Trotz Rekordeinnahmen: Weiter Steuererhöhungen in den Kommunen
„Bund, Länder und Gemeinden verbuchen Einnahmen in Rekordhöhe. Umso erstaunlicher ist es, dass einzelne Kommunen selbst jetzt weiter an der Steuerschraube drehen“, sagte Marco Graf, IHK-Hauptgeschäftsführer, zur Veröffentlichung des Realsteueratlas 2018. Demnach erhöhten zehn Kommunen im IHK-Bezirk 2018 die Gewerbesteuer – dies entspricht 8,4 % aller Kommunen. Niedersachsenweit haben knapp 18 % aller Kommunen ihre Steuern erhöht. Das zeigt eine parallel veröffentlichte Umfrage aller niedersächsischen Industrie- und Handelskammern.
In einer Umfrage unter den Kommunen des IHK-Bezirks wurden die aktuellen Hebesätze der Realsteuern ermittelt und ausgewertet. Von 119 Kommunen mit Hebesatzrecht haben demnach zehn die Gewerbesteuer, neun die Grundsteuer A und acht die Grundsteuer B erhöht. Der höchste Gewerbesteuerhebesatz findet sich weiter in der Stadt Osnabrück (440 %). Es folgen die Gemeinden Rieste und Eggermühlen (Samtgemeinde Bersenbrück) mit jeweils 400 %. Den niedrigsten Hebesatz im IHK-Bezirk weist die Mitgliedsgemeinde Lahn (Samtgemeinde Werlte) mit 310 % auf.
Welches Ausmaß die Steuererhöhungen inzwischen angenommen haben, zeigt ein Zehnjahresvergleich. Demnach ist in diesem Zeitraum die Gewerbesteuer in lediglich sieben Kommunen des IHK-Bezirkes konstant geblieben. Demgegenüber wurde der Hebesatz in 112 Kommunen erhöht. „Die Entwicklung zeigt deutlich, dass wir uns in der Steuerpolitik in die falsche Richtung bewegen“, so Graf. Er verwies darauf, dass wichtige Wettbewerber wie die USA, Frankreich und Großbritannien die Unternehmenssteuern senken. Deutschland halte das Belastungsniveau hingegen hoch, obwohl der Rekord-Steuerüberschuss Raum für Entlastungen böte.
Die Erhöhungen haben zur Folge, dass der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz im IHK-Bezirk seit 2008 um 24 Prozentpunkte auf nun 377 % angestiegen ist. Allerdings zeigt der Niedersachsenvergleich, dass die hiesige Wirtschaftsregion im Steuerwettbewerb noch vergleichsweise gut platziert ist. In Niedersachsen stieg der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz von 370 % auf 402 %.
Aus Sicht der IHK ist es verständlich, dass die Kommunen versuchen, ihren Haushalt zur Deckung zu bringen. Dafür sollte aber gerade in wirtschaftlich günstigen Zeiten eine Hebesatzerhöhung nicht die erste Wahl sein. „Sollten die Steuererhöhungen in Zukunft in der bisherigen Form weitergehen, läuft die Region Gefahr, ihren Standortvorteil zu verspielen“, so Graf.
In der Verantwortung steht nach Ansicht der IHK auch das Land, das durch die im kommunalen Finanzausgleich geregelten Nivellierungshebesätze einen erheblichen Einfluss auf die kommunale Hebesatzpolitik hat. Durch die systembedingte kontinuierliche Anhebung des Nivellierungshebesatzes werden viele Gemeinden, deren Hebesätze unter dem Durchschnittswert liegen, dazu veranlasst, Steuererhöhungen vorzunehmen. „Der kommunale Finanzausgleich in seiner jetzigen Form enthält eine Steuererhöhungsdynamik, die es den Kommunen schwer macht, ohne Steuererhöhungen auszukommen“, sagte Graf. Die IHK setze sich deshalb bereits seit Langem für eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs ein.
Im IHK-Wirtschaftsatlas unter www.ihk.de/osnabrueck/wirtschaftsatlas können die Realsteuerhebesätze 2018 geografisch aufbereitet betrachtet werden. Über den Vollbildmodus können sie im Ordner „Strukturatlas“ aufgerufen werden.
Die landesweite Umfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern kann unter www.ihk-n.de/publikationen/Fokus-Niedersachsen bezogen werden.