DIHK: Erwartungen der Wirtschaft an Hochschulabsolventen

Kompetent und praxisnah
An der Umfrage des Online Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) haben sich rund 2.000 Unternehmen beteiligt. Die Ergebnisse wurden Ende Mai 2015 veröffentlicht.
Die wichtigsten Ergebnisse:

Zufriedenheit mit Bachelor-Absolventen deutlich gesunken
Im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2011 ist die Zufriedenheit der Unternehmen mit Bachelor-Absolventen deutlich gesunken: Sahen damals noch rund 63 Prozent der Betriebe ihre Erwartungen als erfüllt an, so trifft dies heute nur noch auf knapp die Hälfte (47 %) der Unternehmen zu. Gleichzeitig können nur rund 16 Prozent der Betriebe der Aussage zustimmen, dass Bachelor-Absolventen gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet sind.

Unterschiede lassen sich insbesondere in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße feststellen: Größere Betriebe sind überwiegend zufriedener mit Bachelor-Absolventen als kleine Unternehmen. Denn diese sind oft nicht in der Lage, neue Mitarbeiter ihren eigenen Bedarfen
entsprechend nachzuqualifizieren. Eine mangelnde „Passung“ bzw. Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen kann von größeren Betrieben in der Regel besser kompensiert
werden.

Betrachtet man die Ergebnisse nach Branchen, so sind Vertreter sonstiger Dienstleistungen (z. B. Unternehmensberatungen oder Gesundheitsdienstleister) sowie der Tourismuswirtschaft besonders unzufrieden mit Bachelor-Absolventen. Sie begründen ihre Einschätzung vor allem mit einer zu geringen Anwendungsorientierung der Studieninhalte sowie mangelnder sozialer wie
persönlicher Kompetenzen der Nachwuchskräfte. Etwas zufriedener als der Durchschnitt äußert sich das Produzierende Gewerbe. Ein deutlich positiveres Bild zeichnen die Branchen Verkehr/Logistik sowie Banken/Versicherungen. Nicht immer kann eindeutig bestimmt werden, ob die jeweilige Einschätzung nun branchen- oder größenabhängig getroffen wurde. Die Daten legen jedoch den Schluss nahe, dass die Zufriedenheit mit wachsender Betriebsgröße zunimmt.

Inzwischen haben 55 Prozent der Unternehmen Erfahrungen mit Absolventen der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge gemacht. Im Vergleich zu 2011 ist der Anteil um 10 Prozentpunkte gestiegen.

Erwartungen an Master-Absolventen besser erfüllt
Waren die Zufriedenheitswerte für Bachelor- und Master-Absolventen 2011 noch nahezu gleichauf, so zeigen sich heute klare Unterschiede: Die Zufriedenheit mit Master-Abschlüssen ist in den Unternehmen deutlich gestiegen und liegt heute bei rund 78 Prozent (2011: 65 %).

Offenbar gelingt es den Hochschulen mit ihrem Angebot an Master-Studiengängen, den Fachkräftebedarf in aller Regel zu decken – und dies branchenübergreifend. Im Vergleich der Größenklassen zeigen sich mit 65 % lediglich Kleinstunternehmen etwas weniger zufrieden mit Master-Absolventen als der Durchschnitt.

Unzufriedenheit mit Bachelor beeinträchtigt Stellenbesetzungen nur teilweise
Bei ihrem Berufseinstieg profitieren Bachelor-Absolventen von der derzeit guten Beschäftigungssituation am Arbeitsmarkt: Zwei von drei Unternehmen (69 %) haben in den letzten beiden Jahren ihre offenen Bachelor-Stellen besetzen können. Allerdings ist es für die Unternehmen nicht selten erforderlich, Bachelor-Absolventen „On-the-Job“ passgenau nachzuqualifizieren, um Defizite auszugleichen.

Für die erfolgreiche Stellenbesetzung mit Master-Absolventen liegt der Vergleichswert mit 79 Prozent deutlich höher. Gründe für die Nicht-Besetzung freier Stellen sind insbesondere fehlende fachlich-methodische Kompetenzen (Bachelor: 16% / Master: 10%); gefolgt von überzogenen  Gehaltsvorstellungen der Bewerber (Bachelor: 10% / Master: 8%).

Trennungsrate in der Probezeit bei beiden Abschlüssen verringert
Aller Kritik zum Trotz: Die Unternehmen trennen sich heute deutlich seltener innerhalb der Probezeit von Bachelor-Absolventen. Während in der Vorerhebung rund jeder dritte Betrieb (34 %) angab, sich in den letzten beiden Jahren während der Probezeit von Mitarbeitern mit
Hochschulabschluss getrennt zu haben, trifft dies heute nur noch auf jedes fünfte Unternehmen (20 %; bei Bachelor-Absolventen) in der Stichprobe zu. Einen positiven Einfluss auf die Verringerung dieses Wertes haben zunehmende Fachkräfteengpässe.

Die für die Trennungen angegebenen Gründe variieren nach Branchen und Unternehmensgrößen: Ungenügende fachlich-methodische Kompetenzen werden insbesondere
im Produzierenden Gewerbe (58 %) sowie in der IT- und Medienwirtschaft (54 %) kritisiert. Mangelnde persönliche Kompetenzen hingegen werden vor allem in den Branchen Verkehr/Logistik (63 %) und Handel (57 %) als Trennungsgründe angeführt. Mehr berufspraktische Erfahrungen wünschen sich insbesondere das Tourismus und Gaststättengewerbe (44 %) sowie kleinere Betriebe.
Die „Trennungsrate“ bei Master-Absolventen ist noch geringer als bei Trägern von Bachelor-Titeln: Sie liegt bei 11 Prozent und folgt der insgesamt deutlich höheren Zufriedenheit der Unternehmen mit dieser Absolventengruppe.

Kompetenzen: Unterschiedliche Schwerpunkte bei Bachelor- und Master-Absolventen
Zu den wichtigsten Kompetenzen, die Unternehmen von Bachelor-Absolventen erwarten, zählen Teamfähigkeit, selbständiges Arbeiten sowie Einsatzbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit. Damit stehen vor allem soziale Kompetenzen ganz oben auf der „Wunschliste“ der Firmenvertreter. Von Master-Absolventen hingegen erwarten die Betriebe in erster Linie fachliche und persönliche Kompetenzen, allen voran Analyse- und Entscheidungsfähigkeit.

Auslandserfahrungen und interkulturelle Kompetenzen spielen für die Mehrheit der Unternehmen keine herausragende Rolle: Nur 2,4 Prozent von ihnen schätzen Auslandserfahrungen bei Bachelor-Absolventen als „unverzichtbar“ ein; für die Master liegt der Wert mit knapp
8 Prozent deutlich höher. In beiden Fällen betonen naturgemäß vor allem international aktive Unternehmen dieses Merkmal.

Employability: Hochschulen tragen größte Verantwortung
Wessen Aufgabe ist es, die Studierenden auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten? Liegt die Verantwortung ausschließlich bei den Hochschulen oder müssten auch die Unternehmen ihren Teil dazu beitragen? Tatsächlich erwartet die Mehrheit der Unternehmen (60 %) dies grundsätzlich von den Hochschulen. Viele Befragte (40 %) sehen es zudem nicht als ihre Aufgabe an, die Hochschulabsolventen bedarfsgerecht nachzuqualifizieren. Gleichzeitig spricht sich ein Viertel dieser Unternehmen (26 %) dafür aus, das Sicherstellen der Beschäftigungsfähigkeit
auf mehrere Schultern zu verteilen und dabei auch die Wirtschaft entsprechend einzubinden.

Duale Studiengänge: Unternehmerisches Engagement steigt
Praxiserfahrung und akademische Ausbildung – mit dieser aussichtsreichen Kombination locken duale Studiengänge immer mehr Studierende an. Auch für Unternehmen stellt dieses Studienformat eine attraktive Möglichkeit der Fachkräftegewinnung dar. Dieser Trend
bildet sich auch in der aktuellen Umfrage ab, denn die Zahl dual Studierender in den Unternehmen nimmt weiter zu: Mehr als ein Drittel der Betriebe beschäftigt derzeit duale Bachelor-Studierende, weitere 18 Prozent planen dies. Noch größer sind die Expansionspläne der
Betriebe mit Blick auf duale Master-Studiengänge: 22 Prozent wollen zukünftig entsprechende Studierende beschäftigen, rund 14 Prozent tun dies schon heute.

Zwar ist der Anteil derjenigen Firmen, die laut eigener Einschätzung auf Schwierigkeiten bei dualen Studiengängen gestoßen sind, deutlich gesunken (von 52 % im Jahr 2011 auf 26 % im Jahr 2014). Dennoch legt auch der aktuelle Wert den Schluss nahe, dass in der Kooperation zwischen Unternehmen und Hochschulen im Rahmen dualer Studiengänge noch weiteres Verbesserungspotenzial liegt. Bemängelt wird insbesondere, dass in der Region
keine fachlich passende Hochschule angesiedelt ist (9 %). Mangelnde Informationen über die Studienmöglichkeiten seitens der Hochschule (7 %) sowie fehlende Angebote mit Präsenzzeiten, die ein Studium zusätzlich zur Arbeitszeit ermöglichen (6 %), gehören zu den meistgenannten
Kritikpunkten.
Die Umfrage inkl. Vorschläge des DIHK und aller Informationen zur Umfrage stellen wir Ihnen im Downloadbereich (rechts) zur Verfügung.