IHK-Schaufenster Innovation bei Neuenhauser

Ganze sechs Fußballfelder umfasst die Produktionsfläche der Spinnerei in den USA, für die das Unternehmen Neuenhauser Maschinenbau GmbH in sehr kurzer Zeit eine intelligente Automatisierungslösung für den Transport sogenannter „Kannen“ – hohen, schmalen Behältern, in denen vorbereitete Baumwollfasern zu den Spinnmaschinen gebracht werden – entwickelte, herstellte und in Betrieb nahm. Dennoch war der stark begrenzte Platz eine der größten Herausforderungen des Entwicklungsprojektes, wie die rund 30 Teilnehmer jetzt beim ersten „IHK-Schaufenster Innovation“ in Neuenhaus erfuhren.
Voneinander lernen, sich weiterentwickeln und so gemeinsam innovativer werden, ist das Ziel des neuen Veranstaltungsformats. Die Idee dahinter: Zahlreiche Unternehmen im IHK-Bezirk bringen regelmäßig neue und hochtechnische Lösungen auf den Markt. Außerhalb der jeweiligen Branche oder dem Kundenkreis bekommt davon – insbesondere bei Entwicklungen im „B2B“-Bereich (Handel zwischen Unternehmen) – jedoch kaum jemand etwas mit. Dabei könnten viele der Lösungsansätze wichtige Impulse in anderen Bereichen geben, wie die Premiere bei Neuenhauser eindrucksvoll zeigte.
„Einer unserer Kunden suchte nach einer Lösung, um den Transport von Kannen zu den Spinnmaschinen und zurück zu automatisieren. Die anderen Arbeitsabläufe durften dadurch aber nicht behindert werden, d. h. Mensch und Transportsystem sollten sich den Raum zur gleichen Zeit gefahrlos teilen“, erläuterte Jörg Wolf, Leiter Konstruktion, die Aufgabenstellung.
Insgesamt 20.000 Kannen setzt die Spinnerei im Umlaufverfahren ein, um pro Woche 5.000 Baumwollballen zu verarbeiten. Bisher wurden diese von Hand platziert, doch fällt es dem Unternehmen immer schwerer, ausreichend Personal für diese Aufgabe zu finden.
Innerhalb eines Jahres entwickelten Jörg Wolf und sein Team dann ein autonomes, fahrerloses Transportsystem (FTS). Das Besondere daran: Die benötigten Technologien waren auch für die Neuenhauser-Gruppe zu der Zeit noch Neuland. Durch die kluge Kombination bestehender Systeme, z. B. für die Navigation, konnte dennoch ein FTS entwickelt werden, das den individuellen Rahmenbedingungen – wie engen und staubigen Gängen – gerecht wird.
„Durch Simulation konnten wir dann ermitteln, dass insgesamt 22 Fahrzeuge benötigt werden, um alle Transporte abzudecken“, so Wolf. Das Konzept überzeugte den Kunden. Im Dezember 2018 konnten die ersten vier Fahrzeuge ausgeliefert werden, inzwischen befinden sich neun Fahrzeuge in den USA im Dauereinsatz, der Rest soll bis Anfang 2020 ausgeliefert sein.
Das hinzugewonnene Know-how konnte bereits für andere Projekte genutzt werden, z. B. für einen autonomen Industriestaubsauger mit automatisierter Entladung des Sammelbehälters. „Wir haben eine eigene Fahrzeugtechnologie erarbeitet, die auch außerhalb der Textilindustrie eingesetzt werden kann“, so Wolf abschließend. Und auch bei verschiedenen Teilnehmern stieß die Breite an Einsatzmöglichkeiten auf großes Interesse, wie die anschließende Diskussion zeigte.