Zwanzig Jahre Stillstand

von Gerhard Dallmöller, IHK
OSNABRÜCK | Der Weg vom und zum Bahnhof führt fast immer über Osnabrücks meistdiskutierten Platz: Der Neumarkt mit der Kreuzung Große Straße und Johannisstraße stellt seit vielen Jahren einen städtebaulichen Missstand dar.
Dabei gibt es seit vielen ­Jahren große Pläne – wie zum Beispiel 2004 für ein ECE-Shopping-Center. Die wurden später vom Investoren Unibail-Rodamco-­Westfield mit einem geänderten Konzept unter dem Projektnamen „OSKAR“ weitergedacht.
Doch zu einem Abriss und Baubeginn kam es trotz eines auf den Investor zugeschnittenen Bebauungsplans und einer erteilten Baugenehmigung nicht. Stattdessen trat 2020 die Lindhorst-Gruppe mit dem geänderten Konzept der urbanen Johannishöfe an. Geplant ist, auf dem Areal ein modernes Quartier mit einer multifunktionalen Nutzung von Dienstleistungen, Hochschulen, Handel und Gewerbe sowie Wohnen zu entwickeln. Doch wie an vielen anderen Orten auch, wurde die Projektentwicklung von der Zinsentwicklung eingeholt und das Vorhaben zunächst zurückgestellt. Das heißt auch: Es bleibt der seit 20 Jahren andauernde Verfall, den weder die frisch beklebten Schaufenster kaschieren können und erst recht nicht das vom Vorgänger zurückgelassene Planungs­modell, das – nun eingemüllt – im Kacheleckhaus blieb.
Im Umfeld gab es in diesem Zeitraum verschiedene positive städtebauliche Entwicklungen: Vor zehn Jahren wurde das Hasehaus eingeweiht und aktuell wird der „Zauberwürfel“ neben H & M in der Großen Straße gebaut. Leider hält sich die positive Ausstrahlung dieser Projekte bislang in Grenzen. Denn: Die Johannisstraße hat durch eine mehrjährige Baustellensituation erheblich an Attraktivität verloren. Außerdem meldete der Käufer der leerstehenden ­Galeria-Kaufhof-Immobilie, die Hamburger Imvest Projektentwicklung GmbH, im März dieses Jahres Insolvenz an. Die Uni Osnabrück, die Etagen der Kaufhaus-Immo­bilie mieten wollte, hatte sich schon zuvor von den Plänen verabschiedet. Und: Die Neugestaltung des Platzes selbst sollte 2021 ­abgeschlossen sein. Aber die Umsetzung lässt weiter auf sich warten. Die Johannisstraße wurde nach Abschluss der Tiefbau­arbeiten zwischen Seminarstraße und Johanniskirche neugestaltet und 2022 ein Quartiersmanagement installiert.
Aktuell haben Stadt und Polizei einen 10-Punkte-Plan für mehr Sicherheit, Licht und Sauberkeit initiiert, was grundsätzlich sinnvoll erscheint. Aber es ist bezeichnend, dass eine der Maßnahmen „Selbstbehauptungsschulungen für Mitarbeiter des Einzelhandels“ heißt und damit mehr auf die Bekämpfung der Symptome als auf die Ursachen eingeht. Fazit: Obwohl es an Baustellen in Osnabrück wahrlich nicht mangelt, wäre es für den Standort Innenstadt wichtig, dass verschiedene Großprojekte so schnell wie möglich um­gesetzt werden. Hier sind Stadt und Investoren gleichermaßen ­gefordert.
Gerhard Dallmöller
Standortentwicklung, Innovation und Energie
Projektleiter Handel und Stadtmarketing