Politik muss bei Nachhaltigkeit spürbare Entlastungen schaffen - Nachhaltigkeitsforum tagt mit über 120 Teilnehmern in Osnabrück
„Nachhaltigkeit bleibt im Fokus des Mittelstandes – trotz konjunktureller Schwächephasen, Fachkräftemangel und komplexer bürokratischer Vorgaben“, betonte IHK-Vizepräsident Mark Rauschen zum Auftakt des Nachhaltigkeitsforums 2025 in der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück. Mehr als 120 Gäste aus der regionalen Wirtschaft folgten der Einladung von Creditreform, PKF WMS und der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen aktuelle Entwicklungen rund um die sogenannte „Omnibus-Verordnung“ der Europäischen Union, die insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeitsregulierung Entlastung bringen soll. Dabei wurde deutlich: Während die EU mit der Verordnung einen wichtigen Schritt in Richtung Bürokratieabbau setzt, sehen sich viele Betriebe nach wie vor durch eine unklare Rechtslage und überbordende Vorgaben ausgebremst. Dies unterstreiche die aktuelle IHK-Bürokratieumfrage, so Rauschen. Danach empfänden 57 Prozent aller befragten Unternehmen die geltenden Berichtspflichten und Nachhaltigkeitsvorgaben als starke oder sehr starke Belastung. Der IHK-Vizepräsident fordert daher: „Politik und Verwaltungen müssen endlich spürbare Erleichterungen schaffen, damit Unternehmen wieder Freiräume bekommen.“
Ein konkretes Beispiel für eine solche dringend benötigte Entlastung stellte Julia Twachtmann, IHK-Projektleiterin Nachhaltigkeit, mit dem neuen freiwilligen Berichtsstandard für kleine und mittlere Unternehmen vor: dem VSME. Der „Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs“ reduziert Berichtspunkte deutlich und soll eine zentrale Lösung für fortlaufende Datenabfragen zu den Themen Soziales, Unternehmensführung und Umwelt (ESG) entlang der Lieferkette bilden. Dr. Benjamin Mohr, Mitglied der Geschäftsführung bei der Creditreform Rating AG bezeichnete den neuen Standard als „machbar – und einen wesentlich besseren Einstieg in die Thematik als alles, was wir bisher in diesem Bereich gesehen haben.“
Trotz aller regulatorischen Herausforderungen wurde beim Nachhaltigkeitsforum deutlich: Nachhaltigkeit ist für viele Unternehmen längst kein Pflichtthema mehr, sondern bietet Chancen und wird daher aktiv und innovativ gestaltet.
Das zeigte sich auch in den Praxisbeiträgen regionaler Unternehmen:
Christoph Spandau, Geschäftsführer der Re.Lion.Bat.Circular GmbH in Meppen, gewährte Einblicke in die europaweit größte Recyclinganalage für Batterien. Das Unternehmen ist ein Beispiel für innovative Marktführer aus der Region. In ihrer Anlage können bis zu 60.000 Akkus pro Jahr recycelt werden – rund ein Drittel der gesamten deutschen Kapazität.
Die Conditorei Coppenrath & Wiese aus Mettingen, die auch am Standort Osnabrück mit Tochterfirmen und Niederlassungen aktiv ist, präsentierte seine Nachhaltigkeitsstrategie als eine Mischung aus Regulatorik, Kundenanforderungen und Zukunftsorientierung. Die Nachhaltigkeitsmanagerin Dr. Ing. Imke Korte berichtete, dass das Unternehmen seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 35 Prozent reduzieren und bis 2045 sogar 90 Prozent einsparen will. Dabei wird der Reduktionsprozess aktuell freiwillig von der “Science Based Targets Initiative“ validiert.
Die Mainka Bau GmbH & Co. KG aus Lingen zeigte, wie unternehmerische Verantwortung auch ohne regulatorische Pflicht umgesetzt werden kann. Die Nachhaltigkeitsverantwortlichen Christian Mross und Marcel Maue schilderten, dass das Unternehmen auch nach dem Wegfall der Berichtspflicht freiwillig weiter nach den ESRS-Vorgaben berichten werde.
Neben den Vorträgen bot die Veranstaltung Raum für kollegialen Austausch und Vernetzung.