FAQ zum Thema Brexit & Zoll

Was muss ich aus zollrechtlicher Sicht bis Ende 2020 beachten?

Während der Übergangsfrist (bis Ende 2020) nichts. Lieferungen in das und aus UK werden weiterhin als normale innergemeinschaftliche Lieferung behandelt, Intrastatmeldungen sind abzugeben. Danach gelten die Regelungen für Exporte und Importe. Für jede Warenbewegung sind Zollanmeldungen notwendig.

Wie funktionieren Ausfuhren aus der EU in Richtung UK ab 2021?

Ab 1. Januar 2021 muss eine Zollabfertigung durchgeführt werden. Diese richtet sich in der EU nach den üblichen zollrechtlichen Vorschriften für Drittländer. Das bedeutet für den Export ins UK:
  1. Zollanmeldung im System ATLAS. Eine EORI muss vorhanden sein.
  2. Bestehende Verfahrenserleichterungen können auch für UK genutzt werden.
  3. Die Zollanmeldung (MRN/ABD) wird an der Außengrenze, beispielsweise entlang des Ärmelkanals in Frankreich/Belgien/Niederlanden gescannt. Der LKW verlässt die EU.
  4. Zollrechtliche Versandverfahren (T1/NCTS) können zusätzlich genutzt werden. Das scheint aber aktuell nicht notwendig sein.

Wie funktioniert die Einfuhr im UK?

  1. Unternehmen müssen für eine Verzollung über eine EORI im UK verfügen (Kennung GB) oder sich indirekt von einem im UK ansässigen Zollagenten vertreten lassen.
  2. Die Zollabfertigung wird 2021 schrittweise eingeführt. Für die meisten Waren gelten die vollen Regularien erst zum 1. Juli 2021. Bis dahin müssen die Einfuhren lediglich im Unternehmen erfasst werden. Verbrauchsteuerpflichtige Waren (unter anderen Alkohol, Tabak) müssen ab 1. Januar 2021 vollständig erfasst und verzollt werden, für lebende Tiere und Erzeugnisse daraus gilt dies zum 1. April 2021.
  3. UK hat einen eigenen Zolltarif veröffentlicht. Die Zollstruktur gleicht weitgehend dem EU -Tarif, allerdings sind einige Zollsätze auf volle Prozentzahlen abgerundet, niedrige Zölle unter zwei Prozent entfallen ganz. Im Fall eines Handelsabkommens mit der EU würden voraussichtlich Zölle auf nachgewiesene EU-Ursprungswaren entfallen.
  4. UK verwendet bei der Einfuhr mindestens bis Juli 2021 dieselben zehnstelligen Warennummern wie die EU (TARIC).
  5. Einzelheiten der Zollabfertigung sind im Border Operating Model hinterlegt.

Kann ich mit meiner EORI-Nummer aus der EU noch nach Ablauf der Übergangsfrist im UK abfertigen?

Nein. Dafür ist eine Registrierung im UK und eine EORI mit Kennung GB erforderlich. Alle Registrierungen und Genehmigungen verlieren wechselseitig im UK und der EU27 ihre Gültigkeit.

Kann ich sicherheitshalber vor dem Jahreswechsel eine Ausfuhrerklärung für eine Lieferung ins UK erstellen, falls der Fahrer nicht rechtzeitig die EU verlässt?

Das wird nicht möglich sein. Zollanmeldungen für das VK sind erst nach Ablauf der Übergangsfrist möglich. Für Sendungen, die als innergemeinschaftliche Lieferungen starten, aber die EU nicht vor Ablauf der Übergangsfrist verlassen, muss dann ein Zollverfahren gestartet werden. Das soll in jedem Zollamt innerhalb der EU möglich sein.

Was gilt für Lieferungen nach Irland und Nordirland?

Lieferungen mit dem Ziel Irland, die lediglich über das Gebiet Großbritanniens transportiert werden, sind weiterhin innergemeinschaftliche Lieferungen. Die Abwicklung entspricht der einer Lieferung beispielsweise zwischen Deutschland und Italien, die durch die Schweiz führt. Hier wird das gemeinsame Versandverfahren für Unionswaren (T2) angewendet, dieses wird durch den Transporteur abgewickelt. Für Nordirland sollte eigentlich dasselbe gelten, da Nordirland Teil des EU-Binnenmarktes bleiben soll. Allerdings scheint hier die britische Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen zu sein.

Was gilt bei der Einfuhr von Kleinsendungen?

In der EU gilt noch bis 1. Juli 2021, dass Kleinsendungen bis zu einem Warenwert von 22 Euro nicht angemeldet werden müssen. Für Sendungen unter 1000 Euro gelten reduzierte Anfoderungen bzw. Datensätze. Ab Juli 2021 müssen auch Sendungen unter 22 Euro angemeldet werden. Im VK gilt eine erleichterte Abfertigung für Waren bis 135 Pfund. Im Bereich E-Commerce muss der ausländische Verkäufer im VK steuerlich registriert sein. Details stehen im Border Operating Model.

Wie wird der Import aus UK in der EU ablaufen?

Im UK muss zunächst ab 1. Januar 2021 eine Ausfuhranmeldung erstellt werden. Die Zollabfertigung zum freien Verkehr wird voraussichtlich meist in Frankreich, Belgien oder den Niederlanden und nicht in Deutschland stattfinden. Zollrechtlich gelten überall dieselben Regelungen, problematisch ist die Einfuhrumsatzsteuer. Um in diesen Fällen zu vermeiden, dass ausländische Einfuhrumsatzsteuer anfällt, die in Deutschland nicht verrechnet werden kann, wird wohl häufig das so genannte Verfahren 42 Anwendung finden. Dabei wird die Ware zum zollrechtlichen Verkehr angemeldet und durch einen Fiskalvertreter in diesem Staat in eine innergemeinschaftliche Lieferung umgewandelt. So entsteht keine Einfuhrumsatzsteuer. Alternativ kommt die Eröffnung eines zollrechtlichen Versandverfahrens für Nicht-Unionswaren (T1) in Frage. Dieses kann im VK eröffnet werden und beispielsweise in Deutschland enden.
Generell sollten Unternehmen prüfen, ob bestehende Aufschubkonten für Eingangsabgaben ausreichen und ob die Bestimmung des Zollwerts hinreichend klar ist. Falls bislang keine Erfahrungen mit Importen bestehen, sollte eine Abstimmung mit Dienstleistern erfolgen. Die Haftung bleibt allerdings beim Importeur.

Wer ist verpflichtet die Zollabfertigung in der EU und im UK durchzuführen?

Das hängt davon ab, was Lieferant und Kunde miteinander vereinbart haben. Häufig wird diese Frage über die INCOTERMS vertraglich geregelt. Im Fall einer DDP-Lieferung in das VK müsste der EU-Lieferant die Einfuhrverzollung im VK übernehmen. Ähnlich kritisch sind Vereinbarungen wie „frei Haus”. Vor dem Brexit geschlossene Verträge gelten weiter.

Was passiert mit Dual-use-Gütern?

Nach der Übergangsfrist ist die Lieferung von Dual-use-Gütern in das VK ausfuhrgenehmigungspflichtig. Es ist geplant, UK in die Allgemeinen Genehmigungen (AGG) der EU, insbesondere die EU 001 aufzunehmen. Damit müssten in den meisten Fällen keine Einzelgenehmigungen beantragt werden, die Lieferungen könnten unter Inanspruchnahme der AGG erfolgen. Der notwendige Gesetzgebungsprozess soll im Jahr 2020 durchgeführt werden.

Welche Zölle werden anfallen?

Falls es kein Handelsabkommen geben sollte, würden beim Import in die EU die normalen EU-Zollsätze (Drittlandszollsatz) anfallen, diese können beispielsweise unter EZT-Online recherchiert werden. Im VK würde der VK-Zolltarif, der ab 1. Januar 2021 gilt, angewendet. Im Fall eines Freihandelsabkommens würden voraussichtlich die Zölle für die jeweiligen Ursprungswaren wechselseitig entfallen.

Wie erfolgt die Abfertigung für Waren, die aus dem UK in die EU zurückgeholt werden?

In solchen Fällen kann die Ware normalerweise abgabenfrei als Rückware abgefertigt werden. Voraussetzung dafür ist der Nachweis, dass die Ware zuvor aus der EU exportiert worden ist. Da der Nachweis bei Lieferungen in das VK nicht über die Ausfuhrnachweise möglich ist, weil es diese nicht gibt,  können Lieferscheine oder ähnliche Unterlagen als Beleg dienen, dass der Transport ins VK innerhalb von drei Jahren vor der Wiedereinfuhr in die EU stattgefunden hat. Einzelheiten sind in der ATLAS-Info 1855/19 enthalten.

Kann ich weiterhin Lieferantenerklärungen für meinen Kunden im UK austellen oder von meinem Lieferanten in UK beziehen?

Nein, spätestens zum 1. Januar 2021 ist UK-Ware keine präferenzberechtigte EU-Ware mehr. Das gilt auch für VK-Ware, dies sich in der EU befindet oder schon verbaut ist. Der Zoll hat hierzu umfassende Informationen veröffentlicht. Für Unternehmen bedeutet das unter anderem, dass Produkte möglicherweise die EU-Ursprungseigenschaft verlieren oder dass neu kalkuliert werden muss.

Kann ich beim Export in das UK künftig eine Ursprungserklärung abgeben?

Nein, ohne Handelsabkommen gibt es im Verhältnis zum VK keine präferenzberechtigten Waren. Daher gibt es weder Ursprungserklärungen auf Handelsdokumenten noch Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 noch Lieferantenerklärungen.

Gibt es für britische Ursprungswaren Änderungen im Ursprungszeugnis?

Das Vereinigte Königreich ist kein Mitglied der EU mehr. Daher lautet auf Ursprungszeugnissen die Ursprungsangabe für VK-Ursprungsware „Vereinigtes Königreich” oder „United Kingdom” ohne den Zusatz „Europäische Union”. Die Bezeichnung Großbritannien ist möglich, allerdings fehlt dann ein Teil des Vereinigten Königreichs, nämlich Nordirland. Ab 2021 gelten strengere Maßstäbe für die Ursprungsnachweise.

Kann ich für das Vereinigte Königreich ein Carnet ATA verwenden?

Nach Ablauf der Übergangsfrist kann für die vorübergehende Verwendung von Berufsausrüstung, Messegütern und Warenmustern sowie weiteren Waren das Carnet ATA verwendet werden. Während der Übergangsfrist wäre das weitgehend sinnlos, gegebenenfalls mit Ausnahme der Kanalinseln.
(Quelle: IHK Stuttgart)