„Gemeinschaftssinn stärkt auch die Digitalisierung“

von Dr. Beate Bößl, IHK
Wie digital sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU)? Dieser Frage widmete sich das Zukunftslabor Gesellschaft & Arbeit und führte dazu landesweit Interviews in rund 100 Unternehmen. Wir fragten nach bei Wirtschaftsgeograph Lukas Häfner von der Universität Hannover, der die Einzelauswertungen für den Landkreis Emsland kennt.
Nennen Sie uns vorab doch kurz einige Fakten zum Zukunftslabor und der Studie selbst, Herr Häfner?
Das Zukunftslabor ist ein Forschungsprojekt, das vom Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur sowie von der Volkswagenstiftung gefördert wird. Es ist Teil des Zentrums für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN). Unsere Befragungen fanden zwischen Mai 2022 und Januar 2023 statt. Um einen Vergleich zwischen Stadt und Land ziehen zu können, wurden vier ländliche Regionen – die Landkreise Emsland, Harburg, Hameln-Pyrmont und ­Lüchow-Dannenberg – und zwei städtische Regionen, nämlich die Städte Hannover und Osnabrück ausgewählt.
Das Emsland ist eine Wachstumsregion. Ist es auch eine starke Region, wenn es um die Digitalisierung geht?
Bezogen auf die kleinen und mittleren Unternehmen lässt sich ­diese Frage überwiegend mit „Ja“ beantworten. Viele von ihnen schaffen es, ihre Wettbewerbsfähigkeit mithilfe digitaler Technologien zu erhöhen, sei es durch die Verbesserung der innerbetrieblichen Prozesse, der Aufwertung bestehender bzw. Schaffung neuer Produkte oder der kreativen Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.
Die Studie fand heraus, dass auch die Mentalität die Digitalisierung beeinflusst. Verraten Sie uns mehr!
Einerseits führt der stark ausgeprägte Unternehmergeist im ­Emsland dazu, dass die meisten der hier von uns Befragten die unternehmerischen Chancen der Digitalisierung energisch angehen. Andererseits erfordert die Digitalisierung den Zugang zu unternehmensexternem, digitalisierungsrelevantem Wissen. Die vielfältigen, engen und oft vertrauensvollen Verbindungen und Vernetzungen mit anderen regionalen Akteuren helfen den KMU dabei enorm.
Wie sieht es im Vergleich dazu in der Stadt Osnabrück aus?
In der Stadt Osnabrück ist das Bild weniger eindeutig. Auch hier gibt es viele digital innovative KMU, aber der gemeinschaftliche Sinn und das gemeinsame Lernen zwischen KMU scheint in der Stadt Osnabrück geringer ausgeprägt zu sein. Für viele kleine und mittlere Unternehmen der wissensintensiven Dienstleistungen – z. B. Software-Entwicklung, Werbeagenturen – stellen die Hochschule und die Universität Osnabrück wichtige Partner in der Digitalisierung dar, aber der fruchtbare Austausch mit anderen Unternehmen der Region fehlt meistens.
Was können Unternehmen aus der Studie lernen? Wie kann es weitergehen?
Wir sehen, dass ein offenes Wissensmanagement den KMU bei ihren Digitalisierungsvorhaben hilft. Manche Unternehmen fürchten durch diese Strategie zwar die Weitergabe eigenen Wissens nach außen, aber dieser Abfluss wird durch den Zugang zu externem Wissen meist überkompensiert. Auch wenn es natürlich nicht immer möglich oder leicht umsetzbar ist, empfehlen wir daher nicht nur eine innerbetriebliche Offenheit gegenüber der Digitalisierung, sondern auch eine offene Austauschkultur zu Digitalisierungs­themen nach außen.
Dr.Beate Bößl
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Projektleiterin Öffentlichkeitsarbeit