Fairer Handel braucht faire Regeln

Der Einzelhandel in Deutschland befindet sich in einer Phase beispielloser Veränderungen. Rasante technologische Entwicklungen, sich wandelnde Konsumgewohnheiten, eine zunehmende Präsenz von Drittstaatenhändlern sowie wachsende bürokratische Belastungen fordern die Branche deutlich heraus. Gleichzeitig haben die Unternehmen mit hohen Energiekosten und einem Mangel an Fachkräften zu kämpfen.

Hybride Strategien

Gemeinsam mit ibi research hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) die aktuellen Entwicklungen sowie daraus resultierende Chancen und Risiken untersucht. Die daraus entstandene Studie nimmt diese Herausforderungen in den Fokus und beleuchtet die zentralen Themen der Einzelhandelsbranche. Der Einzelhandel sieht sich immer häufiger mit der Aufgabe konfrontiert, hybride Vertriebsstrategien zu entwickeln, die digitale Innovationen und analoge Kundenerwartungen gleichermaßen integrieren. Stationäre Geschäfte werden weiterhin als zentrale Orte der Begegnung und des Einkaufs geschätzt, während soziale Medien zunehmend zur Kundenbindung und Neukundengewinnung genutzt werden. Gleichzeitig erfordert die fortschreitende Digitalisierung effiziente Lösungen, um Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dabei spielt auch das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle, denn Cyberangriffe, Diebstähle und Kriminalität vor Ort nehmen zu.

Vielfältige Herausforderungen

Zusätzlich belastet eine enorm angewachsene Bürokratie vor allem KMU. Die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes wird ausgebremst. Hinzu kommt die Konkurrenz durch außereuropäische Online-Marktplätze. Während deutsche Einzelhändler strengen europäischen Regulierungen unterliegen, richten sich einige außereuropäische Online-Marktplätze nicht an die in Europa geltenden Standards und Vorgaben und vermeiden dadurch erhebliche Kosten. Ein weiteres zentrales Thema ist die Nachhaltigkeit. Kunden erwarten zunehmend, dass Händler Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Einzelhändler bereits aus eigener Überzeugung Nachhaltigkeitskonzepte in ihre Geschäftsprozesse einbinden – sei es durch ein umweltfreundliches Produktsortiment, ressourcenschonende Verpackungen oder durch gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz.

Innovative und flexible Lösungen

Auch langfristige Herausforderungen wie die Unternehmensnachfolge im inhabergeführten Einzelhandel wird vor dem Hintergrund des demografischen Wandels immer drängender. Die Hälfte der Traditionsunternehmen steht vor diesem entscheidenden Wandel. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Der deutsche Einzelhandel steht vor vielschichtigen Herausforderungen, die innovative und flexible Lösungen auch aus der Politik erfordern. Hybride Vertriebskanäle, Digitalisierung, nachhaltige Geschäftsmodelle und die Bewältigung bürokratischer Hürden sind entscheidende Faktoren für die Zukunftsfähigkeit der Branche. Dafür setzen wir uns als DIHK ein. Konkret fordern wir politische Maßnahmen, wie den Abbau von Bürokratie, eine einheitliche Durchsetzung europäischer Standards für deutsche als auch außereuropäische Händler, die Förderung von Cybersicherheits- und Sicherheitsmaßnahmen vor Ort sowie bessere Rahmenbedingungen für Unternehmensnachfolgen. Nur so können sich Unternehmen wieder stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und in ihre Zukunft investieren.
Nicole Schmitt-Felgenhauer
Geschäftsführerin