Mit Stofftaschentüchern zu mehr Nachhaltigkeit

BAD IBURG | Am Anfang stand eine Zwangspause. Silke Kretzing, die zuvor viele Jahre als Eventplanerin und Chronistin für Unternehmen gearbeitet hatte, brachen durch die Pandemie alle Aufträge weg. Statt zu verzagen, besann sie sich darauf, ihre Energie und Begeisterung für etwas sinnvolles Neues aufzubringen. Wenig später fand sie sich im Büro wieder, umgeben von einer Vielzahl an Stofftaschentüchern, die sie europaweit bei un-terschiedlichen Händlern geordert hatte.
Der Haushalt der Kretzings wurde zur Versuchszone. Der Mann und die beiden erwachsenen Söhne – während des Studiums coronagestrandet im Elternhaus – putzten die Nasen, diskutierten über die Flauschigkeit der Stoffproben und suchten nach einem Favoriten. Der ideale Kandidat sollte, sagt die Unternehmerin, „saugfähig, weich, bügelfrei, nachhaltig und trendy sein. So trendy wie die lässigen T-Shirts von Don Johnson in Miami Vice.“ Die Entscheidung fiel auf Interlock-Jersey, der gewirkt statt gewebt wird und sich anfühle „wie die Qualität von einem Babybody.“ Wenn sich Silke Kretzing heute an die Anfänge erinnert, muss sie selbst ein wenig lachen.
Silke Kretzing aus Bad Iburg Nasenglück aus Osnabrück
Setzt aus Überzeugung auf Nachhaltigkeit: Silke Kretzing aus Bad Iburg sorgt für „Nasenglück aus Osnabrück“ © Foto: © Dominik Pfau www.dominikpfau.de
„Ich selbst habe schon immer Stofftaschentücher genutzt und mich lange über die meterlangen Regale mit den Wegwerfartikeln in den Supermarktregalen geärgert. Alle sind doppelt in Plastik ingeschweißt. Und nirgends war eine nachhaltige Alternative dazu zu finden.“ Inzwischen hat sich das, speziell in Bad Iburg und dem Osnabrücker Land, ge-ändert. In elf Edeka-Märkten und drei Rewe-Märkten sind die StoffOS bereits gelistet und viele inhaber-geführte Läden sind Stammkunden. „Aktuell kommen neue Kooperationen und Verkaufspartner auf mich zu“, ist zu hören. Biohotels und Tourismusbüros gehören seit September 2021 zur Kundschaft wie Modegeschäfte und auch Hochzeitspaare, die Taschentücher mit Initialen bedrucken lassen. Anfang Januar waren die Displays erstmals auf einer Fachmesse in München zu sehen, mitgereist im Portfolio eines Ver-kaufsagenten, der die Bekanntheit in Süddeutschland steigert und neue Interessenten akquiriert.

Sicherheit in der Lieferkette

„Ein Massengeschäft“, sagt die Bad Iburgerin, „sind die StoffOS zwar noch nicht. Aber die Weichen sind gestellt, das Lager gefüllt, so dass ich richtig durchstarte mit den Produkten unseres Traumlieferanten.“ Was waren die wichtigsten Erfahrungen auf dem Weg dorthin? „Da gab es viele“, sagt Kretzing und macht deutlich, dass nicht das Tempo ihren Markteintritt beeinflusste, sondern die Sicherheit, ihrem eigenen Anspruch an das Label „Nachhaltig. Eco. Fair“ gerecht zu werden. Auf dem Weg dorthin, das ist nicht zu überhören, halfen ihr ein gutes Netzwerk, die Innovationsbereitschaft der Osnabrücker und die Offenheit, auf Menschen zuzugehen. Zwei Beispiele: Über den Kontakt zur Rabe Fashion Group in Hilter a.T.W. bekam sie erste Kontakte zu Lieferanten von Bio Baumwollstoffen. Und über einen Pressetext auf der Netzseite der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) lernte sie die Tailorlux GmbH aus Münster kennen, die sich mit sicheren Lieferketten auskennt. Von dort wiederum fand sich der Weg zu einer Firma in Bocholt, die mit einem renommierten indischen Hersteller von Biobaumwolle arbeitet, die die Bad Iburgerin überzeugte und deren Qualität ihr ein Prüfinstitut zusätzlich bestätigte.
Jetzt, wo all diese Faktoren in trockenen Tüchern sind, geht die Gründerin ihren Weg weiter. Gemeinsam übrigens mit der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück und dem Sanatorium Kassen. Dort lässt Silke Kretzing die Stofftaschentücher ver-packen. Stylisch und wertig. „Es ist an der Zeit, dass Weg-werfartikel höher besteuert werden müssten, damit nachhaltige Produkte wie meines im Preisvergleich besser abschneiden“, sagt die 59-Jährige. Ihr Ziel für das Jahr 2023: „Weiterhin mit vielen anderen Menschen die Welt verbessern und noch stärker auf Social Media präsent sein. Wenn alles klappt, dann reise ich im November mit einer Gruppe zur Baumwollernte und Stoffproduktion nach Indien. Dort werde ich vom Nasenglück aus Osnabrück berichten.“
Mehr Infos: www.stoffos.de
von Dr. Beate Bößl, IHK
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