US-Handelspolitik belastet die regionale Wirtschaft / IHK-Blitzumfrage zeigt wachsende Unsicherheit
Die aktuellen Entwicklungen im transatlantischen Handel sorgen bei vielen Unternehmen in der Region Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim für Verunsicherung und messbare wirtschaftliche Belastungen. Das zeigt eine aktuelle Blitzumfrage der IHK, an der sich in der ersten Augustwoche knapp 100 Unternehmen aus der Region beteiligt haben. Nahezu drei Viertel der Betriebe berichten von negativen Auswirkungen der bisherigen US-Handelspolitik, jedes fünfte sogar von erheblichen Belastungen.
Besonders häufig genannt werden deutlich gestiegene Zölle, bürokratische Hürden und eine insgesamt unklare politische Lage. 76 Prozent der betroffenen Unternehmen sehen sich mit fortgesetzter handelspolitischer Unsicherheit konfrontiert, 66 Prozent geben an, dass sie der neue US-Basiszollsatz von 15 Prozent direkt negativ betrifft. Für einige Branchen – wie etwa die Stahlindustrie – fallen in Einzelfällen sogar Zölle von bis zu 50 Prozent an. In den offenen Antworten berichten Unternehmen zudem von Absatzverlusten infolge erhöhter Verkaufspreise, Auftragsrückgängen durch zurückhaltende US-Kunden, Verzögerungen bei der Abfertigung aufgrund unklarer Zollvorgaben und von einzelnen Lieferungen, die inzwischen wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sind. 47 Prozent der Unternehmen befürchten zudem Belastungen durch instabile Finanzmärkte oder eine Aufwertung des Euro.
„Die aktuelle US-Handelspolitik setzt viele unserer Unternehmen zunehmend unter Zugzwang. Zölle, Verzögerungen und eine erratische Handelspolitik erschweren den transatlantischen Handel“, erklärt Frank Hesse, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs International. „Gerade für mittelständische Betriebe, die keine globalen Strukturen und nur begrenzte Preisspielräume haben, sind die neuen Rahmenbedingungen kaum zu stemmen.“ Die aktuellen Zölle der USA auf die allermeisten europäischen Produkte träfen die exportstarke Industrie in der Region hart. „Die wirtschaftlichen Folgen werden auch bei uns spürbar, zum Beispiel durch zurückgestellte Investitionen und weniger Beschäftigung“, so Hesse.
Hesse wünscht sich deshalb, dass ein künftiges Handelsabkommen auf Basis des aktuellen "Deals" verlässlich umgesetzt wird. „Solange eine Vereinbarung jederzeit durch neue politische Drohgebärden infrage gestellt wird, bleibt der US-Markt mit Risiken behaftet.“ Insbesondere kleinere Unternehmen seien in ihrer internationalen Aufstellung verwundbar: „Wenn sie sich einmal aus dem US-Markt zurückziehen müssen, ist der Weg zurück oft versperrt – Kundenbeziehungen brechen ab, Marktkenntnis geht verloren, die häufig über Jahrzehnte aufgebaut wurde.“
Als Folge der aktuellen US-Zollpolitik rechnen 58 Prozent der im US-Handel aktiven Unternehmen mit einem Rückgang ihrer Handelsaktivitäten mit den USA. Von den Unternehmen, die künftig mit einem veränderten Umgang mit US-Zollkosten rechnen (34 Prozent), geben zwei Drittel an, die zusätzlichen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Ein Drittel hingegen trägt die Kosten selbst oder teilt sie mit den Kunden – was mit einer Reduktion der eigenen Marge verbunden ist.
Gleichzeitig gewinnen alternative Märkte für viele Unternehmen an Bedeutung. Von den Unternehmen, die verstärkt andere Regionen in den Blick nehmen, wird dabei besonders häufig der EU-Binnenmarkt (63 Prozent) genannt, gefolgt von Asien/Pazifik ohne China (46 Prozent), Süd- und Mittelamerika (33 Prozent) sowie China (30 Prozent). Diese Verschiebung in der Prioritätensetzung ist Ausdruck einer wachsenden Vorsicht im Umgang mit den USA als Handelspartner und zugleich ein klares Signal an die Politik.
Mit Blick auf diese Entwicklungen fordert die IHK stabile und verlässliche Rahmenbedingungen im internationalen Handel. Neben dem Schutz des EU-Binnenmarktes brauche es eine aktive europäische Handelspolitik, die neue Freihandelsabkommen anstrebt – wie etwa das Mercosur-Abkommen, das aktuell zur Ratifizierung ansteht. Nur so könne die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands auch in einem zunehmend unsicheren globalen Umfeld gesichert werden.
Ansprechpartner: IHK, Hartmut Bein, Tel.: 0541 353-126, E-Mail: bein@osnabrueck.ihk.de