Afrika bietet Wirtschaftspotenzial

von Dr, Bianca Untied, IHK
Im niedersächsischen Außenhandel spielt Afrika im Vergleich zu den anderen Weltregionen eine untergeordnete Rolle, aber die Zahlen weisen nach oben. Denn als eine der weltweit dynamischsten, schnellst wachsenden Wirtschaftsregionen bietet der Kontinent vielfältige Chancen auch für Unternehmen aus der Region. Lesen Sie, welche Motivation, Herausforderungen und Erfolge der afrikanische Markt für sie bedeutet.

Die Langfristigkeit im Blick

Ein Unternehmen, das auf dem afrikanischen Kontinent aktiv ist, ist die Amazonen-Werke H. Dreyer SE & Co. KG aus Hasbergen, deren Land- und Kommunalmaschinen weltweit im Einsatz sind. Wilfried Koldehoff verantwortet das Afrikageschäft des Unternehmens und sagt: „Europa ist zwar immer noch unser Kernmarkt, aber wir sehen neben Amerika auf dem afrikanischen Kontinent ebenfalls ein großes Potenzial. Dies auch deshalb, weil aufgrund globaler Entwicklungen der Absatz in Osteuropa sehr volatil ist. Zum Beispiel ist Südafrika mit den Anrainer Sub-Sahara Ländern unser zurzeit größter afrikanischer Markt, aufgrund von neuen Produktentwicklungen jedoch weiter ausbaufähig. Südafrikanische Farmer produzieren ohne Subventionen und müssen höchsteffizient wirtschaften.“
Doch auch in anderen Ländern wachse der Markt für landwirtschaftliche Maschinen, so z. B. in Ägypten, Algerien und Marokko. Die dortigen Regierungen setzen mittlerweile massiv auf die Landwirtschaft. Der Vertriebsexperte kennt die weiteren Erfolgsfaktoren.

Die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern

„Der Schlüssel zum Erfolg für uns liegt in der Zusammenarbeit mit lokalen Partnern.“ Seit den 1960er Jahren habe sich für die Amazonen-Werke diese Strategie bewährt. „Unser Partner in Südafrika übernimmt die komplette Betreuung vor Ort, inklusive Service, Ersatzteilversorgung und Kundenbetreuung, und ist selbst Hersteller von Landmaschinen“, sagt Wilfried Koldehoff. In Westafrika erfolge eine Zusammenarbeit mit einem lokalen Händler in Togo. Das Land sei auch aufgrund des Tiefseehafens logistisch ein idealer Standort. „Außerdem sind wir durch die Zusammenarbeit mit Händlern vor Ort Teil eines starken Netzwerks, das den afrikanischen Markt effizient abdeckt und lokale Bedürfnisse berücksichtigt.“
Die lokale Perspektive im Blick zu behalten, sei für das Unternehmen Kernbestandteil der Arbeit, denn: „Technik sollte nicht nur ´übergestülpt´ werden, sondern an die jeweiligen landwirtschaftlichen Bedingungen angepasst sein. Nur durch Kenntnis der lokalen Gegebenheiten und durch Schulungen können moderne Maschinen eingeführt werden.“

Wie Netzwerke gestärkt werden

Um das Netzwerk zu stärken, würden die Geschäftspartner auch regelmäßig nach Deutschland eingeladen. Dies intensiviere den persönlichen Austausch, schaffe Vertrauen und ermögliche es, das breite Spektrum an Maschinen vom Anbau bis zur Ernte vorzustellen. Genau hierin liege ein Vorteil gegenüber Wettbewerbern aus China und Indien, die mit günstiger Technik und oft staatlich subventioniert ihre Marktposition ausbauen würden. Das vielfältige Angebot ermögliche es Landwirten, effizienter und nachhaltiger zu arbeiten, was gerade in Afrika mit seinen vielfältigen Bedingungen ein entscheidender Vorteil sei. Zudem seien die Technologien an die lokalen Gegebenheiten angepasst.
Ein Vorteil ist, dass weltweit gearbeitet würde: „Innovationen, die für den südamerikanischen Markt entwickelt wurden, können dabei auch in einigen afrikanischen Ländern genutzt werden“, so Koldehoff.

Investitionen vor Ort erfordern Geduld

Neben seinem wirtschaftlichen Potenzial zeichnet sich Afrika auch durch eine große kulturelle Vielfalt aus. Erfolgreiche Geschäftsbeziehungen erfordern daher nicht nur gute Marktkenntnisse, sondern auch ein tiefgehendes Verständnis für lokale Gegebenheiten. Das sagt auch Nik Berning von der Firma Liesen… alles für den Bau GmbH aus Lingen, die über eine Niederlassung in der Provinz Ostkap in Südafrika verfügt. „Das Afrikageschäft ist ein Marathon, kein Sprint. Geduld und eine agile Unternehmenskultur sind zwei wichtige Erfolgsfaktoren“, sagt der Niederlassungsleiter.

Vom Nutzen einer Standortanalyse

Der Einstieg in den südafrikanischen Markt begann für die Lingener im Jahr 2017 mit einer sorgfältigen Standortanalyse. Dabei standen Kapstadt, Johannesburg, Durban und East London zur Auswahl. Die Entscheidung fiel schließlich auf die Provinz Ostkap. Gründe dafür waren u.a. die geringe Konkurrenzsituation, die Notwendigkeit von Investitionen in den Straßenbau sowie attraktive Grundstückspreise. Berning sagt: „Ostkap ist eine der bevölkerungsreichsten, aber wirtschaftlich schwächeren Regionen Südafrikas.“
Eine langjährige Partnerschaft verbindet zudem die Ostkap-Provinz mit Niedersachsen - zwar nicht entscheidend für die Standortwahl, aber dennoch mit positiven Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung verbunden.

Der Bau einer Produktionsanlage

Der Bau der Produktionsanlage erfolgte zwischen 2018 und 2019, seit 2021 produziert Liesen Bitumenemulsionen, die im Straßenbau, in der Straßensanierung und im Erhalt der Infrastruktur eingesetzt werden. Dabei sei es wichtig, die lokalen Richtlinien zu verstehen. Für Südafrika sind das vor allem jene, die sich aus dem Broad-Based Black Economic Empowerment Programm ergeben. Dieses Programm soll die Chancengleichheit für benachteiligte Menschen fördern und die Beschäftigung in Südafrika steigern. Berning hebt hervor: „Das Programm gibt klare Regeln vor, sowohl für die Gesellschafter- und Managementstruktur als auch für die Mitarbeitereinstellung.“
Kunden von Liesen sind Bauunternehmen für den Straßenbau, Straßensanierer und lokale Unternehmen, die öffentliche Ausschreibungen gewonnen haben. „Eine Herausforderung besteht darin, dass das Ausgabeverhalten öffentlicher Stellen nicht unbedingt immer verlässlich ist und eine ausreichende Qualitätskontrolle und ein ausreichendes Qualitätsbewusstsein in öffentlichen Projekten nicht immer gegeben ist.“ Dennoch verfolgt Liesen das Ziel, sich langfristig auf dem afrikanischen Kontinent zu etablieren. Südafrika wird dabei als Tor zu weiteren Märkten in Afrika gesehen.
„Die wirtschaftlichen Prognosen sind in vielen afrikanischen Ländern positiv. Wachstum braucht Infrastruktur - und diese muss erhalten und gepflegt werden“, so Nik Berning.
Langfristigkeit bedeutet für das Unternehmen auch, eine stabile Mitarbeiterstruktur aufzubauen. Deshalb investiert Liesen regelmäßig in Schulungen und bietet attraktive Löhne an. „Nur so können wir unsere Mitarbeiter langfristig binden“, fasst Berning zusammen.

Schnelligkeit und kulturelles Verständnis sind gefragt

Ein Unternehmen, das schon seit Jahrzehnten als Logistiker vor Ort ist, ist die Meyer & Meyer Holding SE & Co. KG aus Osnabrück. „Wir sind unseren Kunden gefolgt, die in den 1970er Jahren aufgrund steigender Lohn- und Fertigungskosten begonnen haben, Produk­tionsstandorte aus Deutschland und Osteuropa nach Nordafrika zu verlagern,“ sagen Vertriebsleiter Benedikt Osterheider sowie ­Geschäftsführer Haluk Selvi aus dem Geschäftsbereich Transport und Zoll. Das Unternehmen verfügt über Standorte in Marokko und Tunesien, Ägypten steht als möglicher nächster Standort ganz oben auf der Liste. Marokko sei aufgrund seiner westlichen Orientierung, seiner geographischen Lage und seiner gut ausgebauten Infrastruktur ein besonders attraktiver Standort, betont Selvi.

Förderung und Information sind hilfreich

Institutionen der deutschen Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammen­arbeit sind dabei durchaus wichtig für das Unternehmen bei der Marktanalyse: „Die Erschließung neuer Märkte ist sehr komplex. Die Auslandshandelskammern und Angebote der Entwicklungszusammenarbeit unterstützen uns sowohl in der Phase der Markterkundung als auch in der Markterschließung und -expan­sion.“

Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Projektleiterin International