Ticker mit weiteren Meldungen zur Energiekrise
- Weiteres Energiesicherungspaket des BMWK am 21.07.2022 verkündet
- EU-Kommission verabschiedet Beihilferegeln für Liquiditätsbeihilfen und Energie-Zuschüsse
- Koalitionsausschuss verabschiedet Energiepreisentlastungen
- Resolution der IHK-Organisation zu Sofortmaßnahmen gegen hohe Strom- und Energiepreise
- Bundesregierung erarbeitet Vorsorgeplan zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit
- Bundesregierung gibt Teil der Ölreserven frei und kauft LNG
Weiteres Energiesicherungspaket des BMWK am 21.07.2022 verkündet
Anknüpfend an die von Minister Robert Habeck bereits vorgestellten Maßnahmen zur Reduktion des Gasverbrauchs im Stromsektor und zur schnelleren Befüllung der Speicher hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 21.07.2022
ein weiteres Energiesicherungspaket vorgelegt (PDF-Datei · 347 KB), um sich für den Winter weiter zu wappnen.
Dieses Energiesicherungspaket hat im Kern drei Elemente:
- die Befüllung der Gasspeicher soll nochmals erhöht werden
- der Erdgasverbrauch in der Stromerzeugung soll durch weitere Maßnahmen gesenkt werden
- Effizienz- und Einsparmaßnahmen in den Sektoren Industrie/Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen/Bürogebäude und im Wohngebäudebereich werden erweitert, entsprechende Maßnahmen festgelegt.
Diese weiteren Maßnahmen sollen in den kommenden Wochen und nach der Sommerpause Schritt für Schritt in enger Abstimmung innerhalb der Bundesregierung umgesetzt werden. Das BMWK weist darauf hin, dass sich diese Maßnahmen zur Reduktion das Gasverbrauchs einfügen in das am 20.07.2022 von der EU-Kommission vorgestellte Paket „Save Gas for a Safe Winter“. Die Europäische Kommission hat darin die Mitgliedstaaten zur konkreten Gasverbrauchsreduktion aufgerufen. Die Mitgliedstaaten sollen ihre Gasnachfrage freiwillig um 15 Prozent senken, um so die Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten angesichts der angespannten Lage auf den Gasmärkten zu stärken.
EU-Kommission verabschiedet Beihilferegeln für Liquiditätsbeihilfen und Energie-Zuschüsse
Die Europäische Kommission hat am 23. März 2022 einen befristeten Krisenrahmen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Invasion der Ukraine durch Russland angenommen, der (rückwirkend) ab dem 1. Februar 2022 angewandt wird.
Konkret handelt es sich um eine Mitteilung der Kommission, in der Regeln für die Ausgestaltung von nationalen Beihilfemaßnahmen zur Untersetzung von Unternehmen, die aufgrund der Folgen des Ukraine-Kriegs in Schwierigkeiten geraten, definiert werden.
Beihilfemaßnahmen, die unter den Anwendungsbereich des Krisenrahmens fallen, werden von der Europäischen Kommission nur bewilligt, wenn die Vorgaben eingehalten werden. Die deutsche Bundesregierung hat in ihrem zweiten Entlastungspaket vom 24. März 2022 angekündigt, besonders betroffenen Unternehmen im Rahmen dieser europäischen Vorgaben "mit zinsgünstigen Krediten rasch und unbürokratisch die notwendige Liquidität zur Verfügung zu stellen". Auch über "weitere Maßnahmen" will die Koalition "beraten".
Begrenzte Zuschüsse und Liquiditätsbeihilfen
Der Krisenrahmen sieht zunächst vor, dass Beihilfen von bis zu 400 000 Euro pro Unternehmen, auch in Form direkter Zuschüsse, unter bestimmten Bedingungen zulässig sind. So muss das Unternehmen beispielsweise von der Krise betroffen sein und die Beihilfe im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt werden, bei der der Staat die Mittelausstattung im Vorhinein schätzt. Zudem muss die Beihilfe bis Ende des Jahres 2022 gewährt werden. Für bestimmte landwirtschaftliche Betriebe darf die Beihilfe 35 000 Euro nicht übersteigen.
Zweitens legt der Krisenrahmen regeln fest, wie Liquiditätsbeihilfen für vom Krieg mittelbar oder unmittelbar betroffene Unternehmen ausgestaltet werden müssen. Es gibt hier Vorgaben sowohl für Kreditgarantien als auch zinsvergünstige Darlehen. Für Kreditgarantien werden beispielsweise Mindesthöhen für Garantieprämien definiert. Für zinsvergünstigte Darlehen werden zu erhebende Mindestsätze für Kreditrisikomargen vorgeschrieben. Zudem werden für beide Beihilfearten Obergrenzen für den Gesamtdarlehensbetrag definiert.
Beihilfen zur Abfederung von hohen Energiebeschaffungskosten
Schließlich definiert der befristete beihilferechtliche Rahmen wie die Mitgliedstaaten Unternehmen u.a. durch Kredite, Steuervorteile, aber auch direkte Zuschüsse bei der Bewältigung der massiv gestiegenen Preise für Strom und Erdgas unterstützen dürfen.
Der Krisenrahmen sieht vor, dass Steigerungen der Energiebeschaffungskosten im Zeitraum Februar bis Dezember 2022 durch eine Beihilfe abgefedert werden dürfen. Als Referenzperiode zur Berechnung der gestiegenen Beschaffungskosten dient das gesamte Jahr 2021. Ein kompletter Ausgleich der Steigerungen ist nicht möglich. Stattdessen hat die Europäische Kommission entschieden, lediglich Steigerungen von über 200 Prozent als beihilfefähig zu betrachten. Von diesen extremen Steigerungen dürfen dann wiederum nur maximal 30 Prozent durch eine Beihilfe ausgeglichen werden. Der Maximalbetrag wurde auf 2 Millionen Euro pro Unternehmen festgelegt.
Höhere Entlastung energieintensiver Betriebe möglich
Für energieintensive Unternehmen darf die Beihilfeintensität auf 50 Prozent der beihilfefähigen Steigerungen der Energiebeschaffungskosten angehoben werden. Maximal sind 25 Millionen Euro pro Unternehmen zulässig. Zudem darf die Beihilfe 80 Prozent des Betriebsverlusts nicht übersteigen. Zugleich wird gefordert, dass der Anstieg der beihilfefähigen Steigerung der Energiebeschaffungskosten mindestens 50 Prozent des Betriebsverlusts generiert.
Um von diesen spezifischen Regeln zu profitieren, muss ein Unternehmen die Definition eines energieintensiven Unternehmens aus der europäischen Energiesteuer-Richtlinie erfüllen. Die Energiebeschaffungskosten müssen mindestens 3 Prozent des Produktionswerts erreichen. Zusätzlich muss das Unternehmen für den Zeitraum Februar bis Dezember 2022 einen Betriebsverlust (negativer EBITDA) aufweisen.
Für besonders betroffene energieintensive Unternehmen darf die Beihilfeintensität 70 Prozent und maximal 50 Millionen Euro erreichen. Die Liste der entsprechenden Sektoren und Teilsektoren ist im Anhang I der Mitteilung zu finden. Unter anderem werden dort die Erzeugung von Aluminium und anderen Metallen, Glasfasern, Zellstoff, Düngemitteln oder Wasserstoff und zahlreichen Grundchemikalien aufgeführt.
Der Befristete Krisenrahmen gilt bis zum 31. Dezember 2022. Vor Ablauf wird die Kommission bewerten, ob eine Verlängerung notwendig ist.
Quelle DIHK, Stand: 24.03.2022
Quelle DIHK, Stand: 24.03.2022
Koalitionsausschuss verabschiedet Energiepreisentlastungen
Der Koalitionsausschuss hat sich auf ein zweites Entlastungspaket zusätzlich zur Übernahme der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 in den Bundeshaushalt verständigt. Der Kompromiss muss noch in Gesetze gegossen werden, damit er wirksam werden kann. Dies dürfte nun rasch erfolgen. Den Beschluss der Ampel finden Sie in der Anlage.
Konkret wurde folgendes vereinbart:
- Der Ausbau erneuerbarer Energien soll weiter beschleunigt werden, ohne dass das Papier konkrete Maßnahmen enthält.
- LNG-Terminals sollen schnell genehmigt und der Gaseinkauf in anderen Ländern unterstützt werden.
- Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft soll beschleunigt werden. Das gilt auch für entsprechende internationale Partnerschaften.
- Die Produktion heimischer Grün-Gase soll weiter gesteigert und die Rückverstromung weiter flexibilisiert werden. Biomasse soll stärker für Methanisierung und Einspeisung ins Gasnetz genutzt werden.
- Kohlekraftwerke sollen länger in der Sicherheitsbereitschaft bleiben. Die Stilllegung von Kohlekraftwerken kann ausgesetzt werden.
- Das Kartell- und Wettbewerbsrecht soll national und europäisch genutzt werden, damit sinkende Preise möglichst rasch bei den Verbrauchern ankommen. Marktüberwachung und -regulierung soll gestärkt werden.
- Der Effizienzstandard 55 soll noch dieses Jahr mit Wirkung zum Jahreswechsel im Gebäudeenergiegesetz festgeschrieben werden.
- Neue Heizungen sollen bereits ab dem 1.1.2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien betrieben werden müssen.
- Abwärme soll schnell in die Fernwärme integriert werden, damit 2030 50 Prozent der Fernwärme "grün" ist.
- Es wird eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt gewährt. Die Auszahlung erfolgt über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers bzw. des Dienstherren. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer. Selbständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.
- Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, wird die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für das Klimageld entwickeln.
- Die Energiesteuer auf Kraftstoffe soll für drei Monate auf das europäische Minimum reduziert werden.
DIHK-Kurzbewertung: Das Papier der Ampel enthält zunächst einmal viele vage Ankündigungen, die erst noch mit Leben gefüllt werden müssen. Dort, wo es konkret wird, ist vor allem eine Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher vorgesehen. Für die Wirtschaft enthält das Paket außer der vorübergehenden Senkung der Energiesteuer - dies hat die DIHK-Vollversammlung am 23. März auch empfohlen - keine weitere Entlastung. Damit ist das Paket nur ein Tropfen auf den heißen Stein und bringt vielen Unternehmen und vor allem der Industrie keine Entlastung. Viel Interpretationsspielraum bleibt auch bei der Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro. Sicher ist, dass die Unternehmen eine einmalige Anpassung der Programmabläufe in der Lohnbuchhaltungssoftware vornehmen müssen. Offen bleibt jedoch, ob sie angesichts der geplanten Einkommensteuerpflichtigkeit auch die Lohnsteuer abführen müssen. Um eine Verauslagung der Energiepreispauschale durch die Unternehmen zu vermeiden, könnte eine Erstattung über eine gekürzte Lohnsteuerabführung erfolgen. Klar kommuniziert wird dies aber leider nicht. Für Selbständige bedeutet der Vorschlag ohnehin lediglich eine Stundung, die sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder nachzahlen müssen.
Quelle DIHK: Stand: 24.03.2022
Quelle DIHK: Stand: 24.03.2022
Resolution der IHK-Organisation zu Sofortmaßnahmen gegen hohe Strom- und Energiepreise
Die 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) fordern Sofortmaßnahmen gegen die hohen Strom- und Energiepreise in Deutschland. Ihr höchstes Gremium, die DIHK-Vollversammlung, verlangt in einer am 23. März verabschiedeten
Resolution außerdem zehn konkrete Schritte, um Unternehmen dauerhaft zu entlasten, die Energieversorgung zu sichern und den Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten.
Quelle DIHK, Stand: 23.03.2022
Bundesregierung erarbeitet Vorsorgeplan zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit
Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine hat das BMWK einen Vorsorgeplan zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit veröffentlicht. Im Kern setzt der Plan hauptsächlich auf eine weitere Forcierung der Energiewende, die bestehende strategische Erdölbevorratung, eine marktlich organisierte Gasreserve und den Ausbau der LNG-Infrastruktur sowie eine Diversifizierungund Reservebildung bei Kohle.
Ziel ist es, die hohe Abhängigkeit von russischen Importen bei fossilen Energieträgern zu überwinden. Rund 55 Prozent seines Gasbedarfs, 35 Prozent der Ölversorgung und 50 Prozent der Kohle bezieht Deutschland aus russischen Quellen. Vor dem Hintergrund der geopolitischen Zuspitzung hat das BMWK Arbeitsstäbe eingerichtet, die die Energieversorgung überwachen. Aktuell gibt es keine Hinweise auf Versorgungsbeeinträchtigungen. Das Ministerium wird aber weitere Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit abstimmen und erforderlichenfalls umsetzen.
Hauptpunkt des Vorsorgeplans ist die Beschleunigung der Energiewende und der Ausbau erneuerbarer Energien, die nun als Frage der nationalen und europäischen Sicherheit dargestellt werden. Hierzu erarbeitet das BMWK aktuell Maßnahmen, die sehr schnell beschlossen und bereits im Sommer Wirkung zeigen sollen– vor allem geht es um die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
Bei den Vorsorgemechanismen Öl setzt man auf die etablierten Strukturen der strategischen Ölreserve, die Erdöl und Erdölerzeugnisse für rund 90 Tage bevorratet – das sind etwa 15 Millionen Tonnen Rohöl und 9,5 Millionen Tonnen fertige Mineralölerzeugnisse. Die Freigabe der Ölreserven erfolgt per Beschluss der Internationalen Energieagentur oder alternativ auf nationaler Ebene per Ministerverordnung des BMWK.
Anders als beim Öl existiert im Gasbereich keine strategische Reserve. Kurzfristig fanden bereits Ausschreibungen für sog. Long Term Options (LTOs) statt, mit denen die Speicherstände stabilisiert wurden und für die es bei Bedarf im März und April weitere Sonderausschreibungen geben soll. Parallel erarbeitet das BMWK gerade ein Gesetz, mit dem die Markakteure zukünftig zur Einhaltung bestimmter Speicherstände verpflichtet werden. Außerdem sollen nun schnellstmöglich eigene LNG-Anlandepunkte in Deutschland entstehen, die gleich „wasserstoffready“ gebaut werden.
Bei der Kohle setzt die Bundesregierung mit der Bundesnetzagentur einen Prozess zur Diversifizierung der Kohlelieferketten sowie Beschaffung und Reservebildung gemeinsam mit den Kraftwerksbetreibern auf. Das Dokument Vorsorgeplan ist noch nicht offiziell verfügbar.
Quelle DIHK, Stand 25.02.2022
Bundesregierung gibt Teil der Ölreserven frei und kauft LNG
Zur Beruhigung des Ölmarktes gibt die Bundesregierung im Rahmen eines international abgestimmten Schritts einen Teil ihrer strategischen Ölreserven frei. Die Mitgliedstaaten der Internationalen Energie Agentur (IEA) hatten in einer Sondersitzung beschlossen, insgesamt 60 Millionen Barrel freizugegeben. Der deutsche Anteil beträgt rund 435.000 Tonnen Öl, etwa 3 Prozent der deutschen Reserve. Die Entscheidung wird per Ministerverordnung des BMWK umgesetzt und tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Anschließend wird der Erdölbevorratungsverband die Mengen auf dem Markt anbieten.
Zudem stellt der Bund 1,5 Milliarden Euro für den Kauf von Flüssigerdgas (LNG) zur Verfügung und will so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Das Gas soll kurzfristig durch dieTrading Hub Europe, den Marktgebietsverantwortlichen, beschafft werden und ist zur Einspeicherungvorgesehen.
Quelle DIHK, Stand: 02.03.2022