Vorschläge für Bürokratieabbau
5-Punkte-Programm für bessere Fachkräfteeinwanderung
Die IHK legt ein 5-Punkte-Programm zur Erleichterung der Fachkräfteeinwanderung vor.
Durch komplizierte, intransparente Regelungen und Verfahren mit vielen Beteiligten, mangelnde Digitalisierung und überlastete Behörden gibt es bei der Ausstellung von Aufenthaltstiteln zur Beschäftigung teils monatelange Verzögerungen. Dies führt dazu, dass Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse sehr viel später starten als geplant oder gar scheitern. Manche Regelungen sind so ausgestaltet, dass sie für Unternehmen unattraktiv sind und kaum Anwendung finden. Einfachere, praxisnahe Regelungen und Verfahren sind dringend geboten, um den bürokratischen Aufwand für alle Seiten zu reduzieren und die Einstellung internationaler Fachkräfte leichter und schneller zu machen. Wir machen fünf Vorschläge, die leicht umzusetzen sind.
Daneben gilt es, die bestehenden Regelungen kundenfreundlicher umzusetzen. Wichtig ist u. a. mehr Transparenz im Verfahrensablauf (z. B. über eine Tracking-Möglichkeit) sowie eine ausgeprägte Willkommenskultur und Kundenorientierung in den beteiligten Behörden und Auslandsvertretungen.
- Viele Verfahren zur Ausstellung von Aufenthaltstiteln könnten verschlankt werden, indem auf das Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit verzichtet würde.
- Der nahtlose Übergang von Ausbildung oder Studium in Deutschland in die Beschäftigung wäre möglich, wenn die Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung bzw. zum Studium eine Beschäftigung nach erfolgreichem Abschluss automatisch erlauben würde, bis die Ausländerbehörde über den Zweckwechsel entschieden hat.
- Beim Arbeitgeberwechsel von Fachkräften könnte Bürokratie abgebaut und Behörden entlastet werden, indem bei der Ausländerbehörde lediglich eine Anzeige des Wechsels erforderlich wäre statt der Einholung einer Erlaubnis.
- Die Anerkennungspartnerschaft könnte dadurch praxisnäher gestaltet werden, dass die Unternehmen die Zugewanderten während der Qualifizierungsphase nicht auf Fachkraftniveau entlohnen müssen.
- Das Kontingent der Westbalkanregelung sollte nicht – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – wieder halbiert werden. Um beschäftigten Geflüchteten aus der Ukraine eine weitere Möglichkeit zu geben, in die Erwerbsmigration zu wechseln, könnte die Regelung zudem auf sie ausgeweitet werden.
Die Vorschläge im einzelnen:
1. Verfahren verschlanken – Zustimmungserfordernisse der Bundesagentur für Arbeit reduzieren
In bestimmten Fällen sollte die Pflicht zur Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln entfallen – eine fakultative Beteiligung bleibt in Zweifelsfällen möglich. Diese Einsparung eines kompletten Verfahrensschritts könnte für Personengruppen gelten, die diesen Schutz nicht (mehr) benötigen oder bei denen er auf eine andere Weise sichergestellt ist:
- bei Personen, die in Deutschland eine Ausbildung oder ein Studium absolviert haben („Bildungsinländer“) und daher mehrjährige Einblicke in den deutschen Arbeitsmarkt haben,
- bei Personen, die mittels der „kleinen“ Blauen Karte EU nach Deutschland kommen möchten und daher über ein hohes Qualifikationsniveau und ein aufenthaltsrechtlich festgelegtes Mindesteinkommen verfügen (bei der „großen“ Blauen Karte EU wird schon jetzt auf die Beteiligung der BA verzichtet),
- bei Auszubildenden, bei denen die Prüfung u. a. der Arbeitsbedingungen sowie der Eignung des Ausbildungsbetriebs durch die zuständigen Kammern vorgenommen wird und bei denen somit eine Doppelprüfung stattfindet,
- bei reinen Verlängerungen von Aufenthaltstiteln zur Beschäftigung, bei denen die Bedingungen bereits bei Ausstellung geprüft wurden, sowie beim Arbeitgeberwechsel von Fachkräften (§§ 18a, b AufenthG).
2. Nahtloser Übergang von Ausbildung oder Studium in Deutschland in die Beschäftigung ermöglichen
Drittstaatler, die in Deutschland eine Ausbildung oder ein Studium absolviert haben, benötigen für die Aufnahme einer Beschäftigung eine neue Aufenthaltserlaubnis, was häufig zu Verzögerungen führt. Würde die ursprüngliche Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate über die Ausbildungs- bzw. Studiendauer hinaus ausgestellt und fiele die zeitliche Begrenzung der Nebenbeschäftigung nach erfolgreichem Abschluss automatisch weg, könnten Absolventen direkt nach ihrer Ausbildung oder ihrem Studium in Vollzeit arbeiten und ihren Lebensunterhalt sichern. Die Ausländerbehörden erhielten so Zeit für die Prüfung der Voraussetzungen und Ausstellung der neuen Aufenthaltserlaubnis.
3. Bürokratie abbauen beim Arbeitgeberwechsel – Anzeige gegenüber Ausländerbehörde statt Einholung einer Erlaubnis
Im Rahmen der Blauen Karte EU wurde im Zuge des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung beim Arbeitgeberwechsel auf ein Anzeigeverfahren umgestellt. Dieses sollte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auch bei den übrigen Fachkrafttiteln (§§ 18a, b AufenthG) Anwendung finden. Dies würde einen nahtlosen Übergang von der alten zur neuen Arbeitsstelle sicherstellen. Beim Anzeigeverfahren muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeberwechsel der Ausländerbehörde lediglich melden. Diese kann dann innerhalb einer Frist – bei Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen für den Fortbestand der jeweiligen Aufenthaltserlaubnis – den Arbeitgeberwechsel aussetzen und die Bundesagentur für Arbeit beteiligen.
4. Anerkennungspartnerschaft praxisnäher gestalten – Erleichterungen für die Qualifizierungsphase schaffen
Bei der Anerkennungspartnerschaft sollte während der Qualifizierungsphase eine Entlohnung auch unterhalb Fachkraftniveau möglich sein. Diese Erleichterung gilt bereits für reglementierte Berufe und sollte auch auf nicht-reglementierte Berufe ausgeweitet werden. Zugewanderte, die im Laufe der Anerkennungspartnerschaft eine Teilanerkennung erhalten und im Betrieb nachqualifiziert werden müssen, können oft noch nicht als Fachkraft eingesetzt werden. Die im Gesetz verankerte Pflicht, sie im nicht-reglementierten Bereich wie Fachkräfte zu bezahlen, stellt daher in der Praxis eine große Hürde für diesen Einwanderungsweg dar. Aus Gründen der Betriebshygiene und eines ausgewogenen Gehaltsgefüges im Unternehmen verzichten Arbeitgeber häufig auf diesen Weg.
5. Westbalkanregelung ausweiten, nicht einschränken
Die Westbalkanregelung hat sich für Unternehmen als erfolgreiche Möglichkeit bewährt, Arbeits- und Fachkräfte aus den sechs Nicht-EU-Westbalkanländern zu rekrutieren. Das Kontingent wurde durch die Novellierung des FEG ab Juni 2024 von 25.000 Personen auf 50.000 Personen pro Jahr verdoppelt. Im Koalitionsvertrag 2025 wurde vereinbart, das Kontingent wieder auf 25.000 Personen zu reduzieren. Dies ist angesichts des Arbeits- und Fachkräftebedarfs in Deutschland kontraproduktiv. Das Kontingent von 50.000 Personen pro Jahr sollte erhalten bleiben. Die teils langen Verfahrensdauern sollten zudem verkürzt werden.
Zu prüfen ist, ob weitere Länder, z. B. die Ukraine, in diese oder eine ähnliche Regelung aufgenommen werden könnten. Dies würde auch für zahlreiche beschäftigte Geflüchtete aus der Ukraine, die keine entsprechenden Qualifikationsnachweise erbringen können oder hier Hilfs- bzw. Anlerntätigkeiten ausüben, die Möglichkeit eines Übergangs aus § 24 AufenthG in die Erwerbsmigration eröffnen.