Niedersächsisches Vergaberecht
Zum 1. Januar 2014 trat das novellierte niedersächsische Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (NTVergG) in Kraft. Vom Inhalt und Anwendungsbereich reicht dieses deutlich weiter als dessen Vorgänger. Öffentliche Auftraggeber und Unternehmen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen in Niedersachsen beteiligen, haben sich schnell auf eine Reihe von Neuerungen einzustellen. Auch andere Bundesländer haben ähnliche Gesetze verabschiedet.
Der Anwendungsbereich des niedersächsischen Vergabegesetzes wurde von Bauleistungen auch auf Liefer- und Dienstleistungen ausgedehnt. Zu beachten sind die strengeren Regelungen ab einem geschätzten Netto-Auftragswert von 10.000 Euro. Für Baukonzessionen, Auslobungen und freiberufliche Leistungen gilt es nicht. Dienstleistungsverträge im öffentlichen Personenverkehr sind jedoch eingeschlossen. Ebenso sind von der aktuellen Ausgestaltung die sogenannten Sektorenauftraggeber, wie beispielsweise kommunale Stadtwerke, betroffen.
Soweit eine Ausschreibung unter die Regelungen fällt, müssen die Unternehmen ihren Beschäftigten Entgelte nach den einschlägigen für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen zahlen sowie die VOL/A beziehungsweise VOB/A beachten. Darüber hinaus gilt jedoch zusätzlich ein Mindeststundenentgelt von 8,50 Euro. Insbesondere diese Regelung ist europarechtlich umstritten. Erscheinen Angebote als unangemessen niedrig, können diese, in Form einer Auskömmlichkeitsprüfung, überprüft werden. Bei Bauleistungen sind die Vergabestellen sogar zur Überprüfung verpflichtet, wenn eine Preisdivergenz von mehr als 10 % zum nächstgünstigsten Angebot auftritt.
Zusätzlich können soziale Kriterien bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden. Zu nennen sind etwa die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen, Langzeitarbeitslosen oder Auszubildenden. Auch die Einhaltung von umweltverträglichen Kriterien kann mit der Ausschreibung gefordert werden. Bezüglich der Berücksichtigung von Arbeits- und Sozialstandards nach den ILO-Kernarbeitsnormen, etwa Verhinderung von Kinderarbeit, kann die Landesregierung durch Verordnung die Produktgruppen oder Herstellungsverfahren festlegen, für welche diese beachtlich sind und welchen Mindestinhalt die vertraglichen Vereinbarungen haben sollen. Branchenspezifika können somit berücksichtigt werden. Wie bisher gelten die Vorgaben des Gesetzes auch für Nachunternehmer. Öffentliche Auftraggeber können jedoch dann auf weitere Nachweise verzichten, wenn der Anteil des jeweiligen Nachunternehmers am Gesamtauftrag weniger als 3.000 Euro beträgt.
Nicht zu unterschätzen ist der Mehraufwand für die Bieter und die öffentlichen Auftraggeber. Letztere sind zu strengeren Nachprüfungen hinsichtlich der Einhaltung von Tarif- und Mindestlöhnen verpflichtet. Zusätzlich haben die Vergabestellen bei Verstößen die zuständigen Stellen zur Verfolgung und Ahndung von Gesetzesverstößen zu informieren. Zur Beratung und Information ist eine Servicestelle eingerichtet wurden. Sie soll unter anderem über geltende Tarifverträge informieren und beraten.
Weiterführende Informationen sowie den aktuellen Gesetzestext finden Sie rechts im Infokasten.