Wirtschaft braucht Zuwanderung aus dem Ausland IHK-Mittagsgespräch mit BA-Vorständin Vanessa Ahuja
„Ausländische Beschäftigte haben entscheidend zum Beschäftigungswachstum beigetragen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich der Anteil der Ausländer an allen Beschäftigen mehr als verdreifacht. Dennoch: Das komplizierte Einwanderungsrecht bremst die Dynamik weiterhin. Trotz der Fortschritte durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz empfinden viele Unternehmen den Prozess als zu bürokratisch.“ Dies erklärte IHK-Vizepräsidentin Beate Jakobs jetzt beim IHK-Mittagsgespräch mit Vanessa Ahuja, Vorständin für Leistungen und Internationales bei der Bundesagentur für Arbeit.
Sprachen über die Gewinnung und Integration ausländischer Fachkräfte (von rechts): BA-Vorständin Vanessa Ahuja, IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf, IHK-Vizepräsidentin Beate Jakobs, René Duvinage und Christiane Fern, Leiter der Arbeitsagenturen Nordhorn und Osnabrück.
© Hermann Pentermann
„Ohne Zuwanderung aus dem Ausland und ohne die verbesserte Ausschöpfung der noch ungenutzten inländischen Potenziale wird der Arbeitsmarkt in Deutschland bis zum Jahr 2035 rund sieben Millionen Erwerbstätige verlieren“, bekräftigte Ahuja den Handlungsbedarf. Mit der Zuwanderung aus dem Ausland werde der Fachkräftemangel zwar nicht komplett behoben, aber zumindest abgemildert.
Aktuell belaufe sich die jährliche Netto-Zuwanderung auf rund 380.000 Menschen und liege damit in etwa bei der Zielmarke von 400.000. Allerdings verschöben sich die Herkunftsländer. Die Einwanderung aus europäischen Ländern gehe tendenziell zurück. Man benötige deshalb immer mehr Zuwanderung aus Staaten außerhalb Europas.
Die Arbeitsagenturen hätten bereits vieles unternommen, um die Anwerbung und Integration ausländischer Fachkräfte insgesamt zu erleichtern. So habe die Bundesagentur in einer Länderpotenzialanalyse jetzt 13 Fokusländer identifiziert, aus denen direkt Menschen für den deutschen Arbeitsmarkt gewonnen werden sollen. Ein Beispiel ist Indien. In dem Subkontinent mit 1,4 Milliarden Einwohnern strömten jedes Jahr 1,5 Millionen Menschen auf den Arbeitsmarkt. Die indische Wirtschaft könne dieses Arbeitsangebot jedoch nicht komplett aufnehmen, insofern sei die Abwanderung eines Teils dieser Arbeitskräfte etwa nach Deutschland ein Gewinn für beide Länder.
Insbesondere der Job-Turbo fördere einen schnellen Arbeitseinstieg. Allerdings gebe es immer noch Hürden. „Die neuen rechtlichen Grundlagen bieten jetzt deutlich mehr Möglichkeiten für eine schnelle Anerkennung und Integration als früher. Doch an der Umsetzung in den beteiligten Behörden hapert es noch zu häufig. Oft fehlt es an Personal oder der notwenigen technischen Ausstattung. Auch die Digitalisierung der Prozesse ist vielfach noch unzureichend“, so Ahuja. In diesem Zusammenhang plädierte sie u.a. für die Einrichtung einer jeweils zentralen Ausländerbehörde in den Bundesländern. In Niedersachsen gibt es diese - anders als etwa in NRW - nicht.
IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf bekräftigte diese Forderung. „Unsere IHK setzt sich bei der Landesregierung schon länger für eine zentralen Ausländerbehörde ein, um die Kommunen zu entlasten und die Anerkennungsprozesse deutlich zu beschleunigen. Dabei kommt es auch darauf an, der Behörde weitreichende Kompetenzen in den Verfahren einzuräumen“, so Graf.