Interview mit Volker Höfs: Wasserstoff im Energiesystem

Volker Höfs, Geschäftsführer der Gasversorgung Vorpommern Netz und Regionsleiter der HanseGas Mecklenburg Vorpommern, im Interview mit der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin zur zukünftigen Rolle von Wasserstoff im Energiesystem.
“Wir brauchen einen Start in möglichst realitätsnahe Projekte”
IHK: Herr Höfs, im letzten Jahr sprachen Sie auf dem Energieforum in der IHK zu den Ergebnissen der "Commit to Connect 2050"-Studie und dem Ausblick auf ein Energieversorgungssystem, dass auf Wasserstoffbasis dekarbonisiert sein kann. Sind wir ein Jahr später auf einem guten Weg?
Volker Höfs: “Ja, wir sind es. Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie hat das Thema enorme Fahrt aufgenommen. Wasserstoff ist allerdings nur ein Baustein einer neuen Energiewelt. Ich denke wir haben aktuell verstanden, dass es die eine Lösung für ein Energiesystem der Zukunft nicht geben wird. Im Augenblick denken wir in verschiedenen Szenarien, suchen nach Anwendungsmöglichkeiten für einen Start in die Wasserstoffwirtschaft.  Wir erkennen dabei jedoch, dass das Thema Kosteneffizienz nicht unbedingt zu den gesteckten Klimaschutzzielen passt. Fossile Energie ist im Augenblick noch unschlagbar kostengünstig, unsere Wirtschaft ist darauf angewiesen. Diese Interessenkonflikte müssen wir lösen.”
IHK: Wie beurteilen Sie die Entwürfe zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht?
Volker Höfs: “Ich möchte hier nicht werten. Mir erschließen sich in der Diskussion einige Standpunkte, die man abwägen muss. Wichtig ist, dass wir zügig ein Regelwerk für den Einsatz von Wasserstoff schaffen. Das betrifft die technischen Normen wie auch die Regelwerke zur Regulierung. Ich begrüße, dass wir zeitnah klare Regeln bekommen die einen Start in einem definierten Rahmen ermöglichen. Diese Regeln werden sich entwickeln, je nachdem welche Anforderung und welche Nutzung von Wasserstoff sich etablieren wird. Hier wird für jede Nutzung eine gute Lösung gefunden werden, da bin ich mir sicher. “
IHK: Welche Projekte sollten Ihrer Meinung nach am schnellsten angegangen werden, um die Wertschöpfungspotenziale von Wasserstoff in Mecklenburg-Vorpommern optimal zu nutzen.
Volker Höfs: “Wir brauchen einen Start in möglichst realitätsnahe Projekte mit denen wir Bürgern und Politik zeigen können wie eine neue Wasserstoffwirtschaft funktioniert. Wichtig für mich dabei, wir zeigen ab dem ersten Projekt wie eng vernetzt die einzelnen Sektoren Mobilität, Wärme und Elektroenergie zukünftig sind und sein müssen. Gut gemacht, sind die oft zitierten Wirkungsgradverluste bei der Sektorenkoppelung in Wirklichkeit Energien die in Form von Wärme genutzt werden können. Als zweiter Punkt stehen für mich grundlegende Energiekonzepte im Vordergrund.  Wir müssen im Land unsere Erzeugungspotentiale mit den Bedarfen zusammenbringen. Dabei blicken wir insbesondere über die Sektorengrenzen hinaus. Mit diesem Blick erkennen wir, an welchen Standorten welche Energiekonzepte wirtschaftlich Sinn machen. Dies wird mit dem Bezug auf die Kopplung aller Sektoren durchaus ein anderer Fokus sein als heute.”
IHK: Wie sehen Sie die Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Erzeugung, auch im Hinblick auf geopolitische Abhängigkeiten bzw. Partnerschaften?
Volker Höfs: “Wie wir in Deutschland, sehen viele heutige Partner und Energielieferanten unsere Aktivitäten und planen mit uns einen Wandel. Ich gehe davon aus, dass wir weiterhin im großen Maßstab Energie, auch Wasserstoff, importieren. Den Bedarf werden wir über eine Produktion in Deutschland aufgrund beschränkter Erzeugungskapazitäten nicht decken können. Ich hoffe allerdings, dass wir klare Regeln für die Qualität und regenerative Herkunft aufstellen werden. Was lohnen uns kostengünstige Importe von Wasserstoff wenn wir die CO2-Emissionen lediglich in einen anderen Teil der Welt verlagern. Geopolitische Partnerschaften werden mit diesen neuen Wertströmen der Erzeugung und Lieferung neu definiert und gefestigt. Für diesen Wandel bedarf es viel Fingerspitzengefühl, denn an dem heutigen fossilen Weltmarkt für Energielieferungen hängt in großen Maßen auch die politische Stabilität der Weltgemeinschaft.”
IHK: Haben wir vor diesem Rahmen eine Chance für eine regionale Erzeugung und  Nutzung von Wasserstoff?
Volker Höfs: “Ja, ich denke, dass die regionale Erzeugung und Nutzung von Energie mit fairer Beteiligung von Bürgern und Kommunen regionale Wertschöpfungsketten erzeugen kann, in denen nicht nur der Endpreis der Energie im Vordergrund steht. Ich bin sicher, dass die Bürger die Vorteile einer eigenen Energiewertschöpfung im Land erkennen werden. Vorteile sehe ich in der Beteiligung der Gemeinden, der Schaffung qualifizierter und langfristiger Beschäftigung und in planbaren Energiekosten. Um in diese Projekte zu starten gibt es im Land bereits vielfältige Aktivitäten, die allerdings, insbesondere abhängig von der Kommunikation mit Partnern und Gemeinden, im Augenblick durch die Pandemie sehr schwer vorankommen.”

Kontakt

Volker Höfs
Gasversorgung Vorpommern Netz GmbH
Tel.: 03834 85 40 5312
E-Mail: volker.hoefs@gvp-netz.de

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→ im IHK-Magazin “Wirtschaftskompass”, Ausgabe 05/2021