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Vorbereitung ist alles
Siham El-Maimouni moderiert „Die Sendung mit der Maus“ genauso locker und informativ wie „Titel, Thesen, Temperamente“ oder Politik-Formate. Im Interview verrät sie uns, wie ihr das gelingt – zum Nachahmen bei Podiumsdiskussionen oder Vorträgen empfohlen.
Ihre Moderationen sind sehr fokussiert und trotzdem wirken Sie dabei entspannt und authentisch. Wie gelingt Ihnen das?
Dahinter steckt tatsächlich immer eine sehr akribische Vorbereitung. Ich informiere mich ausführlich über die jeweiligen Themen und Gesprächspartnerinnen und -partner. Meist bin ich sogar mehrere Wochen beschäftigt. Was mir wichtig ist: Von Anfang an setze ich mir ein Ziel, auf das ich meine Recherchen konzentriere. Zunächst schaue ich mir das große Ganze an und lese quer, um mir ein Grundwissen anzueignen.
Das hört sich nach einem System an?
Im Prinzip ist das ein klassisches System aus dem Journalismus. Ich überlege mir die Punkte, die für die Zielgruppe wichtig sind. Das sind meist drei bis vier, dazu kommen noch Hintergrundinformationen. Natürlich werde ich damit keine Fachexpertin. Aber ich muss Hintergrund zu den Themen haben, um gezielt nachfragen zu können.
Der zweite Schritt sind die Vorgespräche mit den Interviewpartnerinnen und -partnern. Die gehören unbedingt zur Vorbereitung dazu. Hier frage ich die Positionen ab und merke mir, worauf mein Gegenüber gut antworten kann. Welche Argumente gebracht werden. Das ist auch für mich eine gute Gelegenheit, nochmal nachzufragen. Und zu checken, ob ich das Thema fachlich richtig verstanden habe. Das habe ich vor allem bei der „Sendung mit der Maus“ gelernt: Wenn ich nicht verstanden habe, wie etwas funktioniert, werden es auch die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht verstehen.
Was fehlt dann noch bis zur Moderation?
Der dritte Schritt ist am leichtesten. Ich sortiere mein Material und entscheide, was ist wichtig und was nicht. Aus den drei bis vier Leit-Punkten ergeben sich dann die Fragen für das Interview oder die Podiumsdiskussion. Das gibt mir in der Live-Situation dann auch Sicherheit. Natürlich weiche ich von meinem Skript ab, wenn es die Situation erfordert. Aber ich habe dann immer noch ein Backup.
In Live-Situationen läuft ja nicht immer alles wie geplant. Wie gehen Sie mit Interviewpartnern um, die nicht aufhören zu reden?
Da gehe ich dann rein und unterbreche auch schon einmal. Auch das habe ich übrigens bei der „Sendung mit der Maus“ gelernt. Das ist mir einst bei Wolfgang Schäuble passiert. Dem damaligen Bundesfinanzminister musste ich sagen, jetzt versteht man gar nichts mehr. Als Journalistin bin ich dabei nicht unhöflich. Sondern ich sorge für Klarheit. Vielleicht habe ich die Frage zu offen gestellt und kann dann nachjustieren. Viel kann ich bei den Vorgesprächen klären. Ich sage immer, sie sollen mir keinen Fachvortrag halten. Sondern sie sollen so erzählen, wie sie es vielleicht ihren Freunden bei einem Kaffee erklären würden.
Sie erwähnen Ihre Erfahrungen bei der „Sendung mit der Maus“. Warum ist das eine gute Schule?
Nicht die Reporterin oder eine Person stehen im Mittelpunkt, sondern immer die eine präzise Frage oder das eine Thema. Wir sind bei der „Sendung mit der Maus“ sehr genau, was die Verständlichkeit angeht. Alle Füllwörter werden gestrichen, wir arbeiten mit einfachen Aussagesätzen. Wir verzichten auf jede Bewertung. Dadurch sind die Themen einfach informativ, jeder kann sich selbst Gedanken dazu machen. Die Redaktion und der Anspruch an die Sendung haben mich auf präzise Fragen und Antworten getrimmt. Den Rotstift anzusetzen, ist teilweise schmerzhaft, aber es dient der Qualität. Drumherum reden ist manchmal einfacher.
Trotz der präzisen Vorbereitung – wie sieht es mit Lampenfieber aus?
Das habe ich seit nunmehr 20 Jahren im Job gut im Griff. Natürlich bin ich auch aufgeregt vor Sendungen oder Live-Moderationen. Ich habe aber die Sicherheit im Hintergrund, das nicht wirklich etwas Schlimmes passieren kann. Sowohl beim Lokalradio als auch bei der WAZ oder später beim Fernsehen hatte ich immer genug Raum, auch mal Fehler zu machen. Der schöne Ausspruch „das versendet sich“ hat mir Ruhe gegeben. Die Interviewpartner sind meist sehr offen und positiv. Bei Veranstaltungen mit Publikum entscheidet es sich in der ersten Minute, ob das Format ein Erfolg wird. Es ist kein schönes Gefühl, wenn einen fremde Menschen anstarren. Aber sobald sie merken, das wird keine Ego Show, sondern das Thema und unsere Fragen stehen im Mittelpunkt, ist die Sache schon gewonnen.
Und wenn ich mich mal schlimm verhaspele, dann sag ich immer: „Ich komm aus Duisburg, da sacht man das so.“
Apropos Duisburg: Wie sehr hat die Stadt sie geprägt?
Ich bin in Duisburg geboren, aufgewachsen und sozialisiert worden. Ich bin heute noch mehrmals die Woche dort. Ich mag die Menschen, sie sind sehr direkt und sehr ehrlich, reden nicht viel drumherum. Das hat mich geprägt.
Siham El-Maimouni ist Journalistin und Moderatorin. Seit 2014 gehört sie zum Team der Sendung mit der Maus. Sie ist die Moderatorin von „ttt-Titel, Thesen, Temperamente“ in der ARD und der landespolitischen Sendung „Westblick“ bei WDR 5. 2024 hat sie den Grimme-Preis für „Die Sendung mit der Maus“ erhalten, eine von vielen journalistischen Auszeichnungen. Sie wurde 1985 in Duisburg geboren und ist dort aufgewachsen. Heute lebt sie in Düsseldorf.
Text: Susanne Hartmann; Foto: WDR Köln
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Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg