Berufsorientierung in der Schule stärken

Kultusminister Grant Hendrik Tonne zu Gast beim IHK-Mittagsgespräch
„Unser duales System der beruflichen Bildung genießt weltweit zu Recht einen hervorragenden Ruf. Es verschafft jungen Menschen Zugang zum Arbeitsmarkt und sichert den Fachkräftebedarf der Unternehmen. Doch es scheint, dass uns diese Qualitäten in den letzten Jahren aus dem Blick geraten sind.“ Mit dieser Einschätzung eröffnete Martin Schlichter, Präsident der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim, das aktuelle Mittagsgespräch. Zu Gast war der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne, der zum Thema „Berufliche Bildung in Niedersachsen“ sprach.
Die Nachfrage junger Menschen nach Ausbildungsplätzen gehe zurück, so dass inzwischen viele Unternehmen leer ausgingen. „Eine wichtige Stellschraube ist die Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen. Damit kann auch der steigenden Studienabbrecherquote entgegengewirkt werden“, so Schlichter. Zudem sei ein hochwertiges und wohnortnahes Berufsschulangebot mit einer besseren Unterrichtsversorgung erforderlich.
Minister Tonne verwies auf den neuen Entwurf eines Erlasses der niedersächsischen Landesregierung zur Stärkung der Berufsorientierung. „Ausdrücklich muss auch in den Gymnasien die Bedeutung des dualen Systems der Berufsausbildung vermittelt werden. Zugleich ermuntere ich die Unternehmen, aktiv auf die allgemeinbildenden Schulen zuzugehen“, so der Minister. Tonne bekannte sich auch zu einem guten Berufsschulangebot in der Fläche. Im Einzelfall könnten dazu vermehrt Kooperationen zwischen Standorten nötig werden. Aus Sicht der Landesregierung habe auch vor diesem Hintergrund eine zentrale Stellenbewirtschaftung Vorteile. „Diese hat zu vermehrten Einstellungen geführt und damit dazu beigetragen, dass sich im vergangenen Jahr die Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen bereits leicht verbessert hat“, so Tonne.
Ein weiteres Anliegen war IHK-Präsident Schlichter die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. „Im Sinne des Grundsatzes der Chancengleichheit sollten alle beruflichen Aufstiegsfortbildungen ebenso von Kosten entlastet werden wie die akademischen Abschlüsse“, erklärte Schlichter. Davon würden z. B. die Industriemeister, Fachwirte und Fachkaufleute profitieren. Tonne betonte das politische Ziel der niedersächsischen Landesregierung, Gebührenfreiheit im gesamten Bildungsbereich zu erreichen. „Dies gilt ausdrücklich auch für die berufliche Bildung. Die hier noch bestehenden Hürden müssen abgebaut werden. Die dazu vom Land Niedersachsen eingebrachte Bundesratsinitiative ist ein wichtiger, nicht abschließender Schritt“, so Tonne.
In der Diskussion wurden im Hinblick auf den Fachkräftemangel auch pragmatische Lösungen für die Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen eingefordert. Zielsetzung müsse sein, den Betrieben mehr Unterstützungsangebote „aus einer Hand“ zu bieten.