Wirrwarr der Vorschriften beenden

„Die vermeintlichen Lockerungen für Kommunen mit einem stabilen Inzidenzwert unter 100 ab dem 10. Mai haben im Handel für viel Unmut gesorgt. Die Testpflicht für den Einzelhandel ist eine zu große Hürde für die Kunden. Gerade vor dem Hintergrund sinkender Inzidenzen müssen die weiteren Öffnungsschritte jetzt schneller erfolgen. Der Handel möchte wieder vollständig öffnen dürfen.“ Dies erklärte Mark Rauschen, Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Handel, jetzt bei einer Sitzung des Gremiums, das sich mit Strategien für die Zukunft des Handels beschäftigte. Rauschen forderte konkret, das aufwändige Testen in der nächsten Lockerungsstufe „unter 50“ entfallen zu lassen.
„Der Einzelhandel hat eine Schlüsselrolle für Innenstädte und Ortskerne. Durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie laufen wir Gefahr, dass unsere Innenstädte ihre wirtschaftliche und auch ihre gesellschaftliche Bedeutung verlieren“, erläuterte Kathrin Wiellowicz, Sprecherin der Federführung Handel der IHK Niedersachsen (IHKN). Als eine Möglichkeit, dieser Entwicklung entgegen zu steuern, empfahl sie, Innenstädte als multifunktionale Räume zu entwickeln, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen sowie moderne und branchenumfassende Zentrenentwicklungskonzepte aufzustellen. Diese sollten die individuellen Voraussetzungen der jeweiligen Kommune berücksichtigen und auch auf bewährte Instrumente aus der Stadtentwicklung zurückgreifen, erläuterte die Stadtplanerin und Handelsexpertin.
„Das stationäre Ladengeschäft ist für Einzelhändler zwar nach wie vor der dominierende Vertriebsweg, aber Online-Kanäle gewinnen künftig immer mehr an Bedeutung“, sagte Dr. Georg Wittmann von der ibi research an der Universität Regensburg GmbH. Eine deutschlandweite Studie des Instituts zeige, dass sich die Unternehmen in Richtung Multikanal-Vertrieb weiterentwickelten. Social Media-Kanäle seien für den Online-Handel ein wesentlicher Bestandteil.
Anke Schweda, IHK-Geschäftsbereichsleiterin Standortentwicklung, Innovation und Umwelt, forderte, dass weitere Öffnungsschritte rechtzeitig bekannt gegeben werden, um mehr Planungssicherheit für die Unternehmen zu erreichen. Der Wirrwarr um Inzidenzen, Testpflichten und räumliche Begrenzungen schade allen. Auch Wettbewerbsverzerrungen im Hinblick auf andere Regionen und andere Sortimente müssten besser als bisher vermieden werden. Sie bot in diesem Zusammenhang auch die ganzjährige Unterstützung der IHK im Rahmen der Aktion „Heimat Shoppen“ an. Die Aktionstage sind am 10. und 11. September 2021 geplant. Gleichzeitig begrüßte sie die Verabschiedung des Niedersächsischen Quartiersgesetzes: „Das Quartiersgesetz kommt zur richtigen Zeit. In Kombination mit dem von der Landesregierung geplanten Ad-hoc-Förderprogramm für Innenstädte ist dies ein wichtiger Schritt, um unsere Zentren und Quartiere jetzt mit den richtigen Impulsen zu entwickeln.“
Der aus ehrenamtlich tätigen Unternehmerinnen und Unternehmern bestehende IHK-Fachausschuss Handel trifft sich dreimal jährlich. Seine Mitglieder tauschen sich regelmäßig mit Experten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft aus und erarbeiten Positionen für die IHK-Vollversammlung. Der jüngste Austausch fand aufgrund der Corona-Pandemie als Videokonferenz statt.