Das müssen Unternehmen beachten

Großbritannien - Brexit

Speziell zum Thema Brexit hat die Zollverwaltung einen Chat-Bot  eingerichtet.
Kurz vor dem Ende der Übergangsphase haben sich die Unterhändler der EU und des UK am 24. Dezember 2020 auf ein umfassendes Handelsabkommen geeinigt. Das Abkommen tritt ab 1. Januar 2021 vorläufig in Kraft bis es vom Europäischen Parlament endgültig ratifiziert wird.

Änderungen im Handel mit UK
Das Abkommen bedeutet nicht, dass alles beim alten bleibt. Mit dem zollfreien Warenverkehr und der Quotenfreiheit für Waren sind nur zwei der zahlreichen Hürden aus dem Weg geräumt, die sonst den Handel mit einem Drittland begleiten. Zahlreiche andere Beschränkungen und neuen Regelungen sind zu berücksichtigen:
  • Ab Januar 2021 gelten neue Zollbestimmungen
  • Eine europäische EORI-Nummer ist ab 2021 für Im- und Exporte verpflichtend
  • Konformitätsbewertungen und Zertifizierungen, die von Prüfstellen aus dem Vereinigten Königreich ausgestellt werden, sind innerhalb der EU nicht mehr gültig
  • Britische Betriebsgenehmigungen und Bescheinigungen für Verkehrsunternehmen verlieren in der EU ihre Gültigkeit
  • Beim Handel mit Dienstleistungen fallen die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr weg
  • Für UK gelten ab 2021 Export- und Importverbote für chemische Produkte, Abfall- und Dual-Use-Güter
  • Besondere Vorschriften und Garantien bei der Datenübermittlung werden notwendig
  • In UK gegründete und nicht umgewandelte Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland unterliegen unbeschränkter persönlicher Haftung
Eine Zusammenfassung worauf beim Handel mit dem Vereinigten Königreich seit dem 1. Januar 2021 zu achten ist, finden Sie hier.

1. Brexit und Zoll

Welche Änderungen im Warenverkehr kommen zollrechtlich auf die Unternehmen zu? Mit welchen neuen administrativen Anforderungen wird die Wirtschaft konfrontiert? Der Zoll informiert über alle zollrechtlichen Fragen beim Brexit.

2. Brexit und Präferenzrecht

Nach langem Tauziehen haben sich die Europäische Union und das Vereinigte Königreich auf ein Handelsabkommen geeignet. Dieses beinhaltet Regelungen für den Warenverkehr. Ab dem 1. Januar 2021 genießen Waren mit präferenziellem Ursprung EU vollständige Zollfreiheit bei der Einfuhr ins Vereinigte Königreich und umgekehrt. Das Handelsabkommen schließt Nordirland mit ein. Das Abkommen wurde im Amtsblatt der EU L444 vom 31. Dezember 2020 veröffentlicht.

Zollfreiheit für Ursprungswaren

Anders als bei bisherigen Abkommen findet kein stufenweiser Abbau der Zölle statt. Die Handelspartner haben sich statt dessen auf eine sofortige und vollständige Zollfreiheit für Präferenzwaren geeinigt. Das heißt: der Zollsatz für Waren mit präferenziellem Ursprung EU bzw. UK liegt ab dem 1. Januar 2021 bei null. Voraussetzung ist, dass die Ursprungsregeln des Abkommens eingehalten werden.


Ursprungsregeln

Die Ursprungssystematik und -regeln folgen denen bisheriger Freihandelsabkommen. Voraussetzung zur Gewährung der Zollfreiheit ist, dass die Ware entweder vollständig im Wirtschaftsraum der EU oder des VK gewonnen oder hergestellt wurde oder die produktspezifischen Ursprungsregeln erfüllt. Diese sind häufig der Positionswechsel (Change of Tariff Heading CTH) oder/und Wertschöpfungsregeln (häufig 50 Prozent). Die produktspezifischen Ursprungsregeln finden Sie im Abkommen unter ANNEX ORIG2 ab Seite 489. Die Ursprungsregelungen orientieren sich inhaltlich stark am Abkommen der EU mit Japan, sie sind insgesamt recht großzügig.


Ursprungsnachweis

Wie bei allen jüngeren Freihandelsabkommen gilt als einzig möglicher Präferenznachweis die Erklärung zum Ursprung auf einem Handelspapier. Diese folgt einem festgelegten Wortlaut und ist auch als Langzeiterklärung für mehrere Sendungen innerhalb eines Jahres möglich. Den Wortlaut der Erklärung zum Ursprung finden Sie im Abkommen unter ANNEX ORIG4 ab Seite 551. Es handelt sich um den üblichen Wortlaut, wie er auch in anderen Handelsabkommen der EU vorgesehen ist. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ist nicht möglich. Erklärungen zum Ursprung können auch nachträglich ausgestellt werden.

Ursprungsnachweise ausgestellt in der EU
Bis zu einem Wert von 6.000 Euro kann die Ursprungserklärung von jedermann erstellt werden. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro dürfen nur Registrierte Ausführer (REX) eine Ursprungserklärung abgeben. Die REX-Nummer ist anzugeben. Der Ermächtigte Ausführer gilt nicht.

Ursprungsnachweise ausgestellt im Vereinigten Königreich
Die Erklärung zum Ursprung muss wertunabhängig die GB-EORI-Nummer des Ausstellers enthalten. Bei der Einfuhr in die EU sind folgende Unterlagencodierungen anzugeben:

•    U116 Erklärung zum Ursprung
•    U118 Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen identischer Ursprungserzeugnisse
•    U117 Gewissheit des Einführers

Gewissheit des Einführers
Falls keine Erklärung zum Ursprung des Exporteurs vorhanden ist, kann der Importeur auf Basis seiner Kenntnnis der Ware auf eigene Verantwortung die Präferenz und damit eine zollfreie Abfertigung beantragen (Gewissheit des Einführers/Importer’s Knowledge). Dieser Ursprung muss bewiesen werden können, daher dürfte diese Regelung, die es auch im Abkommen EU-Japan gibt, eher zwischen verbundenen Unternehmen angewendet werden.


Fristen und Übergangsregelungen:

Erklärung zum Ursprung ohne EU-Lieferantenerklärungen
Normalerweise sind für die Feststellung des präferenziellen Ursprungs Lieferantenerklärungen für Vormaterialien oder Handelswaren erforderlich. Erst wenn diese vorliegen, darf üblicherweise eine Erklärung zum Ursprung ausgefertigt werden. Wegen der kurzen Frist gilt für das Abkommen EU-UK eine Ausnahme: Erklärungen zum Ursprung dürfen auch ohne vorliegende Lieferantenerklärungen für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass die fehlenden Lieferantenerklärungen beim Exporteur bis spätestens 1. Januar 2022 eingehen werden. Inhaltlich wird der Exporteur das Risiko meist eingehen können, wenn für die Vormaterialien oder Handelswaren bereits in der Vergangenheit eine Lieferantenerklärung mit Ursprung Europäische Union abgegeben worden ist. Die Ausnahme wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Nachträgliche Präferenz
Einen Antrag auf Präferenz können Einführer bis zu drei Jahre nach dem Import stellen.


Lieferantenerklärungen

Das Abkommen wurde am 30. Dezember 2020 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Daher können Unternehmen das Vereinigte Königreich in die Lieferantenerklärung aufnehmen unter „ ...und den Ursprungsregeln für den Präferenzverkehr mit … entsprechen.” Voraussetzung ist, dass die Waren die Ursprungsregeln erfüllen oder dass für Handelsware eine Lieferantenerklärung des Vorlieferanten vorliegt, auf der das Vereinigte Königreich genannt ist. Lieferantenerklärungen können nachgereicht werden, siehe Regelung unter 4.1.
Bitte beachten: Bei den im Abkommen ab Seite 547 enthaltenen Lieferantenerklärungen handelt es sich um grenzüberschreitende Lieferantenerklärungen für die volle Kumulation. Das ist ein Sonderfall. Innerhalb der EU gelten die normalen Lieferantenerklärungen.


Informationen des Zolls

Die deutsche Zollverwaltung informiert detailliert auf ihrer Homepage zum Abkommen.

3. Brexit und Exportkontrolle

Seit dem 1. Januar 2021 ist das UK Drittland. Das hat zur Folge, dass Lieferungen in das Vereinigte Königreich (England, Nordirland, Schottland und Wales) als Ausfuhren einzuordnen wären. Damit entstehen neue Genehmigungsplichten. Insbesondere wenn es um
  • Dual-Use-Güter,
  • bestimmte Feuerwaffen nebst entsprechender Munition und Wiederladegeräte,
  • Güter, welche von der Anti-Folter-Verordnung erfasst werden,
  • Handels- und Vermittlungsgeschäften, sowie
  • der Technischen Unterstützung geht.
Zu Fragen der Exportkontrolle informiert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

4. Brexit und Transport/Verkehr

Leitfaden für Spediteure für praktischen Ablauf

Das Vereinigte Königreich hat einen Leitfaden für Spediteure und gewerbliche Fahrer veröffentlicht, der u.a. auch in deutscher Sprache verfügbar ist. Der Leitfaden enthält Informationen über den praktischen Ablauf des Warenverkehrs ab 1. Januar 2021. Er betrifft den Transport zwischen der Europäischen Union (EU) und Großbritannien. Dazu zählen England, Schottland und Wales. Für Nordirland gelten durch das Nordirland-Protokoll des Austrittsabkommens Sonderregeln.
Der Leitfaden für Spediteure und gewerbliche Fahrer enthält Übersichten zu den folgenden Themen:

•    notwendige Dokumente, Lizenzen und Genehmigungen, die Fahrer und Spediteure benötigen;
•    Verantwortlichkeiten beim Warentransport;
•    Anforderungen an Voranmeldung und Fristen beim Import nach Großbritannien, insbesondere Sicherheitserklärungen ab 1. Juli 2021;
•    Informationen zu Versandverfahren.

Anforderungen an Fahrer
Der Leitfaden enthält eine Übersicht zu den Dokumenten, die die Fahrer vorlegen müssen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ab 1. Oktober 2021 ein Reisepass für die Einreise in das Vereinigte Königreich notwendig ist. Bisher ist für EU-Bürger ein Personalausweis ausreichend.
Quelle: Germany Trade and Invest, 02.12.2020

Grenzformalitäten an der Französischen Grenze
Der französische Zoll hat für eine möglichst reibungsarme Zollabfertigung an den Grenzstellen zum UK seine Vorbereitungen abgeschlossen.
Zwei Faltblätter geben Spediteuren und Fahrern praktische Tipps für den Grenzübertritt
•    ein Faltblatt " Import oder Export nach dem Brexit " übersetzt in englisch, deutsch und polnisch  
•    ein Faltblatt "Grenzlösungen für gut informierte Fahrer", das auch auf englisch , deutsch und polnisch übersetzt wurde.

Grenzformalitäten an der Niederländischen Grenze
Die Häfen in den Niederlanden und verschiedene Branchenorganisationen haben unter Get Ready für Brexit –Schnell über die Niederländischen Häfen hilfreiche Informationen für Spediteure zusammengestellt, die über den Wasserweg Ware nach UK transportieren. Darunter auch praktische Checklisten, in denen die Abläufe Schritt für Schritt erläutert werden. Darüber hinaus informiert ein mehrsprachiges Faltblatt über die Abfertigung über die niederländischen Fährterminals.


5. Informationen für einzelne Wirtschaftssektoren und Themen

Die Europäische Kommission veröffentlicht fortlaufend Mitteilungen zu einzelnen Sektoren, damit Unternehmen sich rechtzeitig auf den Austritt des Vereinigten Königreichs vorbereiten können. Die Informationen sind zentral gebündelt auf der Website der Kommission zu finden.

6. Brexit und Entsendung/Dienstleistungserbringung

Informationen über die aktuelle Entwicklung in Großbritannien, zu Themen wie Entsendung oder die Erbringung von Dienstleistungen hat die Germany Trade and Invest (gtai) auf einer Sonderseite zusammengestellt.

7. Auswirkungen des Brexit auf Lieferantenerklärungen und Ursprungszeugnisse

Seit dem 1.1.2021 wird das Handels- und Kooperationsabkommen (Trade and Cooperation Agreement, TCA) zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vorläufig angewendet. Das Abkommen verhindert zwar, dass auf Waren aus der EU beziehungsweise dem Vereinigten Königreich Zölle erhoben werden, es kommt  auf Unternehmen mit Warenverkehr nach und von UK aber ein erheblicher administrativer Aufwand zu. Für die Ein- und Ausfuhr von Waren sind nun Zollformalitäten zu erledigen. Folgende Auswirkungen bestehen auch bei der Ausstellung von Lieferantenerklärungen und Ursprungszeugnissen.

Änderungen bei der Ausstellung von Lieferantenerklärungen
Das Vereinigte Königreich (ISO-Ländercode: GB) kann auf Lieferantenerklärungen als präferenzberechtigtes Drittland angegeben werden, sofern die Ursprungsregelungen des Handelsabkommens eingehalten werden.
Weil das Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sehr kurzfristig abgeschlossen wurde, können Erklärungen zum Ursprung auch ausgestellt werden, wenn dem Aussteller noch keine Lieferantenerklärungen vom Vorlieferanten mit dem Vereinigten Königreich als Präferenzland vorliegen. Es reicht aus, wenn diese Lieferantenerklärungen im Laufe des Jahres 2021 vorliegen. Dies ist festgelegt in der Durchführungsverordnung der EU 2020/2254.
Im Handelsabkommen sind auch Lieferantenerklärungen für Waren ohne Präferenzursprungseigenschaft enthalten. Diese werden aber nur in seltenen Ausnahmefällen angewendet, um die sogenannte volle Kumulation durchführen zu können. Innerhalb der EU werden die normalen Lieferantenerklärungen ausgestellt.
Änderungen bei der Ausstellung von Ursprungszeugnissen
Ursprungsangabe:
In Ursprungszeugnissen ist der nationale Ursprung “Vereinigtes Königreich” bzw, “United Kingdom”  oder der iso-alpha-2 code „GB“ zu verwenden. (nicht VK oder UK) Der Klammerzusatz „Europäische Union“ bzw. „European Union“ entfällt.

Ursprungsnachweise:
Hinsichtlich der Ursprungsnachweise für Waren mit Ursprung im Vereinigten Königreich gelten die Regelungen für Drittländer, mit denen präferenzielle Handelsbeziehungen bestehen. Folgende Ursprungsnachweise, können anerkannt werden:
- Ursprungszeugnis, das von einer im Ursprungsland bzw. Herkunftsland berechtigten Stelle ausgestellt wurde.
- Sonstige Geschäftspapiere mit Ursprungsanagabe, die von einer zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen berechtigten Stelle bestätigt wurden.
- Erklärung-IHK für den nichtpräferenziellen Ursprung, die von einer zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen berechtigten Stelle bestätigt wurde.
- Erklärung zum Ursprung (EzU) nach dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. (unabhängig vom Warenwert mit Angabe der britischen EORI-Nummer).
- Herstellererklärung mit eindeutiger Ursprungsangabe innerhalb eines Übergangszeitraums von 1 Jahr – beginnend zum 01.01.2021
- In der EU-27 ausgestellte Lieferantenerklärungen gemäß UZK-IA Anhang 22-15 oder 22-16. Varianten können hier z. B. sein
  • Angabe „Ursprungserzeugnis „EU“ / Angabe „Präferenzverkehr mit „GB“
  • Angabe „Ursprungserzeugnis „GB“ / Angabe „Präferenzverkehr mit „GB“

8. Brexit-Newsletter

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) berichtet über den Austritt und den Stand der Verhandlungen regelmäßig in seinem Brexit-Newsletter.