„Die Mitarbeiter sind unser entscheidender Standortvorteil“

von Frank Hesse, IHK
Vor gut zwei Jahren hat die Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug (WAS) GmbH ihren Standort von Wietmarschen nach Emsbüren verlagert – und ist unserer Region damit treu geblieben. Viel spricht dafür, dass das an der hohen Standortqualität in unserer Wirtschaftsregion liegt, die sicher auch noch intensiver vermarktet werden kann. Wir sprachen mit CEO Roland Müller.
Roland Müller, CEO der Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug (WAS) GmbH in Emsbüren © Schöning Fotodesign
Im Jahr 1991 stellte die vier Jahre zuvor gegrün­dete WAS in Wietmarschen die ersten Ambulanz­fahrzeuge mit einem Möbelkonzept her, dessen Einrichtung wasserfest und beständig gegen Desinfektionsmittel ist. Das Unternehmen wuchs seither stetig und produzierte zuletzt an fünf Standorten in Wietmarschen und Lingen. Ende 2021 verlegte WAS die Firmenzentrale nach Emsbüren an die A 31. Über 750 Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter, davon mehr als 400 in Emsbüren, produzieren hier rund 1 800 Sonderfahrzeuge für Behörden weltweit. Ein Drittel der Fahrzeuge bleibt bei Kunden in Deutschland, wird ausgeliefert unter anderem an Berufsfeuerwehren, Rettungsdienste und Bundes- und Landesbehörden. Ein weiteres Drittel ist in Europa etwa bei Rettungsdiensten in England (u. a. in London), Frankreich (u. a. in Paris) oder der Schweiz (u. a. in Zürich) stationiert. Das letzte Drittel kommt auf den Straßen der weiteren Welt zum Einsatz – von Ostasien bis Südamerika mit einem Schwerpunkt im Mittleren Osten. Diesbezüglich sieht sich das Familienunternehmen als weltweiten „Hidden Champion“.
Herr Müller, Ihr Unternehmen produziert nun seit gut zwei Jahren am neuen Standort in Emsbüren. Haben sich Ihre Erwartungen mit der Standortverlagerung erfüllt?
Wir haben die ehemals fünf Standorte in Wietmarschen und Lingen durch den Umzug nun an einem zentralen Standort in Emsbüren konzentriert. Bei diesem Umzug ist uns trotz der rund 20 Kilometer Entfernung zu Wietmarschen die Belegschaft bis auf ganz wenige Mitarbeiter treu geblieben. In ­unserem heutigen Headquarter in Emsbüren befinden sich seitdem der Vertrieb, die Entwicklung, die Fertigung und die Verwaltung unter einem Dach.
Im Rahmen des Produktionsverbundes mit unserem polnischen Werk fertigen wir hier in Emsbüren die Koffer inklusive aller Einzelkomponenten, unsere Tragentische und führen außerdem die Endmontage von Ambulanzen und Sonderfahrzeugen wie beispielsweise den Einsatzleitwagen durch.
Entscheidender Vorteil dabei ist: Wir befinden uns in unmittelbarer Nähe zum „Schüttorfer Kreuz“ im Industriegebiet mit modernsten Fertigungseinrichtungen und einer guten Infrastruktur. Durch die Zentralisierung in Emsbüren verfügen wir jetzt über die erwarteten kurzen und direkten Kommunikationswege. Hinsichtlich weiterer Thematiken – etwa dem Bau von Fahrradwegen und weiteren Parkplätzen sowie auch der Anbindung an die ­öffentlichen Verkehrsmittel – stehen wir in guten ­Gesprächen mit der Kommune. Gerne möchten wir in diesem ­Zusammenhang auch die sehr gute ­Kooperation mit den regionalen Behörden erwähnen.
Schön, dass WAS unserer Region treu geblieben ist. Sie hätten ja ebenso gut auch in einer anderen Region in Deutschland oder im Ausland investieren können. Welche Standortvorteile unserer Region haben Sie zum Bleiben bewogen?
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein kostbares Gut und ein entscheidender Standortvorteil, auf den wir auch weiterhin aufbauen werden. In unserer über 30-jährigen Firmengeschichte ­haben sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine hochqualifizierte Expertise in der Kenntnis über den Einsatz und die Nutzung unserer Behördenfahrzeuge erworben. Die darauf basierende Entwicklung und der Bau der Fahrzeuge für die weltweiten Nutzer ist nicht einfach verlagerbar.
Seit dem Jahr 2021 ist WAS ein – nach wie vor eigenständiger – Teil der LUEG-Gruppe, einer ­Automobilhandelsgruppe mit 32 Standorten in Deutschland, der Schweiz und Polen. Insofern haben Sie sicher auch Einblicke in die Situation anderer Regionen. Wie steht unsere Region nach Ihrem Eindruck im Vergleich da?
U­nsere Muttergesellschaft LUEG ist nicht nur Auto­mobilhandelsgesellschaft, sondern auch in vielen automobilnahen Dienstleistungen und Produkten engagiert. Unter anderem baut LUEG zurzeit mit unserer Schwestergesellschaft RE.LION.BAT ein neues Werk in Meppen, das sich mit Batterie-­Recycling beschäftigt. Sie sehen, wir halten also viel von den Vorteilen und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt der Region.
Als CEO eines international aktiven Unternehmens haben Sie einen Außenblick auf unsere ­Region. Was meinen Sie: Sind unsere Standortvorteile im „Rest der Welt“, gerade auch bei ­potenziellen Investoren, ausreichend bekannt?
Wir sind über unseren weltweiten Auftritt von Hongkong bis Chile und natürlich auch über ­unsere Qualitätsprodukte Markenbotschafter für Deutschland und unsere Region. Unsere Verbundenheit zur Region zeigt sich schon in unserem Namen ­„Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeugbau GmbH“, auch wenn wir jetzt in Emsbüren tätig sind. Auch in internationalen Märkten kennt man uns unter dem vollen Namen und nicht allein unter der Abkürzung „WAS“.
Hätten Sie Vorschläge, wie unsere Region oder Niedersachsen die Standortvorteile vielleicht noch intensiver vermarkten könnten?
Auf der weltgrößten Gesundheitsmesse, der „Arab Health“ in Dubai, auf der auch die WAS seit Jahren mit einem großen Messestand vertreten ist, präsentieren sich beispielsweise Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam mit ihren ­regionalen Unternehmen. So könnte sich auch das Land Niedersachsen auf internationalen Messen mit ihren Unternehmen präsentieren.
Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft ist die Verfügbarkeit von Arbeitskräften bei Investitionsentscheidungen das Haupt­argument. Wie bewerten Sie die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in unserer Region?
Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften ist ein entscheidendes Argument neben vielen anderen. Tatsächlich haben wir seit Jahren, auch bedingt durch unser gutes Wachstum, einen relevanten Bedarf an hochqualifizierten Mitarbeitern wie zum Beispiel an Elektrikern, Elektronikern, Mechatronikern und ­Ingenieuren. Dieser Bedarf besteht weiterhin, was uns durchaus einschränkt bei einem weiteren Wachstum. Dieses ist sicherlich vergleichbar mit anderen Regionen Deutschlands. Hier sollte gesellschaftlich gehandelt werden, gerade im Bereich der Ausbildung.
Das Jahresthema unserer IHK heißt #GemeinsamMenschenBilden. Was unternimmt Ihr Un­ternehmen, um die Belegschaft fit für die Herausforderungen zu halten und zusätzlich Nachwuchskräfte zu gewinnen?
Wir bilden in verschiedenen kaufmännischen und technischen Berufen aus – auch in Form eines dualen Studiums – und bieten unseren Mitarbeitern permanent die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Aktuell haben wir unsere Präsenz auf den Social-Media-Kanälen wie z. B. Facebook und TikTok ­forciert und erhalten hier eine bemerkenswerte Resonanz. Auch sind wir auf den regionalen Jobmessen in dieser Region mit einem eigenen Messestand vertreten. In diesem Jahr planen wir ebenfalls ­einen „Ausbildungstag“ an unserem Standort, an dem sich interessierte Schüler und Studenten über unsere diversen Ausbildungsangebote informieren können. Auch zählen wir hier auf unsere eigenen Mitarbeiter und haben ein Bonus-Programm ­„Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ eingeführt.
Ein Blick nach vorn: Was plant WAS, um auch am neuen Standort Erfolg zu haben?
Im Rahmen unserer Produktentwicklung sind wir durchaus erfolgreich in der weltweiten Vermarktung unserer selbstentwickelten Kofferfahrzeuge. Zur weiteren Optimierung unserer Fertigungs- und Entwicklungsmöglichkeiten haben wir kürzlich mit dem ebenfalls in unserem Industriegebiet ansäs­sigen Unternehmen „Fahrzeugbau Dülmer“ die Firma „EMS Panels GmbH“ gegründet, die nach Errichtung eines neuen Fertigungswerkes – durch regionale Bauunternehmen – in Emsbüren bis Anfang 2025 die Produktion starten wird. Ebenfalls arbeiten wir permanent an Produktinnovationen wie etwa der E-Mobilität im Ambulanzsegment, wo wir uns bereits die Markt- und Technologieführerschaft in unserer Fahrzeugsparte erarbeitet haben.
Dr.Beate Bößl
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Projektleiterin Öffentlichkeitsarbeit