Warum der Einzelhandel unsere Innenstädte am Leben hält
Der Einzelhandel ist der zentrale Magnet unserer Innenstädte. Trotz wachsendem Online-Handel und veränderten Konsumgewohnheiten zeigt sich: Attraktive Geschäfte und eine lebendige Handelsstruktur sind nach wie vor der wichtigste Grund für den Besuch der Innenstadt.
- Gründe für den Innenstadtbesuch
- Deutschlands Innenstädte erhalten die Schulnote „3“
- Gastronomie, Einkaufen und Aufenthaltsqualität an der Spitze
- Ausgabenverhältnis Shopping und Gastronomie: 2:1
- Online war gestern das Schreckgespenst – heute Teil der Lösung
- Passantenfrequenz als Kennziffer für Attraktivität
- Smarter Ausblick auf digitale Herausforderungen
Die Deutschlandstudie Innenstadt 2024, durchgeführt von der DIHK gemeinsam mit der CIMA Beratung + Management GmbH und dem Handelsverband Deutschland, untersucht die aktuelle Lage und die Entwicklungsperspektiven der Innenstädte. Ziel ist es, die zentralen Faktoren für vitale Innenstädte herauszuarbeiten. So liefert die Studie einen Überblick, zeigt Handlungsempfehlungen auf und dient als Orientierungshilfe für Kommunen, Politik und Wirtschaft.
Gründe für den Innenstadtbesuch
Die Studie macht es deutlich: Für mehr als zwei Drittel der Befragten ist Einkaufen ein zentraler Grund für den Innenstadtbesuch, direkt gefolgt von Gastronomie und Cafés. Doch eine lebendige Innenstadt ist weit mehr als ein Ort zum Einkaufen – sie ist Treffpunkt, Identifikationsraum und Wirtschaftsfaktor zugleich. Neben dem Einkaufen gewinnen Gastronomie, Stadtgrün, Sauberkeit und Aufenthaltsqualität zunehmend an Bedeutung. Umso wichtiger ist es, Einzelhandel und Innenstadtentwicklung gemeinsam zu denken und Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Transformationsprozess unterstützen und den Innenstädten eine Zukunft geben.
Deutschlands Innenstädte erhalten die Schulnote „3“
Im Durchschnitt werden Deutschlands Innenstädte mit der Note 3 bewertet, doch die Schere zwischen gut und schlecht bewerteten Städten öffnet sich weiter: Der Anteil sehr guter bis guter Bewertungen hat sich seit 2022 fast verdreifacht (2024: 11,6 Prozent), während sich der Anteil der mangelhaften Bewertungen im gleichen Zeitraum nahezu verdoppelte (2024: 14,4 Prozent).
Gastronomie, Einkaufen und Aufenthaltsqualität an der Spitze
Die wichtigsten Aspekte für eine attraktive Innenstadt sind Gastronomie/Cafés, Einzelhandel und Aufenthaltsqualität. Ein gelungener Dreiklang sichert die Attraktivität der Innenstadt als multifunktionalen Erlebnisraum. Im Umkehrschluss sehen viele Befragte im Stadtbild und in der Aufenthaltsqualität den größten Handlungsbedarf. Die Studie beleuchtet auch die Gründe, warum Menschen Innenstädte meiden. Am häufigsten genannt wird – auch als Spätfolge der Corona-Pandemie – die Überfüllung, gefolgt von einem unzureichenden Angebot.
Ausgabenverhältnis Shopping und Gastronomie: 2:1
Die Ausgaben pro Besuch sind beträchtlich: Im Einzelhandel werden pro Person durchschnittlich 68 Euro, in der Gastronomie knapp 35 Euro ausgegeben – ein Verhältnis von etwa 2:1. Bei der Frage nach den wichtigsten Warengruppen einer attraktiven Innenstadt liegen Bekleidung/Wäsche und Drogeriewaren bei 75 Prozent der Innenstadtshopper an der Spitze, gefolgt von Nahrungs- und Genussmitteln.
Online war gestern das Schreckgespenst – heute Teil der Lösung
Nur rund jeder Zehnte nutzt Online-Shops aus reiner Bequemlichkeit. Viele lokale, auch inhabergeführte Fachgeschäfte haben digital aufgerüstet und erfüllen die Erwartungen einer online-affinen Kundschaft – nicht zwingend mit einem eigenen Online-Shop, aber mit zeitgemäßen Services, die Brücken zwischen Online- und Offlinegeschäft schlagen. Stationäre Händler punkten mit exklusiven Sortimenten, Service und einem ansprechenden Ladenambiente.
Beide Verkaufskanäle können so nebeneinander bestehen. Eine qualitative Weiterentwicklung der innerstädtischen Handelsstruktur bleibt entscheidend für eine nachhaltige Positionierung. „Kundinnen und Kunden wissen heute genau, welche Vorteile Online- und stationärer Handel jeweils bieten. Die Koexistenz beider Kanäle wird nicht nur akzeptiert, sondern zunehmend eingefordert. Deshalb muss sich der stationäre Handel kontinuierlich weiterentwickeln und kann vor allem mit Service, persönlicher Beratung und Erlebnissen vor Ort überzeugen. Der Online-Handel ist dabei nur ein Aspekt des umfassenden Strukturwandels, dem sich der Einzelhandel insgesamt stellen muss“, so Petra Dierck, Handelsexpertin und Vorsitzende des IHK-Fachausschusses Handel.
Passantenfrequenz als Kennziffer für Attraktivität
Messungen der Passantenfrequenz, etwa durch Handydaten oder Lasersysteme, liefern heute wichtige Daten zu Besucherzahlen, Passantenströmen und Aufenthaltsdauer. So können beispielsweise Auswirkungen von Festen oder Märkten auf den Einzelhandel analysiert werden. Laut hystreet zeigen die Jahresbilanzen der Passantenfrequenz keine signifikanten Veränderungen, leicht steigende Werte deuten auf vitale und resiliente Innenstädte hin. Dies steht teilweise im Widerspruch zu Studienergebnissen, in denen rund ein Drittel der Befragten angibt, weniger oder gar nicht mehr in die Innenstadt zu gehen.
Smarter Ausblick auf digitale Herausforderungen
Die Digitalisierung und der Einsatz von KI werden die Stadtentwicklung in den kommenden Jahren entscheidend mitprägen. Smart-City-Anwendungen, Digitale Zwillinge und Stadt-Apps schaffen die Möglichkeit, Verwaltung, Politik und Bevölkerung in den Dialog zu bringen, Veränderungen sichtbar zu machen und die Zukunft erlebbar zu gestalten. Diese Prozesse müssen klug moderiert und erklärt werden, beispielsweise durch digitale Mitmachkarten wie die cima-Wikimap. Digitalisierung und Stadtentwicklung dürfen nicht getrennt voneinander agieren, sondern müssen Hand in Hand gehen. Offene Schnittstellen auf Basis von Open Data und cloudbasierte Lösungen sind dabei wichtige Bausteine.
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Monika Kaiser
Tourismus, Handel und Wirtschaftsbeobachtung