Ab dem 02.12.2020

Neue Anforderungen bei Abmahnungen beachten

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ist nunmehr im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz gilt damit ab dem 02.12.2020. Nur die Regelungen zur Aktivlegitimation der Wettbewerbsvereine treten erst in einem Jahr am 01.12.2021 in Kraft.
Konsequenz: Abmahnungen müssen ab dem 2.12.2020 den neuen Anforderungen entsprechen. Dies gilt insbesondere für die Aktivlegitimation von Mitbewerbern, die notwendigen Inhalte des Abmahnschreibens, die Möglichkeit, Aufwendungsersatz zu verlangen (kein Aufwendungsersatz bei Abmahnungen durch Mitbewerber bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet) sowie die Vertragsstrafe (nicht bei Erstabmahnung durch Mitbewerber bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet, Höhenbeschränkung auf 1.000 bei Bagatellverstößen). Die Gesetz finden Sie hier.
Missbräuchliche Abmahnungen belasten vor allem den Onlinehandel. Viele Händler empfinden sie sogar als existenzbedrohend und schließen ihren Onlineshop.
Seit Jahren setzt sich die IHK-Organisation gegen Abmahnmissbrauch ein. Unter Federführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hatten Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft Mitte 2017 eine Initiative durch ein Verbändepapier zum Abmahnmissbrauch gestartet und von der Politik konkreten Maßnahmen gefordert.
Anfang September 2018 hat das BMJV den Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ vorgelegt. Entsprechend dem Auftrag aus dem Bundestag sollen hierdurch missbräuchliche Abmahnungen eingedämmt werden.
Hierzu haben sich auch die Industrie- und Handelskammern in einer Stellungnahme geäußert.
Seit Mitte 2019 lag ein Regierungsentwurf vor. Am 23.10.2019 fand im Rechtsausschuss des Bundestages die Expertenanhörung statt. Danach gab es am 14.11.2019 ein erstes Berichterstattergespräch zwischen den Berichterstattern der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion.
Im gesamten Gesetzgebungsvorhaben war es den Wirtschaftsverbänden wichtig, der Politik die Wichtigkeit und Dringlichkeit dieses Gesetzes deutlich zu machen. Unter der Federführung des DIHK wurde daher im Dezember 2019 ein gemeinsames Verbändeschreiben an die Berichterstatter geschickt, in dem einerseits das Gesetz als solches unterstützt wurde, andererseits aber auch konkrete aus Sicht der Wirtschaft noch offene Kritikpunkte mit Lösungsvorschlägen aufgeführt waren. In dem Verbändeschreiben wurde zudem eine rasche Verabschiedung des Gesetzes gefordert und konkrete Lösungsvorschläge unterbreitet.
Inhaltlich wurden v.a. folgende Themen in dem Verbändepapier angesprochen:
  • Branchenbezug bei Wettbewerbsvereinen erforderlich
  • Einschränkung bei den Informationspflicht-Verstößen i. S. d. § 13 Abs. 4 Ziff. 1 UWG-E
  • Datenschutzverstöße ausdrücklich aus UWG-Anwendungsbereich herausnehmen
Nach langem Stillstand kam es im Juli 2020 zu einer politischen Einigung. Das Gesetz wurde nach der Sommerpause abschließend im Rechtsausschuss, Bundestag und Bundesrat beschlossen.
Das Gesetz hat am 09.09.2020 den Bundestagsrechtsausschuss passiert und ist am 10.09.2020 im Bundestag in 2./3. Lesung endlich beschlossen worden.
Wir bewerten das Gesetz weitgehend positiv, auch wenn sich die grundsätzliche Abmahnfähigkeit von Datenschutzverstößen leider nicht verhindern ließ.
Einige unserer Hauptkritikpunkte sind noch aufgenommen worden. Beispielsweise gab es nunmehr folgende Änderungen:
  • Bei Wettbewerbsvereinen ist wieder der erforderliche Branchenbezug aufgenommen worden.
  • Das Verbot des Fliegenden Gerichtsstands bei Wettbewerberabmahnungen ist zumindest für die besonders missbrauchsanfälligen Abmahnungen wegen Rechtsverstößen im Internet beschlossen worden.
  • Der Aufwendungsersatz bei erstmaligen Mitbewerberabmahnungen ist bei Verstößen gegen die gesetzlichen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien ausgeschlossen.
  • Die Begrenzung von Vertragsstrafen auf 1.000,- EUR soll nur bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern gelten, wenn es sich nur um eine unerhebliche Zuwiderhandlung und erstmalige Abmahnung handelt. 
Am 09.10.2020 hat der Bundesrat das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs gebilligt. Nunmehr muss noch der Bundespräsident unterzeichnen und die Veröffentlichung im BGBl erfolgen.
Die meisten Regelungen treten am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Lediglich für die Wettbewerbsvereine gelten Übergangsfristen für deren Eintragung beim Bundesamt für Justiz. Nach Verständnis des BMJV ist die Rechtslage dazu wie folgt:
  • Monate 1 bis 9 nach Inkrafttreten: Alle Wirtschaftsverbände sind weiterhin klagebefugt. Diese Klagebefugnis bleibt über Jahre hinweg bis zum Ende des Rechtsstreits bestehen.
  • Monate 9 bis 12 nach Inkrafttreten: Alle Wirtschaftsverbände sind zunächst weiterhin klagebefugt, müssen aber bis zum Ablauf von 12 Monaten die Eintragung in das Register nachweisen, damit ihre Klagebefugnis weiter bestehen bleibt.
  • Ab 12 Monaten nach Inkrafttreten dürfen nur noch solche Wirtschaftsverbände eine Klage einreichen, die in das Register eingetragen sind.
Klargestellt wird zudem, dass die neuen Anforderungen an die Inhalte von Abmahnungen sowie die Regelungen zu Abmahnkosten und Vertragsstrafen bereits für alle Abmahnungen gelten, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes dem Abgemahnten zugehen.  
Es ist zu hoffen, dass mit diesem Gesetz der Abmahnmissbrauch tatsächlich wirksam eingedämmt wird. Ob dies der Fall ist, wird – zumindest hinsichtlich der missbräuchlich agierenden Vereine – maßgeblich vom Bundesamt für Justiz abhängen und sich in den nächsten Jahren zeigen.