Steuern

Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer für Existenzgründer

Jede Warenlieferung und Dienstleistung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, unterliegt der Umsatzsteuer. Ebenso sind die Einfuhr bzw. der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Inland gegen Entgelt sowie die Entnahme von Waren und Dienstleistungen aus dem Unternehmen für nicht unternehmerische Zwecke der Umsatzsteuer (USt; Mehrwertsteuer) zu unterwerfen, soweit nicht besondere Befreiungsvorschriften anzuwenden sind. Einzelheiten regelt das Umsatzsteuergesetz (UStG).

1. Wie hoch ist der Steuersatz/Bemessungsgrundlage der Steuer?

Der Regelsteuersatz ist in § 12 UStG geregelt und beträgt seit dem 1.1.2007 19 Prozent.
Der ermäßigte Umsatzsteuersatz beträgt 7 Prozent (Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände). Er gilt für die Lieferung, Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb praktisch aller Lebensmittel – ausgenommen Getränke und Gaststättenumsätze - , für die meisten land- und forstwirtschaftlichen Produkte, Bücher, Broschüren, Kunstgegenstände und eine Reihe weiterer Waren und bestimmte Dienstleistungen, wie zum Beispiel Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte, Kinos und Museen.
Hinweis: Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurden für den Zeitraum vom 1.7. bis zum 31.12.2020 der Regelsteuersatz auf 16 Prozent und der ermäßigte Umsatzsteuersatz auf 5 Prozent reduziert. Für Speisen in der Gastronomie gilt ab dem 1.7.2020 befristet bis zum 31.12.2022 (durch das Corona-Steuerhilfegesetz III und erneut durch das Achte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen verlängert) der ermäßigte Umsatzsteuersatz, also bis zum 31.12.2020 i.H.v. 5 Prozent und vom 1.1.2021 bis zum 31.12.2023 i.H.v. 7 Prozent. Ab dem 1.1.2024 gilt in der Gastronomie auch für die Abgabe von Speisen wider der Regelsteuersatz in Höhe von 19 Prozent.
Werden Gegenstände geliefert, die in der obengenannten Liste nicht enthalten sind, ist grundsätzlich der Regelsteuersatz anzuwenden. Das BMF-Schreiben vom 5. August 2004 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1379 KB) (Dokument-Nr. 47025) führt auf 140 Seiten Einzelheiten zu der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände aus.
Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist der Netto-Rechnungsbetrag. Abweichend davon kann unter den Voraussetzungen des § 25a UStG für die Umsatzsteuer die Differenzbesteuerung angewandt werden: In diesem Fall ist Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer der Unterschiedsbetrag zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis der Ware. Die Differenzbesteuerung kommt in Betracht für Wederverkäufer (gewerbsmäßiger Handel mit körperlichen Gegenständen) in Bezug auf Gegenstände, die an den Widerverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert werden, wenn für die Lieferung an den Wiederverkäufer keine Umsatzsteuer geschuldet war oder die Differenzbesteuerung vorgenommen worden ist (praktische Relevanz insbesondere für den Handel mit Second Hand-Waren).

2. Die Rechnung

Werden für einen anderen Unternehmer im Inland steuerpflichtige Lieferungen oder Leistungen erbracht, so wird darüber eine Rechnung (Dokument-Nr. 27020) erstellt, die nach § 14 Abs. 4 UStG in Verbindung mit § 14a UStG folgende Angaben enthalten muss:
Rechnungsangaben
Vollständiger Name und Anschrift von Leistendem und Leistungsempfänger
Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer des leistenden Unternehmers
Ausstellungsdatum
Fortlaufende Rechnungsnummer
Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung
Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistung
Nach Steuersätzen und -befreiungen aufgeschlüsseltes Entgelt
Im Voraus vereinbarte Minderungen des Entgelts
Entgelt und hierauf entfallenden Steuerbetrag sowie Hinweis auf Steuerbefreiung
Bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht von 2 Jahren, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer ist oder Unternehmer ist, aber die Leistung für seinen nicht-unternehmerischen Bereich verwendet.
Bei Kleinbetragsrechnungen bis brutto Euro 250 müssen der Steuerbetrag, das Nettoentgelt und die Steuernummer nicht gesondert in der Rechnung ausgewiesen werden; es genügt die Angabe des Steuersatzes und des Bruttoentgelts.

3. Der Vorsteuer-Abzug

Gegenüber dem Finanzamt kann der Unternehmer die Umsatzsteuerbeträge, die ihm von anderen Unternehmen in Rechnung gestellt wurden, von seiner eigenen Umsatzsteuerschuld als sogenannte Vorsteuer abziehen, wenn er die Voraussetzungen für den Vorsteuer-Abzug erfüllt.
Beispiel:
Monatliche Angabe
Umsatz in Euro
Umsatzsteuer in Euro
Umsatz des
Unternehmens
100.000,00
19.000,00
Wareneingang
75.000,00
./. 14.250,00
Zahllast Finanzamt
4.750,00
Der Unternehmer hat den Umsatzsteuer-Betrag, den er an das Finanzamt abzuführen hat (Zahllast), selbst zu berechnen sowie dem Finanzamt bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums eine Umsatzsteuer-Voranmeldung auf elektronischem Weg zu übermitteln und durch Zahlung auszugleichen.

4. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung

Je nach Steuerschuld gelten - außer für Existenzgründer - seit dem 1.1.2009 folgende Erklärungs- und Zahlungsfristen:
Fristen zu entrichtende Umsatzsteuer im Vorjahr Euro
vierteljährlich
bei Steuerschuld nicht mehr als
7.500,00
monatlich
bei Steuerschuld über
7.500,00
monatlich
bei Vorsteuer-Überschuss für das vergangene Kalenderjahr von über (Wahlrecht des Steuerpflichtigen zur Vermeidung von finanziellen Härten, die aus einer vierteljährlichen (also späteren) Erstattung von Vorsteuern resultieren könnten
7.500,00
jährlich
bei Steuerschuld nicht mehr als
1.000,00
Seit 2002 müssen Unternehmensgründer, soweit sie nicht Kleinunternehmer sind, in den ersten zwei Kalenderjahren die Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich abgeben und durch Zahlung begleichen. Die Erstattung von Vorsteuerüberhängen kann die Finanzverwaltung von einer Sicherheitsleistung (Dokument-Nr. 18762) abhängig machen.
Beispiel:
Gründung im Februar 2018
monatliche Voranmeldung bis einschließlich Dezember 2019
Gründung im Dezember 2018
monatliche Voranmeldung bis einschließlich Dezember 2019
Hinweis: Die Verpflichtung zur monatlichen Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Neugründer
ist gemäß § 18 Abs. 2 S. 6 UStG vom 1.1.2021 bis zum 31.12.2026 ausgesetzt. Der Voranmeldungszeitraum wird in diesen Kalenderjahren nach den allgemeinen Regelungen ermittelt. Dabei ist im Jahr des Beginns der unternehmerischen Tätigkeit die voraussichtliche Umsatzsteuer entscheidend. Im Folgejahr wird die im Vorjahr zu entrichtende Umsatzsteuer in eine Jahressteuer umgerechnet (hochgerechnet), wenn der Unternehmer nur in einem Teil des Vorjahres tätig war.
Elektronische Umsatzsteuervoranmeldung:
Die Umsatzsteuervoranmeldung muss nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck auf elektronischem Weg (ELSTER) nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung übermittelt werden. Seit 1. Januar 2013 muss die elektronische Übermittlung authentifiziert sein. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserem Merkblatt "Elektronische Übermittlung der Lohnsteuer-Anmeldung und Umsatzsteuervoranmeldung", Dokument-Nr. 28399.
Fristverlängerung für die Umsatzsteuer-Voranmeldung
Auf Antrag kann das Finanzamt für die Abgabe der monatlichen und vierteljährlichen Voranmeldungen eine Dauerfristverlängerung von einem Monat gewähren. Bei der monatlichen (nicht jedoch der vierteljährlichen) Fristverlängerung ist eine Sondervorauszahlung zu leisten, die jährlich mit der Umsatzsteuerschuld verrechnet wird. Die Sonderzahlung beträgt 1/11 der Umsatzsteuer-Vorauszahlung des Vorjahres.

5. Vereinbarte oder vereinnahmte Entgelte?

Die Umsatzsteuer-Zahllast gegenüber dem Finanzamt hat der Unternehmer im Regelfall nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) zu berechnen. Danach entsteht die Umsatzsteuer grundsätzlich in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Dies kann vor Rechnungserteilung und der Bezahlung sein. Vorsteuern werden grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum berücksichtigt, in dem die Eingangsrechnung vorliegt.
Auf Antrag kann das Finanzamt jedoch gestatten, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) nach § 20 UStG abführt. Hier entsteht die Umsatzsteuer regelmäßig mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Bezahlung. Vorsteuern werden grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum berücksichtigt, in dem die Eingangsrechnung vorliegt, auch wenn die Bezahlung noch nicht erfolgt ist. Voraussetzungen für die Ist-Besteuerung sind alternativ:
  • Der Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG hat im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen oder
  • der Steuerpflichtige ist nach § 148 Abgabenordnung von der Verpflichtung zur Führung von Büchern und der Aufstellung von Abschlüssen befreit oder
  • der Steuerpflichtige führt Umsätze als Angehörige eines freien Berufs im Sinne von § 18 EStG aus.

6. Der Kleinunternehmer

Von Kleinunternehmern wird die Umsatzsteuer nicht erhoben. Der Kleinunternehmerstatus setzt voraus, dass der Umsatz gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Lieferungen und Leistungen im Inland im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro (bis 31.12.2019: 17.500 Euro) nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen wird. Im Jahr des Tätigkeitsbeginn ist der Kleinunternehmerstatus gegeben, wenn der Umsatz in diesem Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 22.000 Euro betragen wird. Hat der Unternehmer seine Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt (z.B. im Jahr des Tätigkeitsbeginns), ist der Umsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen und der so ermittelte Jahresumsatz für die Beurteilung zugrunde zu legen.
Zur Ermittlung des Umsatzes hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Schreiben vom 16. Juni 2009 und in Ziffer 19.3 Abs. 1 UStAE (Dokument-Nr. 53929) festgelegt, dass bei der Ermittlung des Umsatzes in den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG sowie der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht länger auf den Differenzbetrag, sondern auf die vereinnahmten Entgelte abgestellt wird.
Kleinunternehmer dürfen keinen gesonderten Steuerausweis in der Rechnung vornehmen. Kleinunternehmer haben jedoch auch keinen Vorsteuerabzug.
Der Steuerpflichtige kann nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Besteuerung als Kleinunternehmer verzichten. Die Erklärung bindet den Unternehmen für fünf Jahre. Diese Entscheidung kann sich anbieten bei relevanten Vorsteuerbeträgen oder -überhängen und wenn der Markt bzw. die Wettbewerbssituation es erlaubt, Umsatzsteuern in Rechnung zu stellen.
Die Steuer für die Einfuhr von Gegenständen aus Drittländern und für den innergemeinschaftlichen Erwerb aus EU-Ländern hat der Kleinunternehmer hingegen stets abzuführen.
Eine Beispielsrechnung eines umsatzsteuerlichen Kleinunternehmers (Dokument-Nr. 27174) ist hier verlinkt.
Auch ein Kleinmunternehmer muss für die von ihm ausgeführten steuerbaren Umsätze Rechnungen auszustellen. In der Rechnung eines umsatzsteuerlichen Kleinunternehmers nach § 19 UStG, die einen Gesamtbetrag von mehr als 250,00 Euro (Grenze der Kleinbetragsrechnung) ausweist, sind nach § 14 Abs. 4 UStG folgende Rechnungsangaben verpflichtend.
  • vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers
  • vollständiger Name und Anschrift des Leistungsempfängers
  • Steuernummer
  • fortlaufende Rechnungsnummer
  • Rechnungsdatum
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung
  • Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung
  • Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung
  • Bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht von 2 Jahren, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer ist oder Unternehmer ist, aber die Leistung für seinen nicht-unternehmerischen Bereich verwendet
Bei Kleinunternehmern ist ein Hinweis „Umsatzsteuer wird nicht erhoben, da Kleinunternehmer nach § 19 UStG Abs. 1” nicht erforderlich, aber empfehlenswert.
Beispiele für die Beurteilung des Kleinunternehmerstatus anhand des Umsatzes:
Im Gründungsjahr wird, wie bereits eingangs dargestellt, der tatsächliche Gesamtumsatz, soweit der Unternehmer nur in einem Teil des Kalenderjahres tätig war, in einen Jahresgesamtumsatz umgerechnet; entscheidend ist im Gründungsjahr/Jahr des Beginns der Tätigkeit jedoch die Umsatzgrenze von 22.000 Euro und nicht die von 50.000,00 €.
Beispiel:
Ein Existenzgründer gründet am 1.2.2020 sein Unternehmen und erzielt einen Umsatz (incl, der darauf entfallenden Umsatzsteuer) von 18.000 Euro im Jahr 2020. Damit hat er 19.635 Euro für das Kalenderjahr 2020 (umgerechnet auf 12 Monate) erzielt und liegt damit unter der Grenze von 22.000 Euro im Jahr des Tätigkeitsbeginns. Im Jahr 2021 erzielt er einen Umsatz von 32.000 Euro, also nicht über 50.000 Euro. Damit ist er umsatzsteuerlich weiterhin Kleinunternehmer. Im Jahr 2022 erzielt er einen Umsatz von 38.000 Euro. Damit liegt er zwar unter der Grenze von 50.000 Euro, aber er hatte bereits im Vorjahr (2021) die Umsatzgrenze von 22.000 Euro überschritten und seine Umsätze werden nunmehr im Jahr 2022 besteuert (Verlust des Kleinunternehmer-Status).
Überschreitet der Unternehmer während des Kalenderjahres die Kleinunternehmergrenze von 22.000 Euro, so muss er im darauf folgenden Kalenderjahr die Regelbesteuerung anwenden.
Beispiel:
Ein Existenzgründer, der im Kalenderjahr 2020 die Kleinunternehmergrenze von 22.000 Euro nicht überschreitet und im Kalenderjahr 2021 beispielsweise einen Umsatz von 40.000 Euro erzielt und damit die Umsatzsteuergrenze von 50.000 Euro nicht überschreitet, ist in den Jahr 2020 und 2021 Kleinunternehmer. Da er aber in 2021 (Vorjahr) die Umsatzgrenze von 22.000 Euro überschreitet, verliert er im Jahr 2022 den Status als Kleinunternehmer und muss in 2022 die Regelbesteuerung anwenden.
Der Unternehmer kann, wie bereits eingangs erwähnt, nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Steuerbefreiung als Kleinunternehmer auf Antrag gegenüber dem Finanzamt verzichten. Er unterliegt damit der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes. Die Erklärung kann er bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung abgeben. Die Erklärung gilt vom Beginn des Kalenderjahres an, für das der Unternehmer sie abgegeben hat. Beginnt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit während des Kalenderjahres, gilt die Erklärung von Beginn dieser Tätigkeit an. Für die Erklärung gegenüber dem Finanzamt ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Berechnet der Unternehmer in den Voranmeldungen oder in der Steuererklärung für das Kalenderjahr die Steuer nach den allgemeinen Vorschriften des UStG, liegt darin grundsätzlich eine entsprechende Verzichtserklärung.
Der Unternehmer ist dann jedoch 5 Kalenderjahre an den Verzicht auf die Steuerbefreiung gebunden. Nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann der Unternehmer die Erklärung jederzeit mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung kann z.B. dann sinnvoll sein,
  • wenn es sich bei dem Kundenkreis überwiegend um Unternehmer handelt, die Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis verlangen oder
  • wenn aufgrund erheblicher Gründungsinvestitionen der Vorsteuer-Abzug genutzt werden soll.
Für Kleinunternehmer gibt es gemäß § 1a Abs. 4 UStG die Möglichkeit, bei Erwerben aus EU-Mitgliedstaaten die Erwerbsbesteuerung zu wählen, auch wenn sie unter der Erwerbsschwelle nach § 1a Abs. 3 Nr.2 UStG (12.500 Euro im Kalenderjahr) bleiben und daher grundsätzlich nicht der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs unterliegen. Dabei können Sie den Kleinunternehmerstatus behalten. Sie müssen nur ihr Finanzamt hierüber informieren und eine Umsatzsteueridentifikationsnummer (§ 27 a Abs. 1 UStG) beantragen. Umsatzsteuerliche Kleinunternehmer, die über eine Umsatzsteueridentifikationsnummer verfügen und in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung innergemeinschaftliche Erwerbe erklären, erklären damit in der Regel schlüssig, die Erwerbsbesteuerung zu nutzen; eine vorherige Rücksprache mit dem zuständigen Finanzamt ist jedoch empfehlenswert. Für die innergemeinschaftlichen Erwerbe sind sie dann 2 Jahre an die eigene Erwerbsbesteuerung gebunden. Die Umsatzsteuererklärung für die innergemeinschaftlichen Erwerbe muss nach § 18 Abs. 4a UStG (Voranmeldung und Steuererklärung) vorgenommen werden. Entsprechend beantragen Kleinunternehmer eine Umsatzsteueridentifikationsnummer, wenn sie Leistungen von ausländischen Unternehmen (Dokument-Nr. 48236) beziehen und hierfür die Steuerschuldnerschaft auf sie als Leistungsempfänger (§ 13b UStG) übergeht. Hinweis: Der Kleinunternehmer ist für Umsatzsteuern, die er für einen innergemeinschaftlichen Erwerb oder im Rahmen eines Reverse Charge nach § 13b UStG entrichtet, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Für Lieferungen durch Kleinunternehmer an Kunden in anderen EU-Mitgliedstaaten ist zu beachten:
B2B-Lieferungen: Kleinunternehmen weise keine keine Umsatzsteuer in ihren Rechnungen aus. Innergemeinschaftliche Lieferungen von Kleinunternehmern sind nicht steuerbefreit nach § 4 Nr. 1b) UStG, vgl. § 19 Abs. 1 UStG, mit der Folge, dass der Erwerber im anderen Mitgliedstaat keinen innergemeinschaftlichen Erwerb realisiert. Der Kleinunternehmer führt daher im gesamten Gemeinschaftsgebiet seine Leistungen ohne Umsatzsteuer aus. Etwas anderes gilt nur bei der Lieferung von Neuwagen: Hier wird grundsätzlich ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Bestimmungsland besteuert, auch wenn die Lieferung durch einen Kleinunternehmen (oder eine Privatperson) erfolgt.
B2C-Lieferungen: Es handelt sich um innergemeinschaftlichen Fernverkauf, bei dem der Leistungsort im Bestimmungsland liegt. Dementsprechend wird kein umsatzsteuerbarer Tatbestand im Inland bewirkt und im Inland keine Umsatzsteuer geschuldet. Diese Umsätze werden daher auch nicht bei der Berechnung der in § 19 Abs. 1 UStG genannten Umsatzschwellen für Kleinunternehmer angesetzt. Der Kleinunternehmer ist mit der Lieferung grundsätzlich im Bestimmungsland steuerpflichtig und muss prüfen, ob er dort ebenfalls Kleinunternehmer ist und die Umsatzsteuer nicht von ihm erhoben wird. Die vorstehenden Ausführungen gelten indes nur, wenn der Kleinunternehmer mit Umsätzen im Rahmen des innergemeinschaftlichen Fernverkaufs die Lieferschwelle von 10.000 Euro im (vorangegangenen und laufenden) Kalenderjahr nicht überschreitet. Überschreiten seine Umsätze die Lieferschwelle nicht, liegt eine Lieferung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Inland vor, für die dieselben Regelungen wie bei einem reinen Inlandssachverhalt (ohne Berührung mit einem anderen EU-Mitgliedstaat) gelten.
Hinweis: Weitere Informationen hierzu finden Sie auf unserem Merkblatt “Kleinunternehmerregelung in den EU-Mitgliedstaaten”.

7. Umsatzsteuerheft für das Ambulante Gewerbe

Unternehmer, die ihre Waren in Deutschland auf Märkten, auf öffentlichen Straßen oder von Haus zu Haus verkaufen, also ein Reisegewerbe bzw. ein sogenanntes Ambulantes Gewerbe (vgl. § 22 Abs. 5 Umsatzsteuergesetz - UStG) betreiben, sind in der Regel verpflichtet, ein Umsatzsteuerheft (Dokument-Nr. 28802) nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen und darin Ihre Umsätze und Vorsteuern aufzuzeichnen.

8. Aufzeichnungspflichten

Für Umsatzsteuerzwecke sind vorgeschriebene laufende Aufzeichnungen zu führen. Die einzelnen Unterlagen sowie die geltenden Aufbewahrungsfristen finden Sie in dem Merkblatt "Aufbewahrungsfristen von Geschäftsunterlagen". Insbesondere Rechnungen bzw. Rechnungskopien sind als Buchungsbelege zehn Jahre aufzubewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Abgabenordnung). Die Zehnjahresfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Darüber hinaus sind vor allem für den Waren- und Dienstleistungsverkehr mit den EU-Staaten und Drittstaaten (d.h. nicht EU-Staaten) zahlreiche besondere Vorschriften, auch hinsichtlich der Ausfuhrnachweise zu beachten.

9. Handelsumsätze innerhalb der EU

Bei Verkäufen innerhalb der EU wird unterschieden zwischen Verkäufen an Privatpersonen und gewerblichem Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Unternehmern:
  • Bei grenzüberschreitenden Verkäufen an Privatpersonen innerhalb der EU gilt das „Ursprungslandprinzip”. EU-Kunden, die in Deutschland Produkte kaufen (ausgenommen neue Kraftfahrzeuge und verbrauchssteuerpflichtige Waren) werden mit deutscher Umsatzsteuer belastet. Eine Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Lieferungen an Privatpersonen ist nur noch bei der Ausfuhr von Gegenständen in Drittstaaten möglich. Dies gilt nicht für Fernverkäufe (Bis zum 31.6.2021 “Versandhandel”). Überschreiten hier die Lieferungen und sonstigen Leistungen eines Lieferanten an Privatpersonen in die EU die Lieferschwelle von 10.000 Euro, so muss sich der Lieferer in dem anderen EU-Staat umsatzsteuerlich registrieren lassen und in seinen Fernverkaufsrechnungen den Steuersatz des anderen EU-Mitgliedsstaates angeben. Die umsatzsteuerliche Registrierung kann jedoch unterbleiben, wenn der Lieferer den sog. One-Stop-Shop (= Bundeszentralamt für Steuern, BzSt) nutzt und seine Umsätze mit Privatpersonen innerhalb der EU dort zentral erklärt und die sich aus der Erklärung ergebende Umsatzsteuer abführt. Weitere Informationen zur seit dem 1.7.2021 möglichen Nutzung des One-Stop-Shops (OSS) finden Sie auf unserem Merkblatt “Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie für Fernverkäufe und Online-Marktplätze”.
  • Im grenzüberschreitenden gewerblichen Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Unternehmern gilt weiterhin das „Bestimmungslandprinzip”. Lieferungen eines deutschen Unternehmers an einen Unternehmer in einem anderen EU-Mitgliedsstaat sind von der deutschen Umsatzsteuer befreit. Für den empfangenden Unternehmer fällt die in seinem Land geltende Umsatzsteuer (sog. Erwerbssteuer) an. In der Rechnung müssen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Dokument-Nr. 5209) des leistenden und des empfangenden Unternehmers angegeben werden. Der Vorsteuerabzug ergibt sich wie bisher nach den jeweils geltenden steuerlichen Regelungen. Die Lieferung von Waren eines deutschen Unternehmers in einen anderen EU-Mitgliedsstaat wird damit vollständig von deutscher Umsatzsteuer entlastet. Ist der deutsche Unternehmer beispielsweise Empfänger einer Lieferung aus einem anderen EU-Land, so muss er die Umsatzsteuer auf diesen innergemeinschaftlichen Erwerb in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung gesondert ausweisen und abführen; er darf den Betrag jedoch gleichzeitig gesondert als Vorsteuer geltend machen, d.h. verrechnen, wenn er vorsteuerabzugsberechtigt ist.

10. Außenhandel mit Unternehmen in Drittstaaten

Bei der Wareneinfuhr aus Drittstaaten wird in Deutschland Einfuhr-Umsatzsteuer erhoben; es gelten die deutschen Steuersätze von 19% bzw. 7%. Die Einfuhr-Umsatzsteuer hat der deutsche Unternehmer an die zuständigen Zollbehörden zu zahlen, wenn er und nicht der Lieferer die Freimachung der Ware für den inländischen Verkehr übernimmt; er kann die Einfuhrumsatzsteuer danach, Vorsteuerabzugsberechtigung vorausgesetzt, wie eine Vorsteuer von seiner Umsatzsteuerschuld abziehen. Lieferungen an Unternehmer in Drittländer sind im Regelfall in Deutschland steuerfrei; es sind vom deutschen Unternehmer jedoch besondere Vorschriften zu Ausfuhrnachweisen und sonstige buchmäßige Nachweise bei Ausfuhrlieferungen zu beachten. Dem deutschen Unternehmer steht in diesem Fall, soweit er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, der deutsche Vorsteuerabzug aus Vorleistungen zu. Auch Ausfuhren werden damit vollständig von der deutschen Umsatzsteuer entlastet.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die für Ihr Unternehmen zuständige IHK. Welche IHK für Ihr Unternehmen zuständig ist, können Sie einfach über den IHK-Finder ermitteln.
Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen. Bitte wenden Sie sich im Zweifelsfall an das für Sie zuständige Finanzamt.
Stand: November 2023