Integration

Zwischen Arbeitseifer und Bürokratiedschungel

Der Fachkräftemangel und die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt sind drängende Themen. Die IHK-Expertinnen Judith Hemeier und Michal Kramer empfehlen Unternehmen, Beratungsangebote zu nutzen. Und sich nicht entmutigen zu lassen.
„Es gibt viele junge Menschen aus dem Ausland, die hochmotiviert sind, die es aber oft schwer haben, sich im deutschen Ausbildungsmarkt zurechtzufinden,“ erklärt Michal Kramer. „Wir helfen dabei, den Weg zu ebnen.“ Sie ist Willkommenslotsin und unterstützt Unternehmen, Geflüchtete oder ausländische Jugendliche in den Betrieb zu integrieren. Und sie ist für die Betriebe bei rechtlichen Fragen und Fördermöglichkeiten da. Ihr Ziel ist es, interessierte Bewerber mit den richtigen Unternehmen zusammenzubringen.
Judith Hemeier ist Referentin für Fachkräftesicherung und berät Menschen, die im Ausland bereits einen Berufsabschluss erworben haben. Sie erklärt beispielsweise, ob die Interessenten die Voraussetzungen erfüllen, damit ihre Qualifikation hier anerkannt wird. Dazu gehört eine mindestens zweijährige Ausbildung. Und sie hilft ihnen dabei, Förderanträge auszufüllen. Auch Betrieben, die eine Fachkraft aus dem Ausland engagieren möchten, steht sie beratend zur Seite.
Austausch ist wichtig
Um Unternehmen und ausländische Fachkräfte bestmöglich zu unterstützen, arbeiten Hemeier und Kramer mit verschiedenen Organisationen zusammen. „Unser Netzwerk umfasst unseren Dachverband, die Deutsche Industrie- und Handelskammer, das Jobcenter, die Agentur für Arbeit, die Ausländerbehörde und noch weitere Akteure. Wir treffen uns regelmäßig zu einem digitalen Runden Tisch, um Aktuelles zu besprechen,“ so Hemeier. „Gerade im Bereich des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gibt es häufig Neuerungen, über die wir uns austauschen, um schnell und gezielt helfen zu können.“
Zusätzlich kooperiert die IHK mit dem kommunalen Integrationsmanagement sowie mit verschiedenen Trägern und Beratungsstellen für Geflüchtete und Migranten. „Es geht darum, Geflüchtete beispielswese über das Ausbildungssystem in Deutschland zu informieren. Und Unternehmen zu zeigen, welche Möglichkeiten es für ausländische Fachkräfte gibt,“ so Kramer.
Eines der größten Probleme: die Bürokratie. „Es dauert lange, bis alle Genehmigungen vorliegen und Geflüchtete in einem Betrieb anfangen können“, weiß Kramer. „Ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs kann ein halbes Jahr in Anspruch nehmen, in dem die Betroffenen nicht arbeiten dürfen. Das ist frustrierend für alle Beteiligten.“
Hemeier macht auch auf ungenutztes Potenzial aufmerksam: „Es gibt zahlreiche Menschen, die in ihren Heimatländern Berufe erlernt haben, aber hier in ganz anderen Bereichen arbeiten. Weil sie sich der Möglichkeit einer Anerkennung nicht bewusst sind oder sie zu teuer und kompliziert erscheint.“ Besonders wichtig, aber auch schwierig, sind Qualifizierungspläne. „Wenn jemand aus dem Ausland eine teilweise Anerkennung seiner Qualifikation erhält, muss ein detaillierter Plan erstellt werden, um die fehlenden Kenntnisse nachzuholen. Oft hängt der Aufenthaltstitel an diesem Plan, was zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeutet,“ erklärt Hemeier. „Das bindet enorm viele Kapazitäten – sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Beratungsstellen. Hier helfen wir, indem wir eine sogenannte Anpassungsqualifizierung entwickeln. Damit es für alle Beteiligten besser läuft.“
Tipp: Offen bleiben!
Trotz all dieser Schwierigkeiten gibt es Institutionen, die sich aktiv für ausländische Fachkräfte einsetzen. Ein positives Beispiel sei das Engagement der Deutsch- Kolumbianischen Industrie- und Handelskammer, die künftige Fachkräfte gezielt auf das Leben in Deutschland vorbereitet. „Sie erhalten Sprachkurse und lernen, was sie hier erwartet – von Karneval bis zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel,“ so Hemeier. Für deutsche Unternehmen gibt es zudem die Anerkennungspartnerschaft: Sie unterstützen die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, während die Fachkräfte bereits hier arbeiten.
Der Tipp der Expertinnen an Unternehmen, die ausländische Fachkräfte beschäftigen wollen: offen sein, Perspektivwechsel zulassen. Kramer: „Und das auch, wenn ein Lebenslauf mal etwas anders aussieht, als wir es hierzulande vielleicht gewohnt sind. Ich habe wirklich extrem motivierte junge Leute. Man sollte sich bewusst sein: Wenn es mal nicht funktioniert hat, dann kann es beim nächsten Mal schon wieder ganz anders sein.“
Text: Torsten Wellmann, Redaktionsbüro Schacht 11; Fotos: Niederrheinische IHK/Jacqueline Wardeski, Niederrheinische IHK/Bettina Engel-Albustin

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