Gesetz gegen wirtschaftliche Betätigung der Kommunen nicht aufweichen
Bund der Steuerzahler beim IHK-Mittagsgespräch
„Immer mehr Städte und Gemeinden klagen trotz sprudelnder Steuereinnahmen über wachsende Ausgaben und leere Kassen. Viele von ihnen drehen daher an der Steuerschraube. Teilweise suchen sie ihr Glück auch in einer noch stärkeren wirtschaftlichen Betätigung.“ Dies erklärte IHK-Vizepräsident Jan Felix Simon beim Mittagsgespräch der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim in Osnabrück. Längst beschränke sich das Betätigungsfeld nicht mehr auf die „klassische“ Daseinsvorsorge, etwa den Nahverkehr, den Bereich Wasser und Abwasser oder den Hausmüll. Hinzugekommen seien mittlerweile kommunal betriebene Sauna- und Wellnesslandschaften, Fitness-Studios und selbst große Freizeiteinrichtungen, wie eine aktuell in Osnabrück geplante Kartbahn.
Bernhard Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e.V., bestätigte diese Entwicklung: „Während wir in den 1990er Jahren eine Privatisierungswelle beobachten konnten, gibt es nun einen Trend zur Kommunalisierung – häufig sogar in ganz neuen Bereichen.“ Teilweise habe das kommunale Engagement schlimme finanzielle Folgen für die Steuerzahler. So habe die Stadt Uelzen über eine Stadtwerke-Tochter seit 2008 in der Westukraine Weizen anbauen lassen. Das Geschäft sei mit einem Verlust von 20 Millionen Euro im Finanzdesaster geendet.
Auch in der Region nannte Zentgraf Beispiele für fragwürdige wirtschaftliche Betätigungen von Kommunen. Dazu gehört aus seiner Sicht die Übernahme der Grabstellenpflege durch die Stadt Osnabrück, die ebenso gut durch private Friedhofsgärtnereien übernommen werden könne. Auch ein mittlerweile wieder eingestellter Leichentransport durch den städtischen Betrieb sei keine kommunale Aufgabe. Die aktuellen Planungen für die Elektro-Kartbahn, für die rund drei Millionen Euro investiert werden sollen, bewertete er vor diesem Hintergrund ebenfalls kritisch. Ein solches Angebot sei betriebswirtschaftlich riskant und gehöre in keinem Fall zur Daseinsvorsorge.
Kommunen versuchten ihr Engagement im Wesentlichen mit vier Argumente zu rechtfertigen: Die kommunale Betätigung sei angeblich preisgünstiger, sie sichere Beschäftigung, sie verfolge umweltpolitische Ziele und sie verschaffe den Gemeinden Gewinne. Zentgraf bewertete sämtliche Argumente kritisch. So sei die Gewinnerzielung keine Aufgabe der öffentlichen Hand, Beschäftigungsförderung werde vielfach mit Effizienzverlusten erkauft. Arbeitsplatzgewinnen bei den Kommunen würden Arbeitsplatzverluste bei den privaten Anbietern entgegengerechnet werden.
Aus guten Gründen seien der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen in Niedersachsen deshalb rechtliche Grenzen gesetzt. So muss ein Vorhaben einen öffentlichen Zweck erfüllen und in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Kommune stehen. Außerdem soll sich die Kommune zurückhalten, wenn die Leistung ebenso gut durch einen privaten Anbieter erbracht werden kann. In diesem Fall hat der Private derzeit eine Klagemöglichkeit. Die Kommune muss den Nachweis erbringen, dass die Privatleistung nicht gleichwertig ist. Diese Grenzen will die Landesregierung nun allerdings aufweichen. Insbesondere soll die Beweislast künftig nicht mehr die Kommune, sondern den Privaten treffen. „Dies wäre genau der falsche Weg“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf, und kündigte an, die Änderungspläne kritisch zu begleiten.