Wann ein GmbH-Geschäftsführer persönlich haftet
Unternehmer müssen täglich Entscheidungen treffen. Hat eine davon mal negative Auswirkungen für den Betrieb, stellt sich die Frage, ob der Geschäftsführer trotz „beschränkter Haftung“ dafür geradestehen muss. Rechtsanwalt Carsten Ribbrock klärt auf.
Carsten Ribbrock ist Rechtsanwalt und Notar sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Hoeck Schlüter Vaagt Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Flensburg.
Das Gesetz schützt mutige Unternehmer, aber es verpflichtet sie auch, bei ihrer Geschäftsführung „die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“. Mutwillig möchte wohl niemand seinem Unternehmen schaden, doch die Konsequenzen einer Entscheidung sind meist nicht absehbar.
Mutwillig möchte wohl niemand seinem Unternehmen schaden, doch die Konsequenzen einer Entscheidung sind meist nicht absehbar.Carsten Ribbrock
Wichtig: Auch das Unterlassen einer Entscheidung kann zu einem Schaden für den Betrieb führen. Dieses Dilemma hat der Gesetzgeber erkannt. Zur Lösung hat er die aus der US-amerikanischen Rechtsprechung bekannte Business Judgement Rule (BJR) herangezogen. Nach dieser liegt keine haftungsbegründende Pflichtverletzung vor, wenn der Geschäftsführer bei seiner unternehmerischen Entscheidung annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Ein Beispiel: Ein Geschäftsführer entscheidet sich, in eine neue, vielversprechende Technologie zu investieren. Diese setzt sich nicht durch – aber er hat zuvor Marktanalysen eingeholt und Experten konsultiert. Deshalb haftet er nicht, weil er die Entscheidung gut vorbereitet und die Vorbereitung dokumentiert hat.
Die Voraussetzungen der Business Judgement Rule (BJR) im Überblick:
- Unternehmerischer Ermessensspielraum: Die Business Judgement Rule greift nur bei Entscheidungen, bei denen der Geschäftsführer einen Handlungsspielraum hat. Ist er durch Gesetz, Satzung oder Beschluss gebunden, hilft ihm die BJR bei einem Fehler nicht.
- Legalitätspflicht: Der Geschäftsführer muss die durch Gesetz, Satzung und Beschlüsse gezogenen Grenzen einhalten.
- Informationsgrundlage: Die wichtigste Voraussetzung ist es, sich zum Risiko passende Informationen zu beschaffen und aufzubereiten. Je gewichtiger die Entscheidung, desto umfassender die Informationen. Alle Alternativen sind gründlich zu prüfen, alle verfügbaren Informationsquellen auszuschöpfen und Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Versteht der Geschäftsführer nicht, worüber er entscheidet, muss er sich Rat holen oder die Entscheidung unterlassen. Der Ratgeber wiederum muss fachlich qualifiziert, unabhängig sowie durch den Unternehmer gut informiert sein – und sein Rat muss plausibel erscheinen.
- Frei von Eigeninteresse: Der Geschäftsführer muss von seiner Entscheidung überzeugt sein und darf dabei nicht von Eigeninteressen oder sachfremden Einflüssen geleitet werden.
Aber Vorsicht! Nur wer nachweisen kann, dass er sorgfältig gehandelt hat, genießt die Sicherheit der BJR. Daher ist es essenziell, die Entscheidungsfindung zu dokumentieren und nachvollziehbar zu sichern. Die BJR schützt den Geschäftsführer nicht vor Fehlern – aber davor, ungerechtfertigt haftbar gemacht zu werden. Und sie erinnert daran, dass gute Führung nicht fehlerfrei sein muss, sondern verantwortungsvoll.
Mehr Informationen gibt es in diesem weiterführenden Artikel zur GmbH-Haftung.
Autor: Carsten Ribbrock, ribbrock@hsv-fl.de
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Aenne Boye