Alternative Fakten: Populismus in Trumps Amerika

Prof. Peter Schneck beim IHK-Mittagsgespräch
(19.06.2017) „Selbst nach über 100 Tagen im Amt ist der politische Kurs von Donald Trump noch immer unklar. Nach wie vor fragen sich gerade hier in Europa nicht wenige, wie es überhaupt passieren konnte, dass dieser offenbar etwas exzentrische Unternehmer zum 45. Präsidenten der USA gewählt wurde“, sagte IHK-Vizepräsident Hans-Christoph Gallenkamp in seiner Begrüßung zum IHK-Mittagsgespräch mit Prof. Dr. Peter Schneck, Professor für Amerikanistik an der Universität Osnabrück. Es stelle sich die Frage, ob der Aufstieg des Außenseiters allein die Folge der Abwendung der Menschen vom politischen „Establishment“ in Washington sei oder ob die offensichtliche Spaltung des Landes über die Politik hinaus gehe und ihre Wurzeln im Kulturellen habe, so Gallenkamp in seiner Einführung.
„Um hierauf eine Antwort zu finden, ist eine Betrachtung der kulturellen Entwicklung – einschließlich der Medien – in den USA in den letzten Jahrzehnten hilfreich“, erklärte Gastredner Prof. Dr. Schneck. In den USA gebe es eine Entwicklung, mit kulturellen Inhalten Politik zu machen. Die Etablierung von Fernsehsendern wie C-SPAN und FOX News mit direkten Übertragungen aus dem Kongress ermöglicht eine direkte Ansprache der Wählerschaft. FOX News sei für Präsident Trump ein enger Partner und einer der wenigen Sender, mit denen er rede. In einer Medienlandschaft mit dem Prinzip der Provokation, besonders ausgeprägt bei Breitbart News, habe eine Entwicklung zu einem radikalen Medienpopulismus stattgefunden. Das Resultat sei eine starke Polarisierung der Gesellschaft.
„Donald Trump hat seine Präsenz in den Medien genutzt, um weite Schichten seiner Wählerschaft zu erreichen“, so Professor Schneck. Nicht ohne Grund ist das Bild des erfolgreichen und zupackenden Unternehmers, das seine Wähler von ihm haben, auch geprägt durch die US-amerikanische Fernseh-Reality- Show „The Apprentice“ mit Trump als Hauptakteur.
Der „Kampf der Kulturen“ bewirke auch, dass sich die politischen Lager in den USA nicht nur politisch fremd geworden sind, sondern auch menschlich. Dies habe zur Folge, dass eine Auseinandersetzung mit politischen Inhalten und Argumenten nicht mehr zum Tragen komme. Ein politischer Konsens sei daher nur noch schwer möglich.
„Im Grunde ist Donald Trump noch immer im Wahlkampfmodus“, so Professor Schneck. Daher laufe alles noch wie bisher und direkte Effekte seiner Präsidentschaft seien kaum spürbar.
„Enge und gute Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sind aus Sicht der Wirtschaft wichtig“, betonte Gallenkamp. Seit 2015 seien die USA auch der wichtigste Exportmarkt der deutschen Wirtschaft. Zudem seien über 200 Betriebe in den USA aktiv, teilweise mit eigenen Niederlassungen. Umgekehrt sind im IHK-Bezirk 13 Unternehmen mit einer US-Muttergesellschaft ansässig. Daran werde deutlich, wie groß das Interesse beider Seiten ist, die bestehenden Verbindungen zu pflegen und auszubauen. Die IHK habe daher erst kürzlich zusammen mit der Stadt Osnabrück eine Delegationsreise in die USA unternommen.