„Unternehmen werden aus eigenem Antrieb nachhaltig"

Als die Berky GmbH aus Haren in den 1960er Jahren gegründet wurde, reinigte sie mit einem patentierten Dreirad-Mähgerät die Böschungen an der Ems. Heute gehört das Unternehmen mit seinen 90 Beschäftigten zu den weltweit führenden Herstellern von Maschinen zur Gewässerunterhaltung, ist bekannt u.a. für seine Mäh- und Müllsammelboote, mit denen Gewässer auf der ganzen Welt von Plastikmüll befreit werden. Vielfach prämiert, erhielt Berky zuletzt den Unternehmerpreis des Wirtschaftsverbands Emsland in der Kategorie „Innovation und Kreativität“. Wir sprachen mit Geschäftsführer Felix Knoll.
Nachhaltigkeit – dieser Begriff ist überall im Gespräch. Was verbinden Sie damit, Herr Knoll?
Nachhaltigkeit heißt für mich, dass wir nur so viele Ressourcen nutzen, wie unser Planet uns geben kann. Wir versuchen, im Einklang mit unserer Umwelt zu leben. Bei Gewässern heißt das, dass wir uns den Lebensraum mit allen möglichen Lebewesen teilen und dass alle das Recht haben, vom Gewässer zu profitieren. Dafür müssen wir als Menschen sorgen.
Die Berky GmbH setzt mit der Gewässersäuberung zunächst auf der Produktseite auf Nachhaltigkeit. Wie kam es zu dieser Idee?
Da muss ich zugeben, dass mir das von meinen Großvätern mit in die Wiege gelegt worden ist. Ein Großvater war Hochseekapitän, der andere Tiefbau-Unternehmer und hat bei der Kultivierung des Emslandes geholfen und dann gemeinsam mit dem Landwirt Anton Berkenheger die Firma Berky gegründet. Wasser hat mich also schon immer interessiert. Als ich die Gelegenheit hatte, bei der Firma Berky einzusteigen, habe ich die Gelegenheit ergriffen. Mit meinen Mitunternehmern hat sich dann in vielen Diskussionen in den vergangenen Jahren unser Existenzzweck „your key for living waters“ herauskristallisiert.
Nachhaltigkeit wird nicht mehr nur unter Umweltaspekten diskutiert, sondern umfasst Lieferketten oder gesellschaftliches Engagement. Wie nehmen Sie diese Veränderungen wahr?
Ich verbinde diese Veränderungen gerade auch mit der heranwachsenden Generation, denn diese Generation legt besonderen Wert darauf, für ein Unternehmen arbeiten zu wollen, das einen nachhaltigen Existenzzweck hat. Sie möchte an etwas mitarbeiten, das einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt hat. Das zieht sich auch durch das gesellschaftliche Engagement. Wir sind alle gemeinsam für unser gesellschaftliches Leben verantwortlich.
Es gibt Unternehmer, die sagen: Ich war schon immer innovativ. Warum sollte ich mich zusätzlich mit Nachhaltigkeit beschäftigen? Wie sehen Sie das? Was können Vorteile der Befassung mit Nachhaltigkeit sein?
Nachhaltig zu sein heißt, dass wir heute schon an unsere Kinder und Enkelkinder denken, um ihnen die gleiche schöne Umwelt zu übergeben, wie wir sie heute haben. Innovative Unternehmer waren also auch in der Vergangenheit meist sehr nachhaltig. Heute lässt sich mit Hilfe dieses Megatrends viel Innovationspotenzial heben, da die Gesellschaft immer mehr merkt, dass wir über unsere Verhältnisse in Bezug auf die Natur leben. Das kann auf Dauer nicht gutgehen. Gute Unternehmer finden im Sinne der Nachhaltigkeit Lösungen, um den Wohlstand weiter zu verbessern und gleichzeitig wesentlich ressourcenschonender mit unserer Umwelt umzugehen.
Nachhaltigkeit wird oft mit einem hohen Kostenaufwand assoziiert. Ist das aus Ihrer betrieblichen Erfahrung begründet?
Wenn man nur an die typischen „Investitionen“ wie etwa PV-Anlagen oder Ähnliches aus dem Energiesektor denkt, dann Ja. Denn viele dieser Investitionen rentieren sich erst nach vielen Jahren. Nachhaltigkeit besteht aber aus weiteren Faktoren wie z.B. dem Umgang mit Menschen. Hier lassen sich viele Dinge kostenfrei umsetzen: flexible Arbeitszeiten, digitale und proaktive Kommunikation der Geschäftsführung, um alle Mitarbeiter mitzunehmen, und vieles mehr.
Hilft Unternehmen das Argument „Nachhaltigkeit“ auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel?
Absolut. Ein Unternehmen, was nachhaltig denkt und nachhaltige Produkte anfertigt, das hat meist einen Existenzzweck, der Fachkräfte anlockt. Ich habe tatsächlich schon Vorstellungsgespräche gehabt, wo mir der Bewerber sagte, dass er mit uns die Welt verbessern will! Da geht es dann weniger um Mitarbeiter-Benefits oder Geld, sondern viel mehr darum, wie er einen möglichst großen Anteil zum Existenzzweck des Unternehmens beitragen kann. Die Arbeit mit solchen Kollegen ist einfach unfassbar toll und bereichernd.
Braucht es zur Förderung von Nachhaltigkeit eigentlich immer mehr neue bürokratische Gesetze?
Nein, auf keinen Fall. Unternehmer werden aus eigenem Antrieb nachhaltiger, da die Kundschaft sich dies wünscht. Deutlich wird das am Kohleausstieg: Die Regierung fordert ihn ab 2038, während viele Unternehmen schon weit vor 2030 aussteigen wollen. Ebenso hat man doch in der Corona-Zeit erkannt, dass Unternehmen ein Eigeninteresse an guten Arbeitsbedingungen inklusive Home-Office haben. Dafür braucht es keine Gesetze, die ein Anrecht dafür anbieten. Unternehmen, die sich nicht um ihre Mitarbeiter sorgen, werden in Zukunft einfach keine Mitarbeiter mehr finden.
Setzen Sie bei Nachhaltigkeit auch auf Kooperationen?
Natürlich. Wir haben die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen, wie man so schön sagt. Insbesondere im Emsland gibt es viele tolle Unternehmensnetzwerke, auf die sich bei solchen Themen zurückgreifen lässt. Der Austausch in Bezug auf Erfahrungen anderer, auf „best practices“, hilft hier immer unfassbar gut weiter.
Zum Abschluss: Haben Sie einen Tipp, wie Unternehmen am besten in das Thema Nachhaltigkeit einsteigen können?
Überlegen Sie im ersten Schritt, was eigentlich der Existenzzweck des Unternehmens ist: Was für einen positiven Einfluss gibt Ihr Unternehmen der Menschheit und unserem Planeten, der Erde? Und, nein der Existenzzweck ist nicht „Geld verdienen“. Das ist zwar die wichtigste Nebenbedingung, denn ohne Geld verdienen kann man kein Unternehmen betreiben, aber es ist niemals der Existenzzweck. Ist der eigene Existenzzweck bekannt, kann man meistens sehr einfach überlegen, was das eigene Unternehmen zum Megatrend Nachhaltigkeit beitragen kann. Bei uns war schnell klar: Wir bauen Maschinen, die alles aus dem Wasser rausholen, was da nicht reingehört!




Frank Hesse
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Stv. Hauptgeschäftsführer, Geschäftsbereichsleiter