Die Sache mit der Ausbildungsstatistik und ein magisches Datum

Jedes Jahr erleben die IHKs in Deutschland dasselbe: Der 1. September ist da, das neue Ausbildungsjahr beginnt und alle wollen wissen, wie denn nun die aktuellen Ausbildungszahlen aussehen, also wie viele Azubis ihre Karriere in den Betrieben starten, ob dies mehr oder weniger als im Jahr zuvor sind und überhaupt, warum das alles so ist.

Von Andreas Lukesch
Jedes Jahr muss aber auch die IHK Heilbronn-Franken erklären, dass die Statistik zum Start des neuen Ausbildungsjahres noch nicht abschließend belastbar ist, also eigentlich noch nicht richtig fertig ist. Okay, Trends lassen sich erkennen und einordnen, aber Zahlen strahlen ja immer die Macht des Faktischen aus, gelten als der vermeintlich unumstößliche Beweis dafür, dass eine Entwicklung in ein Desaster steuert oder sich zu einem Höhenflug aufschwingt.
Aber Statistiken sind eben auch nur Menschen, beziehungsweise von Menschen gemacht. Und deshalb ist es wichtig zu erklären, wie die Ausbildungsstatistik bei der IHK zustande kommt – und übrigens nicht nur da.
Es fängt alles mit einer ziemlich stressigen Zeit in der zuständigen Fachabteilung an. Genauer gesagt dort, wo die neuen Ausbildungsverträge „eingetragen“ werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen gerade erholt aus der Sommerfrische und schon stapeln sich im Posteingang und im Online-Tool wieder neu abgeschlossene Ausbildungsverträge.
Denn wenn ein Ausbildungsplatz erfolgreich mit einer Nachwuchsfachkraft besetzt werden konnte, ist dies der IHK mitzuteilen. Das Ganze ist (natürlich, wie sollte es anders sein) in Deutschland in einem Gesetz geregelt, genauer gesagt in Paragraf 36, Absatz 1, des Berufsbildungsgesetzes.
Da steht, dass die „Eintragung des Ausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse vom Ausbildungsbetrieb und dem/der Auszubildenen angezeigt wird“. Zur Belohnung für die Offenlegung des Verhältnisses gibt es von der IHK eine Eintragungsbestätigung nebst Eintragungsnummer. Es soll Manager in den Führungsetagen der Top-Unternehmen geben, die Jahrzehnte nach ihrer Ausbildung noch ihre Eintragungsbestätigung hüten wie einen Schatz – schließlich begann mit ihr eine strahlende Berufskarriere.
Aber ohne Witz: Diese Anzeige des Ausbildungsvertrags ist immens wichtig, vor allem die korrekte Anzeige. Denn: Falsche Angaben können zu Fehlern bei der Ausstellung von Prüfungszeugnissen führen oder dazu, dass Prüflinge nicht den richtigen Prüfungen zugeordnet werden.
Das will ja keiner, also ist höchste Sorgfalt geboten und die braucht Zeit. Zeit, die vergeht, bis die Unternehmen ihre neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge gemeldet haben. Es ist also nicht so, dass mit dem 1. September die Klappe fällt und alle Eintragungsnummern vergeben sind.
So ein Start ins neue Ausbildungsjahr ist also wie alles im Leben ein dynamischer Prozess, der sich mitunter bis tief in den Herbst zieht. Da fallen die Blätter schon von den Bäumen – und gegen alle Erwartungen hat sich dann doch noch ein Azubi für die freie Stelle gefunden.
Da die Eintragung des Ausbildungsvertrags der Nährboden für die IHK-Ausbildungsstatistik ist, kann sie also noch nicht am 1. September fix und fertig sein, weil siehe oben.
Tut uns leid, aber immerhin ist bisher noch kein Ausbildungsvertrag verloren gegangen, und alle Azubis haben auch ihre Nummer bekommen. Wenn das nicht beruhigend ist.
Andreas Lukesch
Leiter Marketing & Kommunikation und Pressesprecher