Vorschläge für eine gelingende Fachkräfteeinwanderung
Die Fachkräftesicherung stellt die Unternehmen im Land zunehmend vor eine schwierige Aufgabe. Um dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen, ist neben der Nutzung inländischer Potenziale die Beschäftigung oder Ausbildung von Fachkräften aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten) eine wichtige Option. Für die Unternehmen bringt sie derzeit große Herausforderungen mit sich. Sie reichen von bürokratischen und teils sehr langwierigen Verfahren über Vorbehalte der Unternehmen gegenüber Qualifikation und Deutschkenntnissen der Zugewanderten bis hin zu Wohnungssuche und Integrationsaufwand. Die IHKs setzen sich im Interesse der Wirtschaft für Verbesserungen ein.
Mehr Mut! 7 Punkte zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung
In ihrem Papier „Mehr Mut! 7 Punkte zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung – für einfachere, schnellere und digitale Verfahren und weniger Hürden!“ nehmen die IHKs Stellung zu den Entwürfen eines Gesetzes und einer Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung vom
März 2023 und machen konkrete Verbesserungsvorschläge.
Unternehmen sind angesichts des Fachkräftemangels auf eine erhebliche Fachkräftezuwanderung angewiesen. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigen Unternehmen und ausländische Fachkräfte ein
überschaubares, verständliches Regelwerk, das die verschiedenen Einwanderungsmöglichkeiten schnell erkennen lässt. Zudem müssen überzogene
Zuwanderungsvoraussetzungen abgesenkt werden. Die vorgesehenen Änderungen stellen zwar eine Verbesserung der aktuellen Rechtslage dar, sind jedoch nicht geeignet, dem Fachkräftemangel wirksam entgegenzuwirken. An verschiedenen Stellen vergrößern sie sogar die Komplexität des Aufenthaltsrechts und schaffen neue Bürokratie. Daher bedürfen die Entwürfe der
grundsätzlichen
Überarbeitung. Die rechtlichen Regelungen und die Prüfungsverfahren, die derzeit hochkomplex, bürokratisch und unübersichtlich sind, müssen erheblich reduziert, vereinfacht und verschlankt werden.
Vorschläge
- Die Entscheidungen über die Eignung der ausländischen Fach- und Arbeitskräfte sollen stärker in die Hände der Unternehmen gelegt und Ausländerbehörden und Bundesagentur für Arbeit von Prüfverfahren entlastet werden.
Die Länder sollten zur Einrichtung zentraler Ausländerbehörden verpflichtet werden.
Das beschleunigte Verfahren sollte verbessert und auf weitere Fallgestaltungen ausgedehnt werden. Zusätzliche bürokratische Pflichten für Unternehmen sind kontraproduktiv und zu streichen.
Die rechtlichen Regelungen und Verfahren müssen unbürokratischer, transparenter und digitaler werden. Online-Antragstellung und digitale Verfahren würden Antragstellende und Behörden entlasten und für Transparenz zum Verfahrensstand sorgen. Die Digitalisierung sollte daher bundesweit vorangetrieben werden. - Bei der Anerkennungspartnerschaft sollte zumindest während der Qualifizierungsphase eine Bezahlung auch unter Fachkraftniveau möglich sein. Anerkennungspartner sollten alle geeigneten Unternehmen sein können, nicht nur Ausbildungsbetriebe mit mindestens 3-jähriger Ausbildungserfahrung. Eine Prüfung der Betriebseignung darf keine weitere Bürokratie hervorrufen.
- Bei der Erfahrungssäule ist die Gehaltsschwelle von mehr als 39.000 Euro zumindest in bestimmten Branchen wie Hotellerie, Gastronomie, Handel und manchen Dienstleistungen zu hoch und sollte auch von nicht tarifgebundenen Unternehmen unterschritten werden können. Auch Personen ohne einen im Ausland anerkannten Abschluss, aber mit ausgewiesenen berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnissen sollte die Einreise ermöglicht werden. Fachkräfte nach der Erfahrungssäule sollten in allen Berufen arbeiten dürfen.
- Die neue Chancenkarte, mit der die Suche nach Beschäftigung, Ausbildung und Anpassungsqualifizierung geregelt werden soll, sollte auch Personen ohne ausländischen Abschluss, aber mit ausgewiesener Berufserfahrung, die Einreise zur Suche ermöglichen. Es sollte keine Beschränkungen für Probe- und Nebenbeschäftigungen geben.
Die Voraussetzungen für die Ausbildungsplatzsuche nach § 17 AufenthG sollten gesenkt werden. - Um den Ausbildungserfolg von Zugewanderten zu steigern, sollte ermöglicht werden, zu einer 6- bis 12-monatigen Ausbildungsvorbereitung in Kombination mit Spracherwerb einzureisen (analog einer Einstiegsqualifizierung).
- Die Westbalkanregelung sollte in das beschleunigte Fachkräfteverfahren aufgenommen werden; sie sollte auf weitere Länder ausgeweitet werden.
- Die geplante kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung für Arbeitskräfte unabhängig von einer Qualifikation sollte auch nicht tarifgebundenen Unternehmen ermöglicht werden.
(Grundlage: Gesetz: Regierungsentwurf Stand 29.03.2023, Verordnung: Referentenentwurf Stand 28.03.2023)
Eine ausführliche
Stellungnahme hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) im Rahmen der Verbändeanhörung abgegeben. Dieses Kurzpapier fast wichtige Punkte aus Sicht der baden-württembergischen IHKs zusammen.
Gesamtes IHK-Papier zum Download mit konkreten Vorschlägen:
Mehr Mut! 7 Punkte zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung – für einfachere, schnellere und digitale Verfahren und weniger Hürden! (PDF-Datei · 155 KB)
Mehr Mut! 7 Punkte zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung – für einfachere, schnellere und digitale Verfahren und weniger Hürden! (PDF-Datei · 155 KB)
14 Punkte für eine gelingende Fachkräfteeinwanderung und zur Reform des FEG
Im
September 2022 haben die 12 IHKs in Baden-Württemberg Impulse für die anstehende Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) mit ihrem Papier „14 Punkte für eine gelingende Fachkräfteeinwanderung und zur Reform des FEG“ gegeben. Hier machen die IHKs Vorschläge für eine bessere Umsetzung der gesetzlichen Regelungen auf Landes- und auf Bundesebene und für deren Weiterentwicklung.
Um die Fachkräfteeinwanderung zu einem schlagkräftigen Instrument der Fachkräftesicherung auszubauen, müsste auf mehreren Ebenen angesetzt werden:
- Schnellere, transparente und weniger bürokratische Verfahren rund um die Fachkräfteeinwanderung und eine bessere Umsetzung der Regelungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) auf Landes- wie auf Bundesebene
- Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen und Ausweitung der Zuwanderungsmöglichkeiten
- Steigerung der Attraktivität und Bekanntheit von Baden-Württemberg bzw. Deutschland als Arbeits- und Lebensort durch zielgerichtete Aktivitäten und (Pilot-)Projekte zur Fachkräfteakquise im Ausland
Die IHKs in Baden-Württemberg nehmen eine aktive Rolle bei der Fachkräftesicherung der Unternehmen – auch aus dem Ausland – ein und möchten mit diesem Papier politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger bei der Verbesserung von Prozessen und Regelungen unterstützen. Im engen Kontakt zu ihren Mitgliedsunternehmen, bringen sie dabei die Erfahrungen aus der
Unternehmenspraxis ein.
Eine Verbesserung von Einwanderungsgesetzgebung und deren Umsetzung kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn ausländische Fachkräfte hier
attraktive Rahmenbedingungen, z. B. hinsichtlich Wohnmöglichkeiten, (digitaler) Infrastruktur, Nahverkehr oder schlanker bürokratischer Verfahren, vorfinden. Unabdingbar sind ebenfalls eine gelebte
Willkommenskultur und eine gute Unterstützung der Fachkräfte und ihrer Familien bei der Integration in unsere Arbeitswelt und Gesellschaft, wie sie beispielsweise die Welcome Center, aber auch zahlreiche Unternehmen in ihrem betrieblichen Alltag leisten.
Vorschläge
In Baden-Württemberg vorangehen
1. Ausländerbehörden im Land zu kompetenten und serviceorientierten Anlaufstellen für die Unternehmen bei Fachkräfteeinwanderung und im beschleunigten Verfahren ausbauen
2. Transparenz über Beratungsstrukturen auf regionaler Ebene schaffen und die Akteure vor Ort noch stärker vernetzen
3. Rahmenbedingungen für die duale Berufsausbildung von Zugewanderten verbessern und dabei verlässliche Unterstützung von Betrieben und Azubis sicherstellen wie durch das Projekt „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“
4. Rahmenbedingungen vor Ort verbessern, z. B. durch Schaffung von günstigem Wohnraum, besonders auch für Azubis
5. Berufsbegleitende Deutschkurs-Angebote für Zugewanderte weiter flexibilisieren und digitalisieren
Auf Bundesebene einfordern
6. Prüfung der beruflichen Befähigung – wie im Gesetz vorgesehen – noch mehr in die Hände der Unternehmen legen statt durch Bundesagentur für Arbeit (BA) vornehmen zu lassen
7. Visumvergabe in den deutschen Auslandsvertretungen verbessern, Visastellen dafür ausstatten und Verfahren digitalisieren
Gesetzliche Rahmenbedingungen anpassen und Fachkräfteeinwanderung fördern
8. Berufsanerkennung erleichtern:
- Anerkennungsverfahren regelmäßig während einer Beschäftigung in Deutschland erlauben und nicht nur vorab im Heimatland
- Bei nicht-reglementierten Berufen weitere Ausnahmen für Menschen mit Berufserfahrung schaffen
- Zuwanderung von Arbeitskräften ohne Anerkennungsverfahren in bestimmten Engpassberufen/-branchen ermöglichen
9. Ausbildung stärken:
- Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit als Voraussetzung für Aufnahme einer Ausbildung abschaffen
- Neue Möglichkeiten zur Einreise für eine Ausbildungsvorbereitung schaffen
10. Einreise zur Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzsuche erleichtern und Probearbeiten flexibler gestalten
11. Fachkräfte, die bereits in Deutschland sind, hier halten – Zweckwechsel des Aufenthaltstitels in Richtung Ausbildung oder Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen ohne Ausreise ermöglichen
12. Westbalkanregelung erweitern und beschleunigtes Verfahren dafür zulassen
13. Gewünschte Einwanderung finanziell fördern, z. B. Auszubildende, Ausbildungsplatzsuchende oder Personen mit Anpassungsqualifizierungsbedarf
14. Projekte zur Fachkräfteakquise im Ausland intensivieren, aus diesen Musterprozessen für gelingende Fachkräfteeinwanderung lernen und Regelungen kontinuierlich verbessern
Gesamtes IHK-Papier zum Download mit Details zu den Vorschlägen der IHKs und den Anforderungen der Unternehmen:
14 Punkte für eine gelingende Fachkräfteeinwanderung und zur Reform des FEG (PDF-Datei · 146 KB)
14 Punkte für eine gelingende Fachkräfteeinwanderung und zur Reform des FEG (PDF-Datei · 146 KB)