Dinos auf vier Rädern

RHEDE/BRUAL | Seit 50 Jahren ist die früher eigenständige Gemeinde Brual ein Ortsteil von Rhede. Hier im nördlichen Emsland wohnen zwar nur rund 700 Menschen, aber es gibt rund um die Dorfstraße mehrere aktive Unternehmen. Eines davon hat eine knapp 130-jährige Tradition: Die Firma Evers. Genauer: Die Dino Cars Evers GmbH, deren Name 1995 eingetragen wurde. Seither repariert und vertreibt das inhabergeführte Familienunternehmen keine Traktoren oder Landmaschinen mehr, sondern Kettentretfahrzeuge für alle Altersgruppen.
Zum neuen Geschäftsfeld kam der damalige Geschäftsführer Theo Evers durch einen Zufall. Eine Nachbarin brachte ein defektes Gokart vorbei und bat um Hilfe bei der Reparatur und Beschaffung eines vergleichbaren Modells. Vor knapp 30 Jahren war dies keine leichte Aufgabe. Gokarts in der Größe, Stabilität und Funktionalität konnte Evers in den Niederlanden auftun. Er besorgte zunächst Ersatzteile und begann dann, vor Ort auch Gokarts aus dem Nachbarland weiterzuverkaufen. Probleme bei der Beschaffung von Ersatzteilen, mangelnde Flexibilität und steigende Preise sorgten wenig später für ein Umdenken in Brual: Warum nebenher Gokarts vertreiben, wenn Knowhow im Umgang mit Fahrzeugen und Metallverarbeitung durch die lange Unternehmenstradition ohnehin existierte? Evers und seine Mitarbeiter tüftelten, nutzten ihr ­Kontaktnetz und bauten Stück für Stück eine Produktion für ­Gokarts auf. Mitte der 1990er war das. Jurassic Park lief in den Kinos. Evers und sein Team arbeiteten mit dem Anspruch auf Langlebig- und Robustheit an einem Produkt „Made in Germany“, für das fünf Jahre Garantie gewährt wird. Da lag es nahe, das neue Gefährt „Dino Car“ zu nennen. Der Firmenname wurde entsprechend ­geändert.
Tretspaß mit TÜV-Zertifikat
Starke Marken zeichnet aus, dass man sie im Sprachgebrauch mit ganzen Produktkategorien gleichsetzt. Tempo oder Selters sind  zwei Beispiele dafür. Bei Gokarts war das lange Zeit ähnlich. Das „Kettcar“ des sauerländischen Herstellers Kettler dominierte lange den ­deutschen Markt. In direkter Konkurrenz zum Kettcar stand das größere und schwerere Dino Car aber nicht: Anderes Fabrikat, andere Zielgruppen. Inzwischen ist Kettler insolvent und das ­Kettcar wird nicht mehr produziert. Das robuste Dino Car aus dem  Rheder Norden schon.
Der Sohn von Theo Evers, Matthias Evers, beschäftigt heute 15 Mitarbeiter am Standort. Über die Vertriebskanäle hängen 55 Arbeitsplätze am Gokart-Produzenten. Gerade seit der Pandemie hat das ­Geschäftsmodell weiteren Schwung erfahren: Kunden sind neben Privatabnehmern, die fast nur über den Online-Shop ­kaufen, ­Freizeitparks und Campingplätze im In- und Ausland. Inzwischen gibt es eine eigene Niederlassung in Großbritannien und eine ­weitere in den Südstaaten der USA ist geplant. Neben den TÜV-­zertifizierten Tretfahrzeugen mit Straßenzulassung, inzwischen teilweise auch mit Elektroantrieben, gehören nunmehr auch ­robuste Trampoline zum Portfolio. Wiederkehrende Herausforderung ­dabei: Hochwer­tige Komponenten und Teile zu wettbewerbsfähigen ­Preisen zu beschaffen. Aus der Tradition heraus geht man in Brual neue Themen sportlich an: Den Online-Shop, der vollständig den gedruckten Katalog ­abgelöst hat, und die Social-Media-Kanäle haben die Mitarbeiter in Eigenregie aufgebaut. Gearbeitet wird ohne Agentur – und ­trotzdem mit Erfolg. Der Unternehmensstandort sei, was die ­Fachkräftesuche betrifft, zwar eine Hypothek. Dennoch macht sich der ­Firmenchef wenig Sorgen. „Unsere neue Auszu­bildende haben wir über ­Instagram gewonnen“, sagt er und, dass aktuell gleich zwei neue Ausbildungsberufe angeboten werden: Für ­Medienkaufleute und ­Kaufleute im E-Commerce. Diese Entwicklung zeigt die ­Wand­lungsfähigkeit des Unternehmens von 1894 bis heute.

Fabian Ettrich
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Projektleiter Wirtschaftspolitik und -statistik I Assistent des Geschäftsbereichsleiters