27.03.2024

Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum Wachstumschancengesetz von Bundestag und Bundesrat bestätigt

Das Wachstumschancengesetz (WtcG) wurde - in seiner stark gekürzten Fassung mit Entlastung der Wirtschaft von 3,2 Milliarden Euro - am 21. Februar 2024 vom Bundestag mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen beschlossen. In seiner mit Spannung erwarteten Sitzung am 22. März 2024 stimmte nun auch der Bundesrat dem Gesetzespaket zu.

Gesetzgeberische Ziele

Mit dem "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" - kurz " Wachstumschancengesetz oder WtcG " - soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert werden. Außerdem sollen Impulse gesetzt werden, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können. Dies ist laut der Begründung des Gesetzentwurfs wichtig, um die Transformation der Wirtschaft zu begleiten sowie die Wettbewerbsfähigkeit, die Wachstumschancen und den Standort Deutschland zu stärken.
Daneben soll das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfacht werden und soll die Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie entlasten. Darüber hinaus soll das Steuerrecht im Rahmen des im Koalitionsvertrag Vereinbarten weiter modernisiert werden.

Verfahrensverlauf

Der Bundestag hatte die ursprüngliche Fassung des WtcG (7 Milliarden Entlastung der Wirtschaft) bereits am 17. November 2023 beschlossen. Allerdings hat der Bundesrat dem Gesetz nicht zugestimmt und am 24. November 2023 den Vermittlungsausschuss (VA) angerufen. Dieser hat sich am 21. Februar 2024 mit dem WtcG befasst und mit den Stimmen der Ampel-Mehrheit ein Verhandlungsergebnis zu einem stark abgespeckten WtcG (nur noch 3,2 statt 7 Milliarden Euro Entlastungsvolumen) angenommen. Die Mehrheit wird auch als „unechte“ Mehrheit bezeichnet, weil sich die unionsgeführten Länder enthalten haben. Die Abstimmung im Bundesrat am 22. März 2024 konnte daher anders aussehen und war mit Spannung erwartet worden.

Forderung der Union

Die Union machte ihre Zustimmung zum WtcG von der Rücknahme einer Maßnahme abhängig, die gar nicht in diesem Gesetzespaket enthalten war: die Abschaffung der Regelung zum Agrardiesel. (Die Vergütung beträgt 21,48 Cent/Liter bei Dieselöl. Das ist die Differenz des Steuersatzes für Agrardiesel (25,56 Cent/Liter) zum vollen Steuersatz (47,04 Cent/Liter). Die Steuerentlastung nach § 57 Energiesteuergesetz (Begünstigung von Dieselkraftstoff für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, sogenannter Agrardiesel) läuft schrittweise aus. Im Jahr 2024 erfolgt eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 Prozent. In den Jahren 2025 und 2026 wird jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, sodass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolgt (BMF-Monatsbericht Februar 2024)).
Die jetzt im Bundesrat erzielte Zustimmung zum WtcG geht offenbar auf Zugeständnisse der Regierungskoalition für die Landwirtschaft zurück.
Nach der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten dürfte das Gesetz zeitnah im Bundesgesetzblatt verkündet werden.

Überblick der Änderungen und Neuregelungen

Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die Maßnahmen des beschlossenen WtcG:
Dienstwagenbesteuerung
Das Reichweitekriterium bei der Dienstwagenbesteuerung der Hybridelektrofahrzeuge soll erhalten bleiben.
Der Höchstbetrag des Bruttolistenpreises für die Viertelung der Bemessungsgrundlage bei E-Fahrzeugen im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung soll auf 70.000 Euro (ab. 1. Januar 2024) angehoben werden. 
Abschaffung der sog. Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren
Die Abschaffung der Fünftelungsregelung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren soll umgesetzt werden, allerdings – wie von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft vorgeschlagen – nicht rückwirkend, sondern zum 1. Januar 2025.
Anhebung des Pauschbetrages für Berufskraftfahrer
Die Anhebung des Pauschbetrages für Berufskraftfahrer auf 9 Euro soll umgesetzt werden.
Abfragemöglichkeit bezüglich der Identifikationsnummer von Beschäftigten
Die Abfragemöglichkeit für den Arbeitgeber zur Mitteilung der steuerlichen Identifikationsnummer von Beschäftigten durch das Finanzamt soll – wie bereits vom Bundesrat vorgeschlagen – eingeführt werden.
Digitales Verfahren zur Ermittlung der Elterneigenschaft sowie der Kinderanzahl im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung
Es wird ein digitales Verfahren (ab 1. Juli 2025) zur Ermittlung der Elterneigenschaft sowie der Kinderanzahl im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung eingeführt und Folgeänderungen im Lohnsteuerabzugsverfahren werden vorgenommen.
Neuregelung zur Besteuerung von Tätigkeiten im ausländischen Homeoffice
Um für die bestehende und für zukünftige entsprechende DBA-Regelungen das bestehende Hindernis des Fehlens einer umfassenden beschränkten Steuerpflicht zu beheben, wird das Einkommensteuerrecht ergänzt. Die nichtselbstständige Arbeit gilt daher als im Inland ausgeübt oder verwertet, soweit die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübt wird und ein mit dem Ansässigkeitsstaat abgeschlossenes DBA oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung für diese im Ansässigkeitsstaat oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübte Tätigkeit Deutschland ein Besteuerungsrecht zuweist.
Degressive Abschreibung
Ursprünglich 25 Prozent nun 20 Prozent / nur für 9 Monate (April bis Dezember 2024).
Verlustvortrag
Grenze der Mindestgewinnbesteuerung 70 Prozent für vier Jahre – ohne Gewerbesteuer.
Thesaurierungsbegünstigung
Verbesserungen bei Berücksichtigung gezahlter Ertragsteuern.
Degressive Gebäude-AfA
5 Prozent
Investitionsabzugsbetrag § 7g EStG
Sonderabschreibung i.H.v. 40 Prozent (ursprünglich 50 Prozent).
Forschungszulage
Erhöhung der maximalen Bemessungsgrundlage von 4 auf 10 Millionen Euro.
Elektronische Rechnungsstellung in der Umsatzsteuer
Die auf das Inland beschränkte verpflichtende elektronische Rechnungsstellung im B2B-Bereich soll zum 1. Januar 2025 eingeführt werden. Für die Ausstellung von elektronischen Rechnungen ist eine Übergangsregelung enthalten.
Ausweitung Ist-Versteuerung
Die Grenze für die Anwendung der umsatzsteuerlichen Ist-Versteuerung soll von 600.000 Euro auf 800.000 Euro angehoben werden.
Nichtbeanstandungsregelung §13b UStG
Vereinfachungsregelung bei fälschlicher Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers.
Befreiung von USt-Voranmeldungen
Anhebung der Grenze zur Befreiung von der Abgabe vierteljährlicher USt-Voranmeldungen von 1.000 Euro auf 2.000 Euro; soll für Besteuerungszeiträume gelten, die nach dem 31. Dezember 2023 enden.
Verzicht auf USt-Erklärung von Kleinunternehmern
Kleinunternehmer müssen künftig keine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben; soll für Besteuerungszeiträume gelten, die nach dem 31. Dezember 2023 enden.
Nachfolgende Tabelle über die im Vergleich zum ursprünglichen Regierungsentwurf vom 17.11.2023 gestrichenen Maßnahmen:
Klimaschutzprämie
Die geplante Prämie für Investitionen in Klimaschutz soll nicht eingeführt werden.
Anhebung des Freibetrags für
Betriebsveranstaltungen
Die Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen von 110 Euro auf 150 Euro soll nicht umgesetzt werden.
Verpflegungsmehraufwand bei Arbeitnehmern
Die Anhebung der Verpflegungspauschalen soll nicht umgesetzt werden.
GWG-Grenze
Die Anhebung der GWG-Grenze auf 1.000 € und die Verbesserung der Pool-Abschreibung (bisher geplante Grenze von 5.000 €, drei Jahre) wurde nicht umgesetzt.
Verlustrücktrag
Die Erweiterung des Verlustrücktrags für 3 Jahre (statt bisher 2 Jahre) wurde gestrichen.
Vorzeitige Anhebung des USt-Satzes bei Gas-/Fernwärmelieferungen
Die Änderung wird nicht umgesetzt; der ermäßigte USt-Satz gilt bis Ende März 2024.
Mitteilungspflichten
Keine Meldepflicht innerstaatlicher Steuergestaltungen, voraussichtlich keine Umsetzung in anderen Steuergesetzen bis Ende Legislaturperiode.
Aus dem Steuer-Newsletter der DIHK (Ausgabe Nr. 3/2024)