IHK-Digitalisierungsumfrage 2022

Digitalisierungsentwicklung der Berliner Wirtschaft 2022

Die Digitalisierungsumfrage der IHK Berlin erhebt jährlich den Digitalisierungsstand der Berliner Wirtschaft und die dringendsten politischen Handlungsbedarfe aus Sicht der Unternehmen. Im Zeitraum vom 7. November bis 2. Dezember 2022 beteiligten sich dabei 287 Berliner Unternehmen. Bei der Umfrage handelt es sich zusätzlich um eine bundesweite Befragung, die durch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erfolgt. Das Sonderthema war in diesem Jahr IT-Sicherheit.
Die ausführlichen Ergebnisse der IHK-Digitalisierungsumfrage 2022 sind in der Rubrik „Weitere Informationen“ einsehbar. Für einen Schnellüberblick der wichtigsten Ergebnisse steht zusätzlich eine Infografik bereit.
Hinweis: Die Berliner Umfrageergebnisse repräsentieren vor allem die Einschätzungen kleiner und mittlerer Unternehmen. Eine branchenspezifische Auswertung ist nicht möglich.

Selbsteinschätzung: Die Unternehmen stehen gut da – aber mit Luft nach oben

Wie schon im vergangenen Jahr schätzen die meisten Berliner Unternehmen den Stand der Digitalisierung in ihrem Betrieb als gut bis befriedigend ein. Mit einer Durchschnittsnote von 2,7 liegen sie damit auch 2022 leicht über dem Bundesschnitt von 2,9. Während bei der letzten Umfrage noch eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr festzustellen war (von 0,2 zu 2020), hat sich dieser Trend in 2022 nicht fortgesetzt.

Einsatz Digitaler Technologien: 5G-Campusnetze auf dem Vormarsch

Diese Plateaubildung lässt sich auch anhand der digitalen Technologien feststellen, die bei den Unternehmen aktuell im Einsatz bzw. in den nächsten Jahren geplant sind. Während bei den meisten der abgefragten Technologien keine merklichen Verschiebungen zum Vorjahr festzustellen waren, gab es nur bei dem Einsatz von 5G-Campusnetzen einen relativen Sprung nach vorn: Bei 7 Prozent der Unternehmen sind 5G-Campusnetze bereits im Betrieb (2021: 0,5 Prozent); weitere 8 Prozent planen den Einsatz in den nächsten drei Jahren. Cloud-Lösungen sind die mit Abstand am stärksten verbreitete Technologie und kommen in knapp Dreiviertel der Unternehmen zum Einsatz.
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Hauptmotive: Digitalisierung = Flexibilisierung

Für mittlerweile 74 Prozent (+16 Prozent) der Berliner Unternehmen ist die Flexibilisierung von Arbeitsmodellen und Unternehmensprozessen ein Hauptgrund für die Digitalisierung. Während die Neuentwicklung von Produkten im Vergleich zum letzten Jahr deutlich an Bedeutung einbüßt (31 Prozent; -14 Prozent), werden die Realisierung von Kostensenkungspotenzialen (42 Prozent; +9 Prozent) sowie die Kundenbindung (41 Prozent; +7 Prozent) als weitere Top-3 Hauptmotive für die Digitalisierung genannt.
Die Hauptgründe variieren dabei jedoch merklich je nach Digitalisierungsgrad der Unternehmen. Verglichen mit dem Durchschnitt sind für die „Vorreiter“ – sprich Unternehmen, die ihren Digitalisierungsgrad als ‚gut‘ oder ‚sehr gut‘ einschätzen – insbesondere auch die Neuentwicklung von Produkten (41 Prozent) sowie Strategische Überlegungen (37 Prozent) weitere Treiber für die Digitalisierung. Bei den weniger digitalisierten Unternehmen fallen Kostensenkungspotentiale deutlich stärker ins Gewicht (49 Prozent).
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Herausforderungen: Abhängigkeit, Zeitmangel und Kostenfragen

Die digitale Transformation stellt Unternehmen vor vielschichtige Herausforderungen. Die Abhängigkeit von einzelnen externen Lösungen und Anbietern (bspw. Microsoft) sowie fehlende zeitliche Ressourcen (je 35 Prozent) werden von den Unternehmen in diesem Jahr als die größten Herausforderungen bei der Digitalisierung gesehen, noch vor dem Kosten- und Investitionsaufwand (34 Prozent). Gut ein Fünftel der Unternehmen sieht zudem den Mangel an IT-Fachkräften als große Herausforderung.
Fehlende Fachkräfte werden darüber hinaus auch als eines der großen Hemmnisse für mehr Cybersicherheit in Unternehmen gesehen (39 Prozent). Außerdem bremsen insbesondere bei den weniger digitalisierten Unternehmen die fehlende Akzeptanz ihrer Mitarbeitenden und Kunden (32 Prozent) sowie die Komplexität der Umstellung (31 Prozent) die Digitalisierung.
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Digitale Kompetenzen: Grundsatzwissen sowie Kenntnisse zu Datenschutz und Datennutzung weiterentwickeln

Die Digitalisierung wird von Führungskräften und Mitarbeitenden gleichermaßen getragen und vorangetrieben. Dabei sehen die Berliner Unternehmen insbesondere Ausbaubedarf bei den grundsätzlichen digitalen Kompetenzen wie dem Verständnis digitaler Prozesse und Denkweisen (56 Prozent) sowie dem Umgang mit Technologien (47 Prozent). Daneben müssen nach Meinung der Unternehmen die Kenntnisse zu Datenschutz und IT-Sicherheit (44 Prozent) und Datenkompetenz (34 Prozent) ausgebaut werden. Rechtliche Unsicherheiten und der Datenschutz werden zudem als die mit Abstand größten Herausforderungen (55 Prozent) bei der Datennutzung in Unternehmen gesehen.
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IT-Sicherheitsmaßnahmen in Unternehmen: Kostenintensiv, aber dringend notwendig

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt in seinem aktuellen Lagebericht, die Cyber-Bedrohungslage sei „so hoch wie noch nie“. Viele Unternehmen setzen daher auf einen Mix aus strategischen, organisatorischen und technischen IT-Sicherheitsmaßnahmen. Während Back-Ups, Identitätsmanagement und laufende Sicherheitsupdates in den meisten Unternehmen zum Standardrepertoire gehören, sind die Anwendung von IT-Sicherheitsstandards (bspw. BSI Grundschutz), Notfallpläne und -handbücher, Penetrationstests oder Cyberversicherungen noch verhältnismäßig wenig verbreitet.
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Der Kostenaufwand für den laufenden Betrieb von IT-Sicherheitsmaßnahmen wird von über der Hälfte der Unternehmen (51 Prozent) als starker Hemmfaktor gesehen, gefolgt von fehlenden IT-Sicherheitsfachkräften (39 Prozent) und der Komplexität technisch-organisatorischer Prozessanpassungen (37 Prozent). Unternehmen wünschen sich daher von staatlicher Seite und IHKs vor allem Unterstützung bei rechtlichen Fragen wie beispielsweise Informationen zu gesetzlichen Sicherheits- und Datenschutzstandards oder bei Haftungsfragen in der Zusammenarbeit mit Lieferanten und Partnern. Daneben besteht Informations- und Beratungsbedarf bei der Suche nach vertrauenswürdigen IT-Dienstleistern, bei Risikoanalyen und Lagebildern und der Vorbeugung bzw. dem Umgang mit IT-Sicherheitsvorfällen.

Die Politik ist gefordert: Gestalten statt aufschieben!

Digitaler Fortschritt braucht eine funktionierende Verwaltung

Die Umfrageergebnisse sind ein Gradmesser für die Berliner Politik. Bei der digitalen Verfügbarkeit von Verwaltungsdienstleistungen geben die Unternehmen im Durschnitt die traurige Note 4,6. Das dringliche Anliegen, unternehmensbezogene Verfahren der Verwaltung zu digitalisieren und in einem Portal zusammenzufassen ist im Vergleich zu den Bundesergebnissen bei Berliner Unternehmen noch einmal deutlich ausgeprägter (42 Prozent gegenüber 30 Prozent). Zu lange wurden die offensichtlichen Probleme bei der Verwaltungsdigitalisierung aufgeschoben und nicht konsequent angegangen. Das kann sich die Politik nicht noch länger leisten – egal wie die anstehende Wahl ausgeht!

Glasfaseranschlussquote erhöhen; Open Source und Open Data fördern!

Bei der Umsetzung der Gigabitstrategie gibt es erkennbare Fortschritte, die auch bei den Umfrageergebnissen durchscheinen. Doch bis zu einer flächendeckenden Glasfaseranschlussquote ist es noch ein weiter Weg. Die Bereitstellung leistungsfähiger Breitbandinfrastruktur bleibt weiterhin die Kernforderung der Unternehmen an die Berliner Politik (53 Prozent; -9 Prozent). Aus den Umfrageergebnisse lässt sich außerdem ableiten, dass für Unternehmen die Themen Digitale Souveränität, IT-Sicherheit, Open Source und Open Data weiter an Bedeutung gewinnen. Die Landespolitik sollte daher bei den angekündigten Strategien zu Open Source und Open Data die Wirtschaft mit ins Boot holen und dabei helfen, die digitale Vorreiterrolle Berlins weiter auszubauen.
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Der Fachkräftemangel sowie die Qualitätssteigerung in der (digitalen) Aus-, Fort- und Weiterbildung sind weitere Großbaustellen, die Politik und Wirtschaft in der Hauptstadt gemeinsam meistern müssen. Aus diesem Grund wird die IHK in den nächsten Monaten gemeinsam mit dem Ehrenamt eine Digitaloffensive 2.0 entwickeln, die digitalpolitische Problemfelder aufzeigen und Handlungsempfehlungen an die Politik aussprechen wird.