Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Verantwortung für Deutschland“ lautet die Überschrift des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD. Dieser Leitsatz muss in besonderem Maße für die Energiepolitik gelten. Denn sie entscheidet ganz maßgeblich über das Aufhalten der Abwanderung, den Rückgang der Investitionen im Ausland sowie über die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Wie bei vielen anderen Themen auch, geht im Koalitionsvertrag bei der Energiepolitik einiges in die richtige Richtung, etwa bei den Kostenentlastungen durch eine Reduzierung von Stromsteuer und Übertragungsnetzentgelten. Technologieoffenheit ist neu und ebenfalls auf der Habenseite. Ob die Einnahmen aus dem CO2-Preis wirklich und vollständig an die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen, oder ob es bei einer faktischen Steuererhöhung bleibt – schau’n wir mal. Vielleicht geben wir der Regierung mal eine Chance, es hier besser als die Vorgänger zu machen.
Inzwischen arbeiten viele Unternehmen – Energieproduzenten wie -abnehmer – intensiv daran, dass die Energiewende in der Region gelingt. Eines von ihnen ist das globale Unternehmen BP an seinem Raffineriestandort in Lingen. Mit Standortleiterin Paula Wilson sprachen wir im Interview auf Seite 14 über den Transformationsprozess des Konzerns und über die Frage, welche Rolle Wasserstoff künftig dabei spielt. Für ein ambitioniertes Projekt hatte die Konzernzentrale in London erst vor wenigen Monaten rund 100 Mio. Euro bewilligt. Wilsons Credo: Die Transformation kann gelingen, wenn Standortbedingungen hier bei uns in Deutschland stimmen.
Auch andere Unternehmen sehen Chancen. Das zeigt unser Themenschwerpunkt ab Seite 10. So baut das Klinkerwerk B. Feldhaus GmbH & Co. KG in Bad Laer mit Photovoltaikanlagen, großen Energiespeichern und perspektivisch einem Elektrolyseur die eigene Energieversorgung auf. Die Amprion GmbH schafft aktuell wichtige Netzinfrastrukturen. Denn: Ohne Versorgungssicherheit und günstigen Strom gibt es keine Zukunftsinvestitionen in der Industrie. Zu den Großprojekten zählen dabei neben Übertragungsleitungen und Umspannanlagen auch große Konverter, etwa in Bohmte und Lingen. Sie sollen den Strom aus der Nordsee ins Netz einspeisen. Schließlich geht es um die Potenziale von Abwärmequellen. Diese stellt uns Christian Waldhoff vom Kompetenzzentrum Energie der Hochschule Osnabrück vor (Seite 13).
Die Beispiele zeigen: Das Know-how und die Bereitschaft für die Transformation sind vorhanden. Ein Erfolg wird sich aber nur unter der Voraussetzung einstellen, dass die Energiekosten signifikant gesenkt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Hier muss die neue Bundesregierung nun zügig liefern.
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich eine informative Lektüre.
Uwe Goebel, IHK-Präsident
Frank Hesse
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Stv. Hauptgeschäftsführer, Geschäftsbereichsleiter