der Banken. Die können ihre Kennzahlen nur berechnen, wenn sie wissen, ob die Unternehmenskredite für wirtschaftliche Tätigkeiten genutzt werden, welche die Taxonomie-Kriterien einhalten. Der Kreditnehmer muss also genau dies offenlegen.
WiM: Was raten Sie diesen kleinen und mittelgroßen Unternehmen?
Schorpp: Die Taxonomie wird viel weitreichendere Folgen haben als gemeinhin behauptet, weil auch kleine und mittlere Unternehmen wie erläutert über die Einbindung in eine Wertschöpfungskette oder aufgrund der Anforderungen der Finanzinstitute oder Kapitalgeber immer öfter Daten zur eigenen Nachhaltigkeit vorlegen werden müssen. Es ist deshalb wichtig, sich möglichst frühzeitig mit der eigenen Klima- und Umweltbilanz zu beschäftigen. Auch die Verbesserung dieser sollte in den Fokus rücken, denn perspektivisch ist zu erwarten, dass der Zugang zu Finanzierungen und die Konditionen davon abhängen werden. Erklärtes Ziel der Taxonomie ist neben der Schaffung von Transparenz, Kapital in als nachhaltig definierte Wirtschaftsbereiche umzulenken.
WiM: Zum Abschluss: Wie lautet ihr Fazit zur Taxonomie-Verordnung? Ist der EU tatsächlich der große Wurf gelungen oder kommt ein neues Bürokratiemonster auf uns zu?
Schorpp: Mit der Taxonomie kommt auf Unternehmen aller Größenkategorien viel Aufwand zu. Es ist zugleich fraglich, inwieweit sich damit die angestrebten klima- und umweltpolitischen Effekte erreichen lassen. Denn in der Praxis lässt sich wirtschaftliche Tätigkeit oft nicht trennscharf in nachhaltig und nicht nachhaltig einteilen, wie sich viele das vorgestellt haben: Unternehmen, die heute beispielsweise noch viel CO2 emittieren, machen sich nun auf den Weg, ihre Produktionsverfahren und Energieversorgung umzustellen. Dieser Wandel hin zur Klimaneutralität sollte nicht ausgebremst werden, indem der Zugang zu Finanzierungen für den Wandel erschwert wird. Zudem gilt: Viele heute noch emissionsintensive Branchen tragen mit ihren Waren zur Herstellung von Klimaschutztechnologien bei. So werden in jeder Windkraftanlage große Mengen Stahl oder Kupfer verbaut.
Zudem scheiden sich bei manchen Aktivitäten die Geister. So ist noch nicht klar, ob Investitionen in Gaskraftwerke als nachhaltig gelten können. Deutschland wird hierauf aber in den nächsten Jahren angewiesen sein, um durch Atom- und Kohleausstieg wegfallende Kraftwerkskapazitäten zu ersetzen. Im schlechtesten Fall könnte die Taxonomie die deutsche Energiewende ausbremsen und verteuern.
Zuletzt ist die Taxonomie ein lebendiges Regelwerk, das ständig weiterentwickelt und ausgeweitet werden soll. Die Komplexität nimmt also tendenziell zu. Zudem zeigt sich bereits, dass die Taxonomie nicht wie ursprünglich geplant nur für den Finanzmarkt als Richtschur gelten wird. Bei staatlichen Förderregeln werden bereits Verweise auf die Taxonomie erwogen.

Quelle: DIHK