Marktchancen in Brasilien und Argentinien

Die beiden großen Märkte Brasilien und Argentinien bieten deutschen Unternehmen Chancen für Geschäftsmöglichkeiten. Erst recht jetzt, denn beide Länder sind Ausweichmärkte, um dem Protektionismus in anderen Ländern zu begegnen. Der niedersächsische Ministerpräsidenten Stephan Weil besuchte jetzt im März mit einer 45-köpfige Delegation beide Länder. Mit dabei: sieben Unternehmensvertreter aus dem IHK-Bezirk und IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf.
Erste Station war São Paulo, größte Stadt Brasiliens und Wirtschafts-, Finanz- und Kulturzentrum des Landes. Die Region um São Paulo ist der größte industrielle Ballungsraum Lateinamerikas. Die rund 1.000 deutschen Unternehmen im Großraum São Paulo bilden die weltweit größte Konzentration deutscher Industrie-Unternehmen. „Dieses riesige Land – 24 mal so groß wie Deutschland mit mehr als 200 Mio. Einwohnern – bietet erkennbar Chancen. Dynamik und wirtschaftliches Wachstum sind sichtbar“, so die ersten Eindrücke von IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf von Brasilien.
„Beeindruckend ist für mich das große Engagement deutscher Firmen vor Ort, wie Continental, Grob, Fischer oder auch Bayer“, sagt Hanna Sandmann, Prokuristin der Purplan GmbH in Wallenhorst. „Wenn deutsche Betriebe in diesem südamerikanischen Umfeld derart große Betriebsstandorte gründen und betreiben, finde ich das mutig und inspirierend“.
Brasilien ist gemessen an seiner Fläche, Einwohnerzahl und auch Wirtschaftskraft um ein Vielfaches größer als Argentinien. So gesehen spiegelt die starke Präsenz deutscher Unternehmen die Bedeutung des Marktes wider.
Das beherrschende Thema bei allen wirtschaftlichen und politischen Gesprächen in Brasilien und später auch in Argentinien war das nach über 25 Jahren ausverhandelte, aber noch nicht ratifizierte EU-Mercosur-Abkommen. „Der Abbau von Zollschranken würde ein wichtiges Signal setzen und Hemmnisse beseitigen“, unterstreicht auch Joachim Dölken, Geschäftsführer der Vornbäumen Stahlseile GmbH & Co. KG aus Bad Iburg, die Bedeutung eines Freihandelsabkommens. „Mit hohen Einfuhrzöllen sind unsere Produkte in Brasilien und auch Argentinien kaum wettbewerbsfähig“. Neben Zollsenkungen ist aber auch die Kontaktpflege zu den südamerikanischen Handelspartnern wichtig. Daher hat Niedersachsen im Rahmen der Reise eine Absichtserklärung für ein Kooperationsabkommen mit dem Bundesstaat São Paulo geschlossen. Im nächsten Jahr sollen die Kontakte weiter vertieft werden, wenn Brasilien Partnerland der Hannover Messe sein wird.
Nächste Stationen waren Buenos Aires und Rosario in Argentinien. Nach dem Moloch São Paulo wirkt die argentinische Hauptstadt weniger fremd und durch die vielen Einwanderer beinahe europäisch. Viele prächtige Gebäude zeugen von vergangenem Glanz, als Argentinien einmal zu den reichsten Ländern der Welt gehörte. Heute ist es dagegen nach einer dauerhaft schlechten Wirtschaftspolitik eines der ärmeren Länder der Welt. „Für eine abschließende Bewertung der Deregulierungspolitik von Argentiniens Staatspräsidenten Milei ist es sicher noch zu früh“, beurteilt Graf die Lage in Argentinien. „In einer ersten Zwischenbilanz zeigen sich Erfolge wie die deutliche Reduzierung der Inflation, aber auf der anderen Seite auch eine zunehmende Armut. In unseren Gesprächen hörten wir immerhin, dass das Wachstum 2025 kräftig ausfallen soll.“
Um die Handelsbeziehungen zwischen Niedersachsen und Argentinien weiter zu intensivieren, wurde in Rosario, der drittgrößten Stadt Argentiniens, die bereits seit vielen Jahren bestehende Partnerschaft mit der Provinz Santa Fe bekräftigt. Sante Fe ist mit 3,6 Mio. Einwohnern eine der bevölkerungsreichsten Provinzen des Landes. Wirtschaftliche Schwerpunkte liegen im Bereich der Landwirtschaft und der Industrie. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt die zweitgrößte Provinz Argentiniens, ebenso beim Export mit einem Anteil von 22 % an den Gesamtausfuhren.
Ministerpräsident Stefan Weil zieht ein positives Fazit der Reise: „Trotz aller Probleme hat Südamerika ein großes Potential für die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auch die vielen Unternehmensvertreter innerhalb der Delegation waren von den Ergebnissen ihrer Gespräche angetan und werden nun prüfen, ob und in welcher Weise sie sich in der Region künftig stärker engagieren werden.“
„Positiv beeindruckt hat mich die Aufgeräumtheit von Buenos Aires, das europäische Flair und die Arbeit der deutschen Auslandshandelskammern und deutschen Botschaft vor Ort, etwa die bewegende Feier zu 200 Jahren deutsch-argentinische Auswanderung“, lautet die Bilanz von Joachim Dölken. Auch Hanna Sandmann ist mit den Reiseergebnissen zufrieden: „Zusammengefasst bot die Delegationsreise nicht nur die Gelegenheit, die wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen, sondern auch Einblicke in die politischen, kulturellen und geschäftlichen Gegebenheiten vor Ort.“. Beide wollen die geknüpften Kontakte weiter ausbauen.