Mit Mut in eine neue Zukunft
Michal Kramer begleitet als Willkommenslotsin der Niederrheinischen IHK Unternehmen und internationale Azubis. Denn der Fachkräftemangel erschwert vielen Betrieben die Nachwuchssuche. Eine Lösung liegt für einige im Blick über die Grenze. Immer mehr junge Menschen aus dem Ausland kommen nach Deutschland, um hier eine Ausbildung zu machen. Unterstützung bietet dabei das Projekt „Passgenaue Besetzung – Willkommenslotsen“. Im Interview erklärt Michal Kramer die Chancen, aber auch mögliche Stolpersteine auf dem gemeinsamen Weg.
Welche Beweggründe gibt es für Unternehmen, Auszubildende aus dem Ausland einzustellen?
Kramer: Manche Unternehmen finden kaum noch passende Bewerber für ihre Ausbildungsplätze. Bis 2030 werden am Niederrhein bis zu 40.000 Fachkräfte fehlen. Für Betriebe kann die Suche im Ausland sinnvoll sein. Gleichzeitig bietet Deutschland jungen Menschen aus dem Ausland gute Chancen für den Berufseinstieg. Für beide Seiten entsteht eine Win-win-Situation: Der Betrieb besetzt einen offenen Ausbildungsplatz – der Azubi bekommt eine berufliche Perspektive. Bei der Niederrheinischen IHK zeigt sich dieser Trend besonders im Einzelhandel und in der Gastronomie – hier steigt die Zahl der internationaler Azubis.
Welche Herausforderungen können dabei auftreten?
Vor allem die Bürokratie stellt viele vor Hürden. Visa beantragen, Aufenthaltstitel klären, Versicherungen abschließen und eine Wohnung suchen: viele junge Menschen brauchen dabei Unterstützung. Hinzu kommen sprachliche und kulturelle Unterschiede. Häufig reichen die Deutschkenntnisse, mit denen die Azubis zu uns kommen, nicht aus. Für einen erfolgreichen Prüfungsabschluss sind bessere Sprachkenntnisse notwendig. Deshalb sollte die Sprachförderung von Anfang an Teil der Ausbildung sein.
Für viele Azubis ist zudem alles neu: das Klima, die Umgebung, der Alltag. Ohne Begleitung kann das schnell überfordern.
Für viele Azubis ist zudem alles neu: das Klima, die Umgebung, der Alltag. Ohne Begleitung kann das schnell überfordern.
Wie können Betriebe auf solche Hindernisse reagieren?
Gute Vorbereitung und klare Erwartungen sind der Schlüssel. Unternehmen sollten wissen: In der Anfangszeit braucht es Zeit, Geduld und zusätzliche Betreuung. Arbeitgeber übernehmen oft mehr als nur die fachliche Anleitung. Sie sind auch erste Ansprechperson, sozialer Halt oder Orientierungshilfe im neuen Alltag. Hilfreich ist alles, was das Ankommen unterstützt. Zum Beispiel eine Willkommensmappe, Alltagstipps oder Hinweise auf Supermärkte mit vertrauten Lebensmitteln. Auch der Kontakt zu lokalen Communities kann helfen, Heimweh vorzubeugen und neue Netzwerke aufzubauen. Vorausschauendes Planen kann entlasten. Dazu gehören: das Team frühzeitig einbinden, das Onboarding vorbereiten, Sprachunterstützung organisieren und sich mit dem Thema Kulturschock auseinandersetzen. Unterstützung bietet auch das Projekt „Willkommenslotsen“. Es berät individuell, gibt rechtliche Orientierung und begleitet Unternehmen und Auszubildende.
Und was können Azubis tun?
Auch die Azubis können sich vorbereiten. Etwa, indem sie sich über soziale Medien oder Videos vorab ein Bild vom Leben in Deutschland machen. Wichtig ist: weiter Deutsch lernen, auch über den Sprachkurs im Heimatland hinaus. Nach der Ankunft in Deutschland können dabei weitere Kurse oder Sprach-Apps helfen.
Welchen Mehrwert bringt die Ausbildung internationaler Azubis?
Neben einem neuen Mitarbeiter oder einer neuen Mitarbeiterin gewinnen Unternehmen auch eine neue Perspektive. Internationale Azubis bringen Vielfalt und große Lernbereitschaft mit. Wer offen ist und sie begleitet, investiert nicht nur in eine zukünftige Fachkraft, sondern schenkt einem jungen Menschen eine echte Zukunftschance.
Das Projekt „Passgenaue Besetzung – Willkommenslotsen“ ist gefördert vom Ministerium für Wirtschaft und Energie.