Die Maschine weiß, was sie braucht
Ipsen International und die Hochschule Rhein-Waal haben den Hochschulpreis 2025 der Wirtschaftsförderung Kreis Kleve gewonnen. Gemeinsam entwickelten sie Hybrid- Heizungen für Härterei-Öfen, die sich über eine Software steuern lassen.
Anderthalb Tonnen kalter Stahl liegen im Ofen der Härterei. Jetzt wird es heiß. Und wie: Auf bis zu 950 Grad wird der Stahl erhitzt. Die Energie kommt von der Photovoltaik- Anlage auf dem Dach. Oder sie wird als Solarstrom aus dem Netz gespeist. Oder mit Erdgas erzeugt. Oder: zu 100 Prozent aus Wasserstoff. Wie? All das geht? Nicht nur das: Die Härterei-Öfen des Klever Maschinenherstellers Ipsen International GmbH sind intelligent programmiert. Eine Software erkennt, wann welche Energieform – regenerativ oder fossil – am besten genutzt werden sollte, um den Ofen sehr kostensparend oder sehr nachhaltig zu heizen. Und um energetisch nie auf dem Trockenen zu sitzen – ganz gleich, wie der Energiemarkt schwankt.
Unabhängig und nachhaltig
Bora Özkan, Technical Director bei Ipsen, blickt zurück: „Als die Gaskrise begann, riefen unsere Kunden reihenweise an: Sie hatten Sorge, für ihre Öfen kein Gas mehr zu bekommen.“ Für Özkan war klar: „Wir müssen eine Energie-Lösung finden, mit der eine Härterei unabhängiger und nachhaltiger arbeiten kann.“ Aus diesem Grund entwickelte Ipsen die Hybrid-Brenner, die auch Wasserstoff schadstoffarm verbrennen und in Kombination mit elektrischen Heizern betrieben werden können.
Um den jeweils bestgeeigneten Energieträger zu nutzen, fehlte noch die intelligente Planung und Steuerung. Bora Özkan wandte sich an die Hochschule Rhein-Waal und lernte dort Martin Hellwig kennen. Der Wissenschaftler hatte sich bis dato vor allem mit dem Energiemanagement von Elektroautos befasst. Sein Wissen konnte er auf die Heiztechnik übertragen: „Hier gibt es einen Vorteil gegenüber der Autonutzung: Die Härtereien haben sehr klare Anforderungsprofile. Sie wissen genau, wie viel Stahl sie in den kommenden Tagen für welche Kunden härten müssen“, erklärt Hellwig.
Er programmierte Simulationsmodelle, die präzise vorhersagen können, wann wieviel Energie für die kommenden Prozesse benötigt wird. Damit lassen sich die Prozesse so planen, dass verfügbare regenerative Energie oder günstige Energiepreise optimal genutzt werden. Innerhalb einer Sekunde und während des laufenden Betriebs stellt der Ofen zum Beispiel selbstständig von Solarstrom auf Erdgas um, wenn nötig. Inzwischen arbeitet Hellwig zur Hälfte an der Hochschule und zur anderen bei Ipsen.
Die Zukunft ist Wasserstoff
Bora Özkan und Martin Hellwig sind sich sicher: An die Stelle von Erdgas wird in den kommenden Jahren mehr und mehr Wasserstoff treten. Viele Kunden lassen in ihre Öfen deshalb direkt verschiedene Leitungen einbauen, um in der Produktion jetzt und in Zukunft so flexibel wie möglich zu sein.
Das Unternehmen Ipsen International GmbH hat am Standort Kleve 260 und weltweit 700 Mitarbeiter. Obwohl klassischer Maschinenbauhersteller, beschäftigt Ipsen wegen der aufwendigen, selbst programmierten Softwarelösungen zur Maschinensteuerung heute mehr Programmierer als Maschinenbauer und Mechaniker.
Text: Daniel Juhr, Jurmade
Foto: WFG Kreis Kleve / Markus van Offern
Foto: WFG Kreis Kleve / Markus van Offern
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